Faktor-ETFs bergen Fallstricke für Investoren

Anlage in Smart-Beta-Produkte gewinnt an Bedeutung - Stärkere Schwankungen im Zeitablauf

Faktor-ETFs bergen Fallstricke für Investoren

Von Werner Rüppel, FrankfurtSmart-Beta oder Faktor-ETFs gewinnen in der Kapitalanlage immer mehr an Bedeutung, wobei insbesondere institutionelle Investoren, darunter auch sehr große und renommierte Adressen, solche Produkte erwerben. Zuletzt ist das Interesse aber etwas zurückgegangen. In diesem Jahr betrugen nach Angaben von ETFGI die weltweiten Zuflüsse bis Ende Juli 10 Mrd. Dollar im Vergleich zu 53 Mrd. Dollar im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Die verwalteten Assets liegen weltweit bei 818 Mrd. Dollar. In den vergangenen fünf Jahren sind Faktor-ETFs mit einer überdurchschnittlichen Wachstumsrate von 22,5 % pro Jahr gewachsen. Der Charme dieser Produkte liegt darin, dass sie auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen und dass sie als ETFs mit relativ niedrigen laufenden Kosten verfügbar sind – insbesondere auch bei den großen Anbietern, wie in Europa BlackRock oder Xtrackers (DWS). In der Tabelle sind eine Reihe von volumenstarken ETFs auf Aktienfaktoren nebst Performanceentwicklung dargestellt. Fünf StilfaktorenVor allem eröffnen Aktienfaktoren die Aussicht, langfristig Überrenditen zu erzielen und/oder Risiken zu senken. Die fünf Stilfaktoren, welche die Wissenschaft als Werttreiber identifiziert hat, werden auch immer bekannter: Minimum Volatility (geringe Schwankungsbreite), Momentum (positive Kursdynamik), Quality (hohe Unternehmensqualität), Size (geringe Unternehmensgröße) und Value (niedrige Bewertung).Allerdings sind Faktor-Investments eben auch nicht die “eierlegende Wollmilchsau” am Aktienmarkt. Denn in der Praxis überzeugen Faktoren vor allem langfristig, das heißt über einen Zeithorizont von etlichen Jahren. Jedoch sind viele Investoren eher kurzfristig ausgerichtet. Ein Anlagehorizont von fünf oder zehn Jahren ist vielen Anlegern, sieht man von bestimmten Institutionellen ab, viel zu lang.Hinzu kommt, dass Faktoren zyklisch sind, also im Zeitablauf durchaus stärkeren Schwankungen unterliegen. Nicht zuletzt beeinflusst dabei der Zustand der Weltwirtschaft die Performance einzelner Faktoren. Gegen Crash nicht immunDer Corona-Crash hat darüber hinaus gezeigt, dass auch langfristig risikoarme Aktien-Faktoren wie Minimum Volatility gegen massive Einbrüche des Aktienmarkts kurzfristig nicht immun sind. Ein weiteres Phänomen ist die deutliche Underperformance des Faktors Value in den vergangenen Jahren, die in dieser Form kaum jemand erwartet hat. Die meisten Experten gehen zwar davon aus, dass Value zurückkommt. Die Frage bleibt aber, wann und wie stark.Positiv abgeschnitten haben hingegen in den vergangenen Jahren die Faktoren Quality und Momentum. Da die relative Performance einzelner Faktoren im Zeitablauf erheblich schwanken kann, hat die ETF-Industrie Multi-Faktor-Strategien entwickelt. Diese sind meist starr. Doch gibt es inzwischen auch Faktorrotationsmodelle, wobei aber das Timing von Faktoren in Fachkreisen als eher schwierig gilt. Trotz der genannten Vorbehalte sind Smart-Beta- oder Faktor-ETFs attraktive Produkte. Eine langfristige Outperformance wie zum Teil ein langfristig niedrigeres Risiko sind die Pluspunkte. Und wer in mehrere Faktoren investiert, der mindert auch die Zyklik von Faktoren.