KREDITWÜRDIG

Euro-Hochzinsanleihen bieten einen Puffer

Von Joachim Schallmayer *) Börsen-Zeitung, 3.1.2019 Die dem Kapitalmarkt im vergangenen Jahr zugefügten Wunden klaffen tief, der Heilungsprozess wird langwierig ausfallen und mit Beginn des neuen Jahres nicht sofort abgeschlossen sein. Es ist eine...

Euro-Hochzinsanleihen bieten einen Puffer

Von Joachim Schallmayer *)Die dem Kapitalmarkt im vergangenen Jahr zugefügten Wunden klaffen tief, der Heilungsprozess wird langwierig ausfallen und mit Beginn des neuen Jahres nicht sofort abgeschlossen sein. Es ist eine Kombination verschiedener Belastungsfaktoren, die auf den Markt eingewirkt haben und auch nach wie vor einwirken. Die zwei wichtigsten sind erstens die Handelsstreitigkeiten, die für die Märkte nicht nur ein schwer zu kalkulierendes Risiko darstellen, sondern im operativen Geschäft der Unternehmen auch immer deutlicher sichtbar ihre Bremsspuren hinterlassen. Zweitens ist es die Schubumkehr in der Geldpolitik, also die Tatsache, dass die Notenbanken ihre monetäre Unterstützung zurückfahren oder zumindest ankündigen, dies in Zukunft weiter sukzessive zu tun. Die Kombination der beiden Faktoren stößt dem Markt sauer auf und erklärt die harschen Kapitalmarktbewegungen.Die Notenbanken haben sich in eine Zwickmühle manövriert, aus der sie sich nur sehr schwer werden befreien können. Schwächt sich das Wirtschaftswachstum leicht ab, würde einerseits zwar Hoffnung darauf bestehen, dass die Notenbanken ihre geldpolitische Straffung zeitlich etwas strecken müssten oder erst gar nicht dazu kommen, diese in dem derzeit angedachten Ausmaß umzusetzen. Andererseits wäre dann sofort der Startschuss für eine Rezessionsdiskussion gegeben, die die Kurse von Risikoaktiva weiter stark belasten würde, Finanzmarktturbulenzen wären die Folge. Fällt das Wachstum im Gegensatz dazu besser als derzeit erwartet aus, so würde dies zwar die Unsicherheit über die konjunkturellen Perspektiven abmildern, im Gegenzug müsste der Markt aber sofort seinen dovishen Blick auf die Notenbanken revidieren, was wiederum mit erheblichen Belastungen für die Kapitalmärkte einhergehen würde. Mäßiges WachstumDas wahrscheinlichste Szenario erscheint derzeit aber ein Einpendeln in der Mitte der beiden Szenarien, was ein unspektakuläres, sich im erwarteten Ausmaß abschwächendes, insgesamt aber positives Wirtschaftswachstum bedeuten würde. Der Konsensus der Analysten beginnt bereits, sich auf ein solches Szenario einzustellen, und hat die Erwartungshaltung in den vergangenen Wochen spürbar nach unten abgesenkt. Derzeit wird im kommenden Jahr ein globales volkswirtschaftliches Wachstum in Höhe von 3,5 %, gefolgt von 3,3 % im Jahr 2020 erwartet. Globalen, im MSCI-Welt-Index enthaltenen Unternehmen sollte dies ein Gewinnwachstum von rund 8 % in diesem Jahr und 10 % im Jahr 2020 ermöglichen. Selbst wenn diese Schätzungen noch etwas nach unten angepasst werden müssen, erscheinen Rezessionsdiskussionen übertrieben. In einem solchen Umfeld können sich die Notenbanken zwar nicht vollkommen aus ihrer Zwickmühle befreien, allerdings ermöglicht es ein abwartendes und zurückhaltendes Agieren. Denn in einem Umfeld nur mäßigen wirtschaftlichen Wachstums wird die Inflationsentwicklung die Notenbanken nicht unter erhöhten Zugzwang setzen, einen beschleunigten Ausstieg zu forcieren.Unter diesen Voraussetzungen sollten sich Anleger darauf einstellen, dass Treasury-Renditen im mittleren und längeren Laufzeitenbereich bereits 2018 ihren Höhepunkt überschritten haben dürften und Bunds in diesem Jahr nur leichte Renditeanstiege verzeichnen werden. Unternehmen dürften