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Eurex Clearing braucht weiteren Schub im Euro-Zinsmarkt

Von Dietegen Müller, Frankfurt Börsen-Zeitung, 21.9.2019 Der Derivatemarkt zählt zu den Wachstumssegmenten im Finanzmarkt, wie auch die jüngste, alle drei Jahre durchgeführte Erhebung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) belegt. So...

Eurex Clearing braucht weiteren Schub im Euro-Zinsmarkt

Von Dietegen Müller, FrankfurtDer Derivatemarkt zählt zu den Wachstumssegmenten im Finanzmarkt, wie auch die jüngste, alle drei Jahre durchgeführte Erhebung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) belegt. So hat sich seit der letzten Analyse im April 2016 der tägliche Handelsumsatz in Zinsderivaten auf eine einzige Währung von durchschnittlich 2,7 Bill. Dollar auf 6,5 Bill. Dollar erhöht, wozu auch geldpolitische Veränderungen und damit verbunden ein höherer Absicherungsbedarf geführt haben. Im Bereich der außerbörslich (OTC) gehandelten Derivate entfallen dabei weiterhin 24 % auf Euro-denominierte Kontrakte, der Marktanteil der Dollar-Kontrakte beträgt knapp 51%, wobei die Hälfte der OTC-Zinsderivate in London gehandelt werden.Eigentlich ein optimales Umfeld, damit die zur Deutschen Börse gehörende zentrale Gegenpartei (CCP) Eurex Clearing Marktanteile gewinnt. Dem war auch bis im Frühjahr so. Doch inzwischen ist der Marktanteilsgewinn ins Stocken geraten. Per 17. September betrug das ausstehende Nominalvolumen rund 13 Bill. Euro und damit nur unwesentlich mehr als die Ende August erreichten 12,8 Bill. Euro. Schon im März wurde aber ein Volumen von 12,9 Bill. Euro erreicht, so dass trotz der Anbindung zahlreicher neuer Buy-Side-Adressen an Eurex Clearing keine Fortschritte erzielt wurden – wobei zu berücksichtigen ist, dass durch die Zusammenfassung von offenen Positionen – die sogenannte Kompression – im Juni sich das ausstehende Volumen um 4 Bill. Euro verringert hatte. Das Netto-Exposure des Londoner Wettbewerbers LCH, der zur London Stock Exchange gehört, erreichte per 17. September ein ausstehendes Volumen von 91,7 Mrd. Euro in den von Eurex angebotenen Produkten (IRS, OIS, FRAs). Verdoppelung nötigDamit erreicht Eurex Clearing im Euro-Clearing einen Marktanteil von 12,5 %, nachdem im Frühjahr noch rund 13 % erreicht wurden. Wenig überraschend hat Eurex Clearing im September nun ein Programm gestartet, bei dem bis Ende dieses Jahres die Gebühren bei einem Wechsel von LCH zu Eurex erlassen werden(vgl. BZ vom 10. September). Die Deutsche Börse hat das Ziel ausgegeben, im Jahr 2020 25 % Marktanteil bezogen auf das ausstehende Nominalvolumen zu erreichen. Dies würde also eine Verdopplung gegenüber dem Status quo bedeuten.Eurex Clearing zeigt sich jedoch entspannt, was das Erreichen der Ziele im Euro-Clearing betrifft. “Gemessen am ausstehenden Volumen nur von Endkunden schätzen wir unseren Marktanteil auf circa 19 %”, so Eurex Clearing. Dies bezieht sich auf das Geschäft mit Endkunden, also nicht auf den Interdealer-Markt, der zwischen den Banken läuft. “Wir haben wichtige Voraussetzungen geschaffen, dass Frankfurt weitere Marktanteile gegenüber London gewinnen kann. Wir sind zuversichtlich, unser Ziel beim Marktanteil zu erreichen”, so eine Sprecherin von Eurex Clearing.Auch erlösseitig ist Eurex Clearing zuversichtlich: “Generell sind wir auf einem guten Weg, unser 2018 ausgegebenes mittelfristiges Umsatzziel von 50 bis 70 Mill. Euro zu erreichen”, heißt es. Nach einem Erlös von 26 Mill. Euro im vergangenen Jahr werde für 2019 ein solcher von 40 bis 50 Mill. Euro erwartet. Nicht nur im Euro-Clearing, auch in anderen Bereichen will Eurex wachsen. Auf Anfrage bestätigte das Clearinghaus, “weit fortgeschritten” in der Vorbereitung von Cross-Currency-Swaps zu sein. Mit solchen Swaps lassen sich grenzüberschreitende Währungsrisiken absichern, was insbesondere auch angesichts der Umstellung der Referenzzinssätze weg von Libor und Euribor hin zu verschiedenen besicherten und unbesicherten Varianten weltweit im Markt gewünscht wird. “Wir konzentrieren uns im ersten Schritt auf den Interdealer-Markt, der einen großen Teil des Marktes ausmacht. Nachdem wir den etabliert haben, werden wir im zweiten Schritt auch Kundenclearing anbieten”, heißt es. Zunächst würden die Währungspaare Euro/Dollar und Pfund/Dollar angeboten, bevor dann in einem “zweiten Schritt” in enger Abstimmung mit den Marktteilnehmern weitere Währungspaare einbezogen werden sollen. Neuer Zinsswap ab NovemberDurch den Wechsel der Referenzzinsen wird Eurex Clearing zudem einen Swap-Kontrakt für den von der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Verfügung gestellten Übernachtsatz Estr (Euro Short Term Rate) auflegen. Geplant ist die Handelsaufnahme mit Estr-Swaps für den 18. November, vorbehaltlich noch ausstehender Genehmigungen, heißt es. LCH hat den Handelsbeginn mit Estr-Swaps für den 21. Oktober terminiert.Estr soll den bisherigen Euro-Referenzzins Eonia ablösen (vgl. BZ vom 20. August). Laut testweiser Veröffentlichung der EZB betrug das zugrunde liegende Volumen am 9. September 36,3 Mrd. Euro bei 492 Transaktionen. Die fünf aktivsten Banken kamen auf 54 % Marktanteil. Ab 2. Oktober will die EZB Estr täglich veröffentlichen. Anders als die US-Ersatzrate, die Secured Overnight Financing Rate (Sofr), die auf besicherten Geldmarkttransaktionen – Rückkaufvereinbarungen, also Repos – beruht und in den jüngsten Verspannungen am US-Geldmarkt extrem angestiegen ist, handelt es sich bei Estr um einen unbesicherten Satz.