FAKTOR-INVESTING - HINTERGRUND

Faktor-Investing

Von Stefan Schaaf, Frankfurt Börsen-Zeitung, 29.7.2015 Die einen sprechen von quantitativen Strategien, die anderen von Faktor-Investing oder Smart Beta, doch eines ist diesen Ansätzen gemeinsam: Sie bilden Anlagestrategien jenseits der klassischen...

Faktor-Investing

Von Stefan Schaaf, FrankfurtDie einen sprechen von quantitativen Strategien, die anderen von Faktor-Investing oder Smart Beta, doch eines ist diesen Ansätzen gemeinsam: Sie bilden Anlagestrategien jenseits der klassischen Orientierung an der Marktkapitalisierung von Unternehmen ab. Zugleich stellen sie eine Abkehr von der Theorie dar, dass Kapitalmärkte immer effizient sind. Diese Markteffizienzhypothese geht auf den Wirtschaftsnobelpreisträger Eugene Fama zurück. Ihre Kernaussage: Alle relevanten Informationen sind in einen Kurs eingepreist.Inzwischen geht jedoch auch die ökonomische Theorie von Marktineffizienzen und -anomalien aus, wobei verhaltensökonomische Aspekte wie der Herdentrieb von Anlegern in den vergangenen Jahren stärker in den Fokus rückten. Indexanbieter wie MSCI oder die Deutsche-Börse-Tochter Stoxx berechnen auf Basis dieser Abweichungen Körbe von Aktien, die bestimmte gemeinsame Charakteristika haben und damit von einem nach Marktgewicht berechneten Index abweichen. MSCI bietet derzeit Indizes auf sechs verschiedene sogenannte Faktoren an: Value, Low Size (Small Cap), Momentum, Low Volatility, Dividend Yield und Quality. Stoxx hat kürzlich einen neuen Index aufgelegt, der eine Kombination der drei Faktoren Value, Quality und Size vereint. Der Euro Stoxx iStoxx 50 gewichtet dabei die 50 Aktien aus dem Leitindex der Eurozone neu entsprechend ihrer Affinität zu den Faktoren. Dieses Vorgehen, so Stoxx-Chef Hartmut Graf, spiegele mehr wider “als nur die Größe des Unternehmens”. Graf spricht von einem Smart-Beta-Ansatz. Bislang spielen solche Strategien bei börsengehandelten Indexfonds (ETF) eine geringe Rolle. Laut BlackRock sind rund 250 Mrd. Dollar in solchen Strategien in ETF oder ETP investiert, das sind nur 1,25 % des Marktvolumens. Allerdings setzen viele institutionelle Investoren quantitative Strategien beim Aufbau ihres Portfolios ein, ohne in ETF zu investieren.Klassische Aktienindizes wie der Euro Stoxx 50 oder der Dax orientieren sich an der Marktkapitalisierung von Unternehmen. Dies hat sich beim Platzen der Dotcom-Blase zur Jahrtausendwende als fatal erwiesen, weil viele der hoch bewerteten Technologiefirmen zu Indexschwergewichten geworden waren und die Marktbarometer nach unten rissen. Investoren, die bessere risikoadjustierte Erträge suchen, greifen aus dieser Erfahrung heraus auch zu quantitativen Strategien.Allerdings werden quantitative Ansätze auch kritisch beäugt. Anomalien könnten verschwinden, wenn alle darauf handeln, argumentieren die Kritiker. Das klassische Beispiel: Kaufen alle unterbewertete Aktien, so verschwindet die Unterbewertung. Damit dürften jene Mehrerträge im Vergleich zu Market-Cap-Indizes nicht mehr zu erzielen sein, die Faktor- oder Smart-Beta-Indizes historisch erzielt haben. Dem wird entgegengehalten, dass es immer wieder neue Ineffizienzen geben könnte – und falls die Anomalien tatsächlich verschwänden, schlimmstenfalls ein Investment nach Marktkapitalisierung erfolge.