sich aufgrund der Unsicherheit durch die Handelsstreitigkeiten in Kombination mit einer nachlassenden Wirtschaftsdynamik weiter in schwierigem Fahrwasser befinden und zurückhaltend agieren. Weniger stark steigende Gewinne sollten aber primär bei Aktionären für Enttäuschung sorgen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem deutlichen Anstieg der Ausfallraten europäischer Anleiheschuldner kommt, ist als eher gering einzustufen.Somit ist die entscheidende Frage für Anleger, ob die bereits gestiegenen Risikoprämien bei Unternehmensanleihen für das beschriebene Umfeld eine ausreichende Entlohnung darstellen. Im Euroraum weisen Investment-Grade-Unternehmen derzeit einen Spread von 75 Basispunkten (BP) und damit eine Rendite von knapp 1 % aus. Unternehmen schlechterer Qualität aus dem Hochzinsbereich notieren zu einem Spread von rund 460 BP und einer Rendite von etwa 4,85 %. Würde auf Sicht von zwölf Monaten die Rendite deutscher Bundesanleihen mit einer Laufzeit von fünf Jahren um 50 BP ansteigen, wovon wir derzeit ausgehen, dann würde dies für Anleger in Bundesanleihen einen Verlust von rund 1,5 % mit sich bringen. Bei einer solchen Bewegung würde der geringe Risikoaufschlag für Investment-Grade-Unternehmensanleihen den Anleger nicht ausreichend für das Risiko eines Zinsanstiegs kompensieren, und es wäre auf Jahressicht kein positiver Gesamtertrag mit europäischen Investment-Grade-Anleihen möglich.Im Hochzinsbereich sieht die Rechnung schon etwas besser aus. Durch die höheren Spreads könnte ein Zinsanstieg bei Bundesanleihen gut kompensiert werden. In unserem Beispiel könnten trotz um 50 BP steigender Zinsen noch rund 3 % Rendite erzielt werden. Selbstverständlich sind diese 3 % nicht risikolos zu verdienen, sondern sind die Kompensation dafür, dass Anleiheschuldner ausfallen können. Derzeit liegen die Ausfallraten bei rund 2,5 %, so dass bei gleichbleibender Ausfallwahrscheinlichkeit im Erwartungswert lediglich rund 0,5 % mit europäischen Hochzinsanleihen zu verdienen wären.Angesichts der beschriebenen Zwickmühle scheint es recht unwahrscheinlich, dass sowohl die Zinsen für sichere Bundesanleihen als auch die Spreads für Unternehmensanleihen gemeinsam ansteigen. Viel wahrscheinlicher ist es, dass es entweder zu Spreadausweitungen im Anleihesektor kommt, sich im Gegenzug dann aber die Bundrenditen kaum von ihrem der-zeitigen Niveau entfernen oder aber Bundrenditen aufgrund der beständigen Wirtschaftslage leicht ansteigen, was dann aber wiederum kaum zu weiter ansteigenden Spreads im Anleihesektor führen dürfte. Sollte der Zins für Bundesanleihen auf den heutigen Niveaus verharren, dann könnten sich die Spreads von europäischen Investment-Grade-Anleihen, gemessen an einem Benchmarkindex mit einer Duration von rund fünf Jahren, um 26 BP und die von Hochzinsanleihen, bei einer Duration von vier Jahren, um 130 BP ausweiten, ehe Anleger auf Jahressicht in den negativen Bereich abrutschen. Chance auf positiven ErtragInsgesamt bleibt festzuhalten, dass die in den Investment-Grade-Unternehmensanleihen eingepreiste Risikoprämie den Anlegern kaum Schutz gegen steigende Zinsen oder eine weitere Ausweitung der Spreads bietet. Etwas besser erscheint die Situation im Hochzinsbereich. Denn sollte es nicht zu vollkommen veränderten konjunkturellen und geldpolitischen Rahmenbedingungen kommen, dann bietet der derzeitige Spread einen vernünftigen Puffer, um Unwägbarkeiten abzufangen, und somit besteht zumindest die Chance, auf Jahressicht einen leicht positiven Gesamtertrag zu erzielen.—-*) Joachim Schallmayer ist Leiter Kapitalmärkte und Strategie bei der DekaBank.