Exor mehrt das Geld nicht nur der Agnellis
Von Gerhard Bläske, MailandExor-Aktionäre haben ihr Geld gut angelegt. Wer etwa schon vor zehn Jahren dabei war und seine Dividendenzahlungen stets reinvestiert hatte, ist mit einem Gesamtertrag von 1251 % belohnt worden. Das hat die angesehene Wirtschaftszeitung Il Sole 24 Ore ausgerechnet. Und auch in jüngster Zeit lief es gut: Binnen zwölf Monaten ist der Kurs der Investmentgesellschaft mit Sitz in den Niederlanden, die an der Mailänder Börse notiert ist, um mehr als 40 % gestiegen. Daran ändert auch der Rückschlag am gestrigen Donnerstag am Aktienmarkt infolge der von General Motors angekündigten Klage gegen Fiat Chrysler (FCA) wegen angeblicher Bestechungszahlungen nichts. FCA ist der größte Einzelwert im Exor-Portfolio.Die positive Entwicklung kommt vor allem der Familie Agnelli-Elkan zugute, die 53 % der Anteile der Holding kontrolliert und mehr als hundert Erben umfasst. Unter Führung von CEO John Elkann, dem 43-jährigen Familienoberhaupt, ist Exor zu einer Geldvermehrungsmaschine geworden. Dass sich die Investitionsgesellschaft so gut entwickelte, hat Elkann wesentlich dem langjährigen Fiat-Chrysler-Chef Sergio Marchionne zu verdanken. Der CEO nahm den damals noch jungen Agnelli-Spross, der aus der Verbindung von Margherita Agnelli, der Tochter des legendären “Avvocato” Giovanni Agnelli, mit dem französischen Schriftsteller Alain Elkann entstammt, an die Hand. Marchionne rettete den vor dem Konkurs stehenden Fiat-Konzern, fusionierte ihn mit Chrysler und brachte den neuen Konzern, der heute seinen Schwerpunkt in Nordamerika hat, auf Kurs. Marchionne war es auch, der den Wert von Exor durch zahlreiche Spin-offs mehrte. Elkann selbst bezeichnete den Manager einmal als seinen “Lehrmeister und Freund”.FCA ist bis heute die Hauptbeteiligung von Exor, und Elkann ist längst aus dem Schatten des 2018 verstorbenen Marchionne getreten. Doch die 2009 aus der Fusion der früheren Agnelli-Beteiligungsgesellschaften Ifi und Ifil entstandene Holding hält noch viele weitere Beteiligungen. Die Gesellschaft, die 2018 bei einem Umsatz von 143,3 Mrd. Euro einen Nettogewinn von 5,4 Mrd. Euro erzielte, ist auch an dem 2011 ausgegliederten Land-, Baumaschinen- und Nutzfahrzeugkonzern CNH Industrial, an dem 2016 abgespaltenen Sportwagenbauer Ferrari, dem Fußballclub Juventus Turin und der Zeitung Economist beteiligt. Außerdem gehört der US-Rückversicherer PartnerRe zu Exor. Üppige DividendenSie alle zahlen teils üppige Dividenden. Vor allem die Ausgliederung Ferraris erwies sich als Goldgrube für die Holding. Der Aktienkurs und die Gewinne sind geradezu explodiert. Der Verkauf des Komponentenherstellers Magneti Marelli im vergangenen Jahr bescherte den FCA-Aktionären eine Sonderdividende von 2 Mrd. Euro. Dazu kam eine Dividende des Autokonzerns von 1 Mrd. Euro. In beiden Fällen profitierte Exor als Großaktionär in hohem Maße.Eine weitere Sonderdividende von 1,6 Mrd. Euro fließt allein Exor im Rahmen der geplanten Fusion von FCA mit dem französischen Peugeot-Citroen-Opel-Konzern zu. Außerdem soll die Fiat-Chrysler-Gesellschaft Comau ausgegliedert werden. Sie dürfte wohl auf absehbare Zeit verkauft werden und weitere Mittel in die Kasse spülen. 