"Europäische Aktien, yes please!"
"Europäische Aktien, yes please!"
Berenberg stellt heraus, dass es in Europa viele Marktführer und Hidden Champions gibt
wrü Frankfurt
Europäische Aktien? Mit diesem Thema könne man wirklich keinen hinter dem Ofen hervorlocken, sagt Matthias Born, Co-Head Wealth and Asset Management und Head of Investments bei Berenberg, vor der Presse in Frankfurt. "Denn globale Indizes haben europäische Indizes seit der Finanzkrise abgehängt", erläutert Born. "Auch beim Gewinnwachstum liegt Europa in der Gesamtbetrachtung deutlich zurück."
Dennoch sind die Berenberg-Fondslenker der Meinung: "Europäische Aktien, yes please." Denn in einem herausfordernden Marktumfeld gebe es viele verkannte Champions. "In den Reihen der europäischen Unternehmen finden sich viele innovative Unternehmen und Hidden Champions wie etwa in der Halbleiter- oder Gesundheitsbranche, die global führend auf ihren Gebieten sind", erklärt Born. Beispiele dafür seien Unternehmen wie Infineon, Novo Nordisk oder ASML, die auch in den Berenberg-Europafonds zu den Top-Positionen zählten. Im Fokus stünden erfolgreiche Firmen, die es schafften, langfristig bei Umsatz und Gewinn zweistellig zu wachsen. Dazu zählten auch europäische Luxusaktien. Wobei die Berenberg-Fondsmanager bevorzugt in die Sektoren Gesundheit, Technologie, Konsum und Industrie investieren. Kapitalintensive Sektoren wie Immobilien blieben hingegen in der Regel außen vor.
Seit Finanzkrise abwärts
Doch warum hat sich der europäische Aktienmarkt im Vergleich so schwach entwickelt? "Seit der Finanzkrise ging es abwärts mit Europa", stellt Justus Schirmacher, Portfoliomanager Equities bei Berenberg, fest. Langfristig folgten Aktien der Gewinnentwicklung. Und das Gewinnwachstum in Europa sei nur verhalten gewesen und hinter den USA oder dem Gewinnwachstum des MSCI World zurückgeblieben. Zudem habe es einen "Bewertungsgegenwind" für europäische Aktien gegeben. Die Prämie des US- und des Weltaktienmarkts gegenüber Europa sei deutlich gestiegen.
Europas Aktienmarkt sei in der Vergangenheit zu stark auf Sektoren ausgerichtet gewesen, die seit der Finanzkrise strukturellen Gegenwind erfahren hätten. "So waren über die letzten 15 Jahre hinweg innerhalb europäischer Indizes Sektoren wie Financials im Vergleich zum MSCI World übergewichtet, während wachstumsstarke Sektoren wie IT stark unterrepräsentiert waren", analysieren die Berenberg-Fondsmanager. Doch hätten sich auch im direkten Vergleich europäische Sektoren schwächer gezeigt, was im Tech-Sektor auch an den großen Brands liege.
Aber, und dieses Ergebnis überrascht, auch in Europa ließen sich attraktive Renditen erzielen. Zwar liegen auf Sicht von 20 Jahren US-Aktien an der Spitze, doch liegen europäische Small-Cap-Werte und europäische Qualitätswerte nicht weit dahinter. "Aktuell gibt es gute Chancen bei Small Caps und bei Wachstumswerten", meint Born. Denn durch den aktuellen Rückschlag gebe es Gelegenheiten. Genau solche Titel würden die Zukunft Europas prägen. Auch in Deutschland gebe es viele Hidden Champions, doch seien viele davon nicht börsennotiert. In Skandinavien seien mehr dieser Titel auch an der Börse notiert.
Berenberg empfiehlt nun einen selektiven Investmentansatz, der auf Europas Stärken aufbaut. Zwei Sektoren, in denen der Gewinn pro Aktie in den vergangenen zehn Jahren deutlich zulegte und in denen Europa gut positioniert sei, seien die europäische Halbleiterbranche sowie die Luxusgüter. Bei den Halbleitern führen Born und Schirmacher Unternehmen wie ASML, BE Semiconductor, Infineon und Comet auf. Bei den Luxusaktien zählen LVMH, Moncler, Cie Financière Richemont und Brunello Cucinelli zu den Titeln, die den Gewinn je Aktie in den vergangenen zehn Jahren deutlich steigern konnten. "Im Luxussegment kommen die erfolgreichsten Brands aus Europa", erklärt Born. "Langfristig glauben wir, dass die Trends weiter intakt bleiben."
Sektorstruktur jetzt besser
Aber auch für den europäischen Aktienmarkt insgesamt sei Besserung angesagt. "Europas Stärken setzen sich durch und machen den Aktienmarkt attraktiver", so die Berenberg-Experten. Denn die Sektorgewichte haben sich im Vergleich zum Jahr 2008 deutlich und zum Positiven verändert. Die Bereiche Healthcare und Konsum stünden inzwischen in Europa stärker im Fokus, die Spanne im Vergleich zum globalen Technologiesektor habe sich allerdings ausgeweitet. Auch das Gewicht des Sektors Financials ist deutlich zurückgegangen. "Europa ist von der Sektorstruktur ausgeglichener geworden", meint Born. Im Index finde sich jetzt ein besseres Wachstumsprofil. "Eine Underperformance wird sich so nicht wiederholen."
In der Investmentwelt sehen die Berenberg-Experten drei große Megatrends: Techceleration (inklusive Digitalisierung und technologischer Durchbrüche), Demografie und gesellschaftlicher Wandel sowie die grüne Revolution. Diese Megatrends würden den Unternehmen zwar Rückenwind geben, doch blieben unternehmensspezifische Faktoren entscheidend.
Auch in Europa lassen sich attraktive Renditen erzielen, sagt Berenberg. Denn verschiedene Segmente des europäischen Aktienmarkts haben eine starke Performance erzielt. Vor allem verfügt Europa über starke Unternehmen mit hervorragenden Wettbewerbspositionen. Auch der Gesamtmarkt sei attraktiver geworden.