EUROPÄISCHE BONDWOCHE

EZB dürfte die Marktteilnehmer enttäuschen

Analysten rechnen für Ratssitzung am Donnerstag noch nicht mit geldpolitischen Maßnahmen

EZB dürfte die Marktteilnehmer enttäuschen

Von Dieter Kuckelkorn, FrankfurtAn den Rentenmärkten sehen sich die Bullen bestätigt: Mit den jüngsten Inflationsdaten aus der Eurozone und den Hinweisen auf negative konjunkturelle Folgen des Etatstreits in Washington sind die Renditen bereits gefallen. Befand sich die Rendite zehnjährige Bundesanleihen Mitte September noch auf einem Zwischenhoch von knapp unterhalb 2,10 %, ist sie per Freitag auf 1,68 % gefallen. Ähnliches lässt sich für US-Titel beobachten. Zehnjährige Treasuries, die im September noch auf 3 % kamen, rentieren derzeit mit rund 2,58 %. Heftige ReaktionAm Donnerstag hatte die europäische Statistikbehörde Eurostat überraschend bekannt gegeben, dass die Inflationsrate der Eurozone im Oktober auf nur noch 0,7 % gefallen ist. Im Vormonat hatte sie noch bei 1,1 % gestanden. Dies hatte dazu geführt, dass der Bund-Future am gleichen Tag mit 142,17 % den höchsten Stand seit zwei Monaten erreichte. Und die Rendite zweijähriger Schatzanweisungen ist von 0,16 % auf nur noch 0,12 % gefallen. Die gesunkene Geldentwertung, so erwarten viele Marktteilnehmer, müsste eigentlich die Europäische Zentralbank (EZB) auf den Plan rufen. Nach Einschätzung der Analysten der Commerzbank rechnet man am Markt damit, dass die EZB bereits anlässlich ihrer Zinssitzung am kommenden Donnerstag reagiert. Bei dem Institut sieht man in dieser Hinsicht allerdings Enttäuschungspotenzial für Bundesanleihen und auch Peripherieanleihen. Mit geldpolitischen Beschlüssen der EZB sei nämlich noch nicht am Donnerstag, sondern erst anlässlich der Sitzung des EZB-Rats im Dezember zu rechnen, wenn die Zentralbank ihre neueste Inflationsprognose veröffentlicht. Es sei aktuell nur eine verbale Reaktion zu erwarten, so die Experten. Die Notenbanker würden dann im Dezember ihre Inflationsprognose wohl senken und dann auch geldpolitisch reagieren. Wohl kein ZinsschrittOb es jedoch im Dezember zu der am Bondmarkt erhofften Zinssenkung kommt, ist fraglich. Bei der Commerzbank verweist man darauf, dass der Einlagenzins bereits bei 0 % steht. Um die Marktzinsen durchgreifend zu drücken, müsse die EZB daher den Einlagenzins in den negativen Bereich senken. Dies hätte jedoch Nebenwirkungen, unter anderem Unruhe hinsichtlich der anstehenden Bankenstresstests. Die Analysten glauben daher, dass die EZB stattdessen den wöchentlichen Tender, mit dem sie Liquidität entzieht, streichen und die Mindestreservepflicht abschaffen könnte. Ob diese Maßnahmen den Bondmarkt wie eine Zinssenkung beflügeln, darf bezweifelt werden.Die Analysten der DZ Bank gehen indes davon aus, dass es in nächster Zeit zu einer Outperformance deutscher und auch französischer Staatsanleihen gegenüber US-Treasuries geben wird. Europäische Bonds verfügten momentan über Spielräume für Sonderwege abseits der ausgetretenen Pfade des Weltkapitalmarktes. Im Zehnjahresbereich verfüge der Transatlantik Spread über das Potenzial, von seinem gegenwärtigen Niveau bei 80 BP innerhalb dreier Monate auf wieder dreistellige Größenordnungen zu steigen. Sei dann das Ziel von 100 Basispunkten erreicht, müsse die Entwicklung an dieser Stelle keineswegs stoppen, so die Analysten der DZ Bank.