EZB schickt zehnjährige Bundrendite auf Rekordtief
kjo Frankfurt – Die Aussicht auf eine neue Runde in der Ära der ultralockeren Geldpolitik hat die Bundrenditen abermals tiefer ins Minus befördert. Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), bereitet zum Ende seiner Amtszeit wegen der schwächeren Konjunkturaussichten noch einmal eine Lockerungsrunde in der Geldpolitik vor. Die Währungshüter deuteten am Donnerstag in ihrem neuen Ausblick auch die Möglichkeit noch tieferer Schlüsselzinsen bis Mitte 2020 an. Bisher hatte die EZB prognostiziert, bis zu diesem Zeitpunkt nicht an den Schlüsselzinsen rütteln zu wollen.Auch neue Anleihekäufe werden jetzt geprüft, ebenso wie ein Staffelsystem, um die Folgen der jahrelangen Strafzinsen für Banken abzumildern. Die EZB erklärte, sie stehe bereit, alle Instrumente anzupassen, um ihr Inflationsziel von knapp 2 % zu erreichen. Dieses Ziel verfehlt sie seit Jahren. Der Leitzins zur Versorgung der Geschäftsbanken mit Zentralbankgeld wurde auf dem Rekordtief von 0 % belassen. Auch nach vielen Jahren ist damit ein Ende der Krisenpolitik, wie sie vor allem in Deutschland gefordert wird, nicht absehbar. Draghi wird aller Voraussicht nach der erste EZB-Chef sein, unter dessen Führung die Notenbank der Eurozone kein einziges Mal die Leitzinsen angehoben hat. Mancher Marktteilnehmer geht nach der gestrigen Einstimmung auf neuerliche Lockerungsschritte der EZB davon aus, dass die europäischen Währungshüter im September die Geldschleusen öffnen werden. Der Bund-Future mit September-Fälligkeit kletterte auf das Kontrakt- und Rekordhoch von 174,92 %. Im weiteren Verlauf gingen die Anleger aber zu Gewinnmitnahmen über, so dass die Kurse von ihren vorherigen Hochs nicht nur wieder abbröckelten; der Markt tauchte ins Minus ab. Im späten Handel lag der Bund-Future bei 173,96 % mit 34 Ticks im Minus. Die zehnjährige Bundrendite fiel auf das Rekordtief von -0,42 % und war abends bei -0,36 % nach -0,38 %.Aber auch andernorts gingen die Renditen aufgrund der sich abzeichnenden Konjunkturschwäche in Europa weiter zurück. In der Schweiz fielen nun auch die Renditen der 50-jährigen Anleihen des Landes ins Minus, und zwar bis auf -0,04 %. Damit ist die gesamte Renditestrukturkurve der Schweiz von Kurzläufern bis hin zu 50 Jahren Laufzeit komplett im negativen Renditebereich angekommen. Die Schweiz ist damit weltweit nach Dänemark das zweite Land, dessen Anleihen entlang der gesamten Kurve keine Rendite im positiven Bereich aufweisen. Bei den dänischen Staatsanleihen war dies vor kurzem eingetreten.