IM GESPRÄCH: DAVID CLOTT, WESTWOOD/AVIVA INVESTORS

Exzellentes Jahr für Wandelanleihen

Fondsmanager: Funktionierende Downside Protection und "großartige risikoangepasste Renditen"

Exzellentes Jahr für Wandelanleihen

Wandelanleihen haben im Corona-Crash deutlich weniger als Aktien verloren und in diesem Jahr auch eine höhere Performance als Dividendentitel erzielt. Zugleich hat eine rege Emissionstätigkeit eingesetzt, die viele Gelegenheiten bietet. Von Werner Rüppel, FrankfurtSeit mehr als 20 Jahren beschäftigt sich David Clott, der das Global Convertibles Securities Team bei Westwood leitet, mit der wenig beachteten, aber sehr interessanten Assetklasse Wandelanleihen. Dabei lenken Clott und sein Team für den britischen Vermögensverwalter Aviva zwei Wandelanleihenstrategien, einen Long-only-Fonds sowie einen Absolute-Return-Fonds. Die Börsen-Zeitung hat mit dem Experten, der die Spezifika von Wandlern als Kombination von Anleihe und Aktien bestens kennt, über die zuletzt phänomenale Entwicklung von Covertibles gesprochen.”Dieses Jahr war ein exzellentes für Wandelanleihen. Vor allem hat beim Corona-Crash die Downside Protection der Assetklasse funktioniert”, erläutert Clott. Ein großer Vorteil von Wandlern sei ihr im Vergleich zu Aktien asymmetrisches Risikoprofil, sprich eine deutlich niedrigere Volatilität und geringe maximale Verluste, die sogenannten Drawdowns, bei zugleich langfristig attraktiven Renditen. Dies habe auch im Corona-Crash funktioniert, in dem der Wandelanleihenindex nur 38 % der Verluste des globalen Aktienmarkts habe einstecken müssen. In Krisensituationen kommt Convertibles dabei zugute, dass sie dann von einer höheren Volatilität profitieren. In diesem Jahr habe sich die Assetklasse aber besonders gut entwickelt. “Wandelanleihen haben eine großartige Performance erzielt und auch Global Equities outperformt”, sagt Clott. Insgesamt habe die Assetklasse in diesem Jahr die Erwartungen übererfüllt. Sehr viele NeuemissionenNatürlich habe mitten in der Covid-19-Krise auch die Liquidität von Wandelanleihen, wie die von allen in der Regel liquiden Instrumenten, gelitten. Doch dann hätten die Notenbanken einen Floor zur Verfügung gestellt, so dass die Märkte einen Boden gefunden hatten. Entsprechendes gelte auch für Wandelanleihen. “Nach dem Crash kamen sehr viele Neuemissionen auf den Markt, insbesondere in den Monaten April bis Juni”, erläutert Clott. “Danach hat sich die lebhafte Emissionstätigkeit fortgesetzt.” Doch nicht nur bei Convertibles bekannte Adressen seien an den Markt gegangen. “Dabei haben auch viele Unternehmen aus Branchen, die bisher an diesem Markt nicht bzw. kaum präsent waren, Wandelanleihen aufgelegt.” So seien zum Beispiel Firmen aus der Reisebranche oder Retail-Unternehmen neu als Emittenten aufgetreten.Aus Investorensicht sei es derzeit eine gute Zeit. “Viele neue Wandelanleihen waren ausgesprochen günstig und sehr attraktiv”, sagt Clott. Die Renditen bei Emission seien ziemlich hoch gewesen, die Discounts gegenüber dem Sekundärmarkt hätten bis zu 4 % bis 5 % betragen. Zu der attraktiven Bewertung komme ein großes Angebot. Dies sei nicht zuletzt auch vorteilhaft, um zu diversifizieren. Jedenfalls sei 2020 eines der besten Jahre für Wandelanleihen überhaupt. “In diesem Jahr wurden bisher Convertibles über 120 Mrd. Dollar emittiert”, sagt Clott. “Damit wird 2020 eines der Jahre mit der höchsten Emissionstätigkeit werden.” Der Rekord in einem Jahr habe bisher bei 180 Mrd. Dollar gelegen. Wahrscheinlich werde 2020 das Top-2- oder das Top-3-Jahr werden.An Clotts Strategie hat sich nichts geändert. Er setzt weiterhin auf Wandelanleihen im Balanced-Bereich, sprich mit einem Delta gegenüber Aktien zwischen 30 und 80 %. Hier kämen die Vorteile der Assetklasse, insbesondere das asymmetrische Risikoprofil, am besten zum Tragen. Zugleich ist die Duration seines Portfolios relativ kurz, was die Zinsrisiken begrenzt. Basis für Engagements stellt eine fundamentale Top-down- und Bottom-up-Analyse dar. Dabei schauen sich Clott und sein Team jede einzelne Emission eines Wandlers, sprich die Struktur der Emission sowie den Emittenten, genau an.Von den Sektoren her ist Clott bei Gesundheitstiteln übergewichtet. “Von der Bewertung her ist das Healthcare-Segment besonders attraktiv”, erklärt der Fondslenker. Der Sektor profitiere zudem nicht allein von Corona, sondern von mehreren Trends wie zum Beispiel Telemedizin. Für Healthcare werde keine Prämie gezahlt, die durch die US-Wahlen entstehenden Unsicherheiten seien bereits diskontiert. Insofern böten sich eher Gelegenheiten.Auch grüne und nachhaltige Investments seien sehr interessant. “Das Potenzial von grünen Anlagen ist gewaltig”, erklärt Clott. “Dies eröffnet auch besondere Chancen bei Wandelanleihen.” Ein Übergewicht hat Clott bei US-Anlagen. Dies habe jedoch gute Gründe. “Regional gesehen gab es in diesem Jahr in den USA mehr Gelegenheiten als in Europa”, erklärt der Wandelanleihenprofi. Bei den Einzeltiteln war Clott lange Zeit bei Tesla engagiert, hat aber hier im Januar Gewinne mitgenommen. Aktuell hält der Aviva-Wandler-Fonds eine Position an einer Wandelanleihe des Dax-Werts Delivery Hero. Das Unternehmen profitiert laut Clott von der Änderung des Lebensstils, die sich durch Corona beschleunige. Strukturell sei das Unternehmen am richtigen Platz. Man habe sich das Geschäftsmodell näher angeschaut, Ende nächsten Jahres dürfte Delivery Hero Cash-flow-positiv sein.Der Markt für Wandelanleihen sei in exzellenter Verfassung. Große Chancen für Convertibles böten sich in den Bereichen Green Deal, Nachhaltigkeit, Climate Change und Infrastruktur. “Strukturell sind gewaltige Schulden im System, die angegangen werden müssen”, so der Experte. Vor allem habe die Assetklasse in diesem Jahr mehr als überzeugt. Clott wörtlich: “Convertibles liefern großartige risikoangepasste Renditen. Daher entdecken mehr und mehr Investoren diesen Markt.”