2021 soll dann die weitere Zerlegung von CNH Industrial erfolgen: Die Nutzfahrzeugsparte um Iveco, die Bussparte und das Powertrain-Geschäft sollen separat an die Börse gebracht werden. CNH-Anteilseigner sollen für jede Aktie ein Papier der neuen Gesellschaft erhalten. Damit sollen laut CNH-CEO Hubertus Mühlhäuser die Potenziale besser ausgeschöpft und noch mehr Wert für die Aktionäre geschaffen werden. Hauptprofiteur ist Großaktionär Exor und damit auch die Familie Agnelli-Elkann.Exor ist heute rund 16,5 Mrd. Euro wert. Unter Elkanns Führung wurden die Beteiligungen am Schweizer Prüfkonzern SGS und der Immobilienberatung Cushman & Wakefield verkauft. Insgesamt erlöste Exor aus Veräußerungen 5,2 Mrd. Euro und kaufte zu für 8,5 Mrd. Euro, vor allem PartnerRe. Der Rückversicherer verbuchte im dritten Quartal steigende Gewinne, die im Rahmen der Erwartungen der Analysten etwa von Kepler Cheuvreux lagen.Der derzeitige Exor-Anteil an FCA von 28,7 % (Stimmrechte: 41,7 %) würde im Rahmen der geplanten Fusion mit Peugeot-Citroen-Opel, der “den Franzosen das Management, den FCA-Aktionären aber die Dividende beschert”, wie Giuseppe Berta, FCA-Experte und Professor der Mailänder Bocconi-Universität meint, auf 14,5 % schrumpfen. Vorerst unverändert bliebe die Beteiligung von 26,9 % (Stimmrechte: 32,7 %) an CNH und Ferrari (22,9 % bzw. 32,7 %). An Juventus hält Exor 63,7 %, PartnerRe gehört vollständig zu Exor.Maria G. Tronconi, Analystin der Banca Imi, sieht die geplante Fusion positiv und erwartet davon Economies of scale. Die Bank hat Exor von “Hold” auf “Buy” hochgestuft – mit einem Kursziel von 78,10 Euro. Es gebe nun einen höheren finanziellen Spielraum, weil die Schulden von zuletzt 2,5 Mrd. Euro auf etwa 1 Mrd. Euro reduziert werden könnten. Auch die Glaubwürdigkeit am Markt würde dadurch zunehmen, glaubt etwa Kepler Cheuvreux, die das Kursziel zuletzt zweimal erhöht hat auf nun 79 Euro und ebenfalls zum Kauf rät. Von den neun Analysten, die Bloomberg befragt hat, empfehlen acht den Kauf. Einer rät zum Halten. Das durchschnittliche Kursziel der Exor-Aktie liegt bei 79,48 (Donnerstag: 68,74) Euro.Die Ergebnisse der ersten drei Quartale sind ermutigend. Es war jedoch vor allem der Sondereffekt aus dem Magneti-Marelli-Verkauf, der den Nettogewinn auf 2,4 Mrd. Euro verdreifachen ließ. Der Nettowert der Beteiligungen erhöhte sich um 22,8 % auf 23,9 Mrd. Euro. Exor kauft eigene Aktien auf. Akquisitionen geplantBeim gestrigen Capital Markets Day versprach Elkann, die Beteiligungsholding, die derzeit rund 75 % ihrer Erlöse im Automobilgeschäft erzielt, werde auch in zehn Jahren noch in diesem Sektor tätig sein. Er sehe keinen Grund dafür, warum sich das ändern sollte. Zwar sehen einige Beobachter die Fusion mit Peugeot-Citroen-Opel durch die jüngste Entwicklung in Gefahr. Elkann versprach, bis Jahresende werde ein Memorandum of Understanding vorliegen. Der Exor-CEO kündigte Akquisitionen an. Dafür stünden bis 2022 etwa 2 Mrd. Euro zur Verfügung.