Europäische Hochzinsbonds in der Pole-Position
Die vergangenen 18 Monate waren eine harte Zeit für Hochzinsanleiheninvestoren. Das verlangsamte Wirtschaftswachstum und der Ölpreisrückgang verunsicherten die Finanzmärkte. Tatsächlich brachte der Januar 2016 den zweitschlechtesten Jahresstart seit dem Jahr 2000. Seit Mitte Februar haben Anleihen jedoch eine starke Rally hingelegt und bis Ende April rund 6,7 % Rendite generiert. Aber kann die Rally angesichts der nach wie vor bestehenden Risiken für die Weltwirtschaft und der steigenden Unternehmensverschuldung auch weitergehen? Ölnachfrage sinktIn den vergangenen anderthalb Jahren basierte ein Großteil der Bewegung an den High-Yield-Anleihemärkten auf dem Energiesektor, und dabei insbesondere auf den Anleiheemissionen von US-Energieunternehmen. Die Ölnachfrage ist gesunken, und die Preise haben sich seit Mitte 2014 halbiert, was wiederum eine Reduktion der Profitabilität der Energieunternehmen nach sich zog und die Gefahr von Zahlungsausfällen erhöhte.Seit Februar dieses Jahres sind die Märkte wieder optimistischer hinsichtlich des Ölpreisausblicks. Aus unserer Sicht ist dieser nun jedoch zu optimistisch. Angesichts der aktuellen Produktionsniveaus und US-Lagerbestände bezweifeln wir, dass der Ölpreis lange über der Marke von 50 US-Dollar pro Barrel verweilen wird. Jedenfalls werden Fracking-Unternehmen sogar bei den aktuellen Ölpreisen darum kämpfen müssen, Gewinne zu machen. Schließlich werden einige High-Yield-Energieunternehmen nicht in der Lage sein, ihre Kosten zu decken, und könnten in den kommenden Monaten möglicherweise pleitegehen. Rezession unwahrscheinlichTrotz der jüngsten Sorgen um das globale Wirtschaftswachstum ist eine Rezession kurzfristig unwahrscheinlich. Klammern wir die Energieemittenten aus, sollten sich die globalen Ausfallraten für Hochzinsanleihen tatsächlich nahe ihrem historischen Durchschnitt befinden, ohne dabei aber einen klaren Trend aufzuweisen, welche Industriesektoren wahrscheinlich am meisten leiden könnten – was ein gutes Zeichen ist. In der Tat könnten die Ausfallraten für Nichtenergieunternehmen in den kommenden Monaten sogar leicht fallen.Der Löwenanteil des Hochzinsanleihemarktes befindet sich in den USA. Ein Fünftel der Emissionen entfällt dabei auf Energieunternehmen. Der europäische High-Yield-Markt hingegen ist nur etwa ein Drittel so groß, obgleich der Anteil Europas am Weltmarkt vor einem Jahrzehnt nur ein Siebtel betrug. Das liegt daran, dass die Ausgabe von Bankkrediten, vor allem an risikoreichere Unternehmen, seit der Finanzkrise 2008 gesunken ist. Zunehmend mehr Unternehmen waren daher gezwungen, sich dem Kreditmarkt zuzuwenden. Strengere AnforderungenDabei umfassen von Finanzunternehmen ausgegebene High-Yield-Anleihen einen größeren Teil des europäischen Marktes. Für europäische Banken war es weitaus üblicher, ihr Kapital durch Anleiheemissionen zu erhöhen, als für amerikanische Banken. Dieser Trend wird voraussichtlich auch weiter anhalten, da europäische Banken, die ihr Kapital erhöhen wollen, strengere Eigenkapitalanforderungen erfüllen müssen. Wir rechnen damit, dass die US-Notenbank dieses Jahr die Zinsen noch ein oder zwei Mal anhebt, nachdem sie im vergangenen Dezember nach fast zehn Jahren die Zinswende eingeleitet hatte. Unterdessen könnte die Europäische Zentralbank (EZB) die kurzfristigen Zinsen tiefer in den negativen Bereich führen. Vor dem Hintergrund dieser wachsenden Zinskluft zwischen den USA und Europa scheinen die Vereinigten Staaten näher an der Spitze des Kreditzyklus zu sein. Darüber hinaus plant die EZB im Rahmen ihres Quantitative-Easing-Programms den Kauf von hochwertigeren Unternehmensanleihen aus der Eurozone. Negativzinsphase hält anDas Anhalten der Negativzinsphase in der Eurozone wird sich wahrscheinlich auf die Profitabilität der Banken auswirken. Dennoch glauben wir, dass die Bilanzen der europäischen Banken einigermaßen gesund aussehen und die von ihnen emittierten Hochzinsanleihen weiterhin wertvoll bleiben. Zudem ist die Möglichkeit, die Performance durch entsprechende Portfoliopositionierung zu beeinflussen, bei Hochzinsanleihen viel größer, als auf Zinssätze zu setzen. Dabei ist die Titelauswahl der Schlüssel zur Outperformance. Europa in der ersten ReiheAus unserer Sicht sind aktuell die besten High-Yield-Werte unter den Titeln mit besserer Qualität oder denen mit Ratings von “BB” oder niedriger zu finden. Wir bleiben nach wie vor vorsichtig bei Anleihen, die von Energieunternehmen ausgegeben werden. Diese werden wahrscheinlich underperformen, da die Märkte steigende Ölpreise erwarten und wir für die Zukunft eher eine potenzielle Energiepreisschwäche sehen.Insgesamt rechnen wir damit, dass globale Hochzinsanleihen in diesem Jahr zwischen 3 % und 5 % Rendite generieren werden. Auch wenn das weniger ist als in den vergangenen Jahren, sehen die Renditen im Vergleich zu Anleihen besserer Qualität und Aktien vermutlich noch ordentlich aus. Gute AussichtenAm vielversprechendsten sind die Aussichten für diese Anlageklasse in Europa. Emittenten aus dem Finanz- und zyklischen Konsumgütersektor bieten einen besonderen Wert. Die Unternehmen in der letztgenannten Gruppe werden wahrscheinlich von höheren Konsumausgaben profitieren, beflügelt durch zunehmende Zuversicht und niedrigere Ölpreise.Während europäische Hochzinsanleihen gerade mal die Hälfte der Ausbeute ihrer Pendants in den USA generieren konnten, wird der US-Markt jedoch zu kämpfen haben, bis wir Anzeichen sehen, dass die rohstoffbezogenen Zahlungsausfälle langsam ihren Höhepunkt erreicht haben. Darüber hinaus sind die geldpolitischen Aussichten für Europa relativ günstig. Globaler FokusInvestoren sind vermeintlich besser beraten, ihren Fokus global und nicht regional auszurichten. Auf diese Weise können Fondsmanager diversifizierte Portfolios mit einem begrenzten Exposure in Anleihen und Regionen konstruieren, die wahrscheinlich weniger in der Anlegergunst stehen, während sie gleichzeitig selektiv die Positionen in jenen Wertpapieren oder Regionen erhöhen können, die Wertpotenzial bieten.Zusammenfassend erwarten wir, dass Hochzinsanleihen auf kurze Sicht unter Druck geraten könnten. Die Risiken für Volatilitätsschübe an den Finanzmärkten in den kommenden Monaten bleiben vorhanden, möglicherweise ausgehend vom enttäuschenden Wirtschaftswachstum, einem Schock aufgrund eines geldpolitischen Kurswechsels oder einem überraschenden Rückgang der Rohstoffpreise. Auch wenn sich das Investment in Hochzinsanleihen auszahlen soll, enthält es gleichfalls ein höheres Risiko als Anlageklassen höherer Qualität.—-Kevin Mathews, Head of Global High Yield bei Aviva Investors