Fallende Handelsumsätze setzen Börsenbetreibern zu
Von Christopher Kalbhenn, FrankfurtDie Aktienmärkte erleben einen ihrer besten Jahresbeginne. Gemessen am MSCI World haben Dividendentitel der Industrienationen bislang um rund 11 % zugelegt, was nach der heftigen Korrektur des Schlussquartals des Vorjahres Balsam für die Seele der Investoren ist. Doch aus Sicht der Börsenbetreiber stellt sich die Entwicklung ganz anders dar. Sie profitieren von der Rally überhaupt nicht. Im Gegenteil: Ihre Handelsumsätze geben zum Teil sehr deutlich nach und verhageln ihnen damit den Jahresauftakt. Anleger verschmähen AktienSo sind etwa die wertmäßigen Umsätze der von der Deutschen Börse betriebenen Kassamarktplattformen in den ersten beiden Monaten im Vorjahresvergleich um 24 % gefallen. Das Volumen der Terminmarktsparte Eurex, die 2018 rund 37,5 % zum bereinigten Ebitda der Deutschen Börse beigetragen hat, ist um 6,5 % gesunken. Noch härter trifft es die London Stock Exchange. Hier ist das Volumen in Handel mit britischen Aktien um 28 % abgesackt. Nicht viel besser ergeht es der besonders stark vom Kassamarkthandel abhängigen Euronext mit einem Volumenrückgang um 19 %. Die Flaute hat mehrere Ursachen. So zügeln die politischen Unsicherheitsfaktoren wie der Handelskonflikt und der Brexit sowie konjunkturelle Sorgen. Trotz des deutlichen Kursanstiegs haben die Investoren derzeit eine ausgeprägte Scheu vor Dividendentiteln. Die in der globalen Fondsmanagerumfrage von Bank of America Merrill Lynch gemessene Aktienallokation hat in diesem Monat das niedrigste Niveau seit dem September 2016 erreicht.Hinzu kommt, dass die Volatilität an den Märkten deutlich gesunken ist. Das drückt etwa auf den für die Eurex so wichtigen Handel mit Aktienindexderivaten, der in den ersten beiden Monaten im Vorjahresvergleich um 9 % gefallen ist. Gift für die Börsenumsätze sind ferner die von der Fed avisierte Zinspause sowie die Verschiebung der ersten Leitzinserhöhung der EZB auf das kommende Jahr. Im Ergebnis bedeutet das eine Phase des Zinsstillstands, was im Zinsderivatehandel der Terminbörsen schwer einschlägt. Zinsstillstand belastetDie Umsatzflaute trifft auch die amerikanischen Terminbörsen, darunter mit der CME Group die weltweite Nummer 1. Ihr Volumen (gehandelte Kontrakte) ist in den ersten beiden Monaten um 19,7 % gefallen. Unter dem Eindruck des geldpolitischen Schwenks der Fed ist der Zinsderivateumsatz um 18,5 % gesunken, die niedrige Volatilität hat ihr Indexderivatevolumen um rund 24 % gedrückt. Die Terminmarktumsätze der Intercontinental Exchange sind mit einem Minus von 15 % ebenfalls deutlich geschrumpft. Noch härter getroffen hat es allerdings die Chicago Board Options Exchange. Ihr Optionshandelsvolumen ist um 26,3 % gesunken. Hinzu kommt ein Minus von 14,3 % im Aktienvolumen ihrer paneuropäischen Handelsplattform, der ehemaligen Chi-X.Hinzu kommt, dass das IPO-Geschäft in den ersten drei Monaten weltweit um 75 % eingebrochen ist. Der Anteil von Börsengängen an den Erlösen ist zwar überschaubar. Die Euronext konnte damit aber 2018 bei einem insgesamt um 15,5 % höheren Umsatz von 615 Mill. Euro einen um 35,5 % gesteigerten Erlös von 10,6 Mill. Euro generieren.Zu spüren bekommen die Volumeneinbußen auch die Aktien der Börsenbetreiber. Gemessen am Index Dow Jones Global Exchanges haben sie seit Jahresbeginn nur um 2 % zugelegt und sind damit deutlich hinter dem MSCI World zurückgeblieben. Zweierlei ist dabei allerdings zu berücksichtigen. Die Deutlichkeit der Volumenrückgänge ist zum Teil auch darauf zurückzuführen, dass die Handelsumsätze im Vergleichszeitraum des Vorjahres sehr hoch waren, so dass die Ausgangsbasis anspruchsvoll ist. Zudem haben die Aktien der Börsen 2018 eine deutliche Outperformance vorgelegt.Dennoch sind die Volumeneinbußen eine Hypothek für die Berichterstattung zum ersten Quartal. Die Börsenbetreiber werden unter den gegebenen Vorzeichen ihres Kerngeschäfts kaum Möglichkeiten haben, ihre Anteilseigner mit spektakulären Wachstumsraten zu begeistern. Es zeigt sich mehr und mehr, dass die Deutsche Börse nach ihrem die Erwartungen sprengenden Vorjahresergebnis gut beraten war, mit ihrem Ausblick für 2019 etwas kürzerzutreten.Dabei ist für das Gesamtjahr das letzte Wort noch nicht gesprochen. Die politischen und wirtschaftlichen Risiken könnten in den kommenden Monaten durchaus noch zu stärkeren Marktschwankungen und damit anziehenden Börsenumsätzen führen. Außerdem wird in den kommenden Quartalen die sehr hohe Ausgangsbasis der ersten drei Monate wegfallen, so dass das Bild im Vorjahresvergleich wahrscheinlich nicht mehr so negativ ausfallen wird.