DEVISENWOCHE

Fastenzeit des Euro ist bald vorbei

Von Sonja Marten *) Börsen-Zeitung, 20.3.2018 Der Euro ist mit soliden Gewinnen in das neue Jahr gestartet. Insbesondere gegenüber einem überaus schwachen US-Dollar konnte die Gemeinschaftswährung deutlich zulegen und dabei sogar wiederholt über...

Fastenzeit des Euro ist bald vorbei

Von Sonja Marten *)Der Euro ist mit soliden Gewinnen in das neue Jahr gestartet. Insbesondere gegenüber einem überaus schwachen US-Dollar konnte die Gemeinschaftswährung deutlich zulegen und dabei sogar wiederholt über 1,25 Dollar klettern. Seit Mitte Februar hat der Euro zwar eine leichte Korrektur durchlaufen, das Marktsentiment bleibt jedoch insgesamt positiv. Vor allem im Hinblick auf die Situation in Italien ist dies nicht selbstverständlich, schließlich war das Wahlergebnis nun noch schlechter (bzw. ungewisser), als der Markt erwartet hatte. Die Bildung einer stabilen Regierung wird durch das schwache Abschneiden etablierter Parteien erschwert. Gleichzeitig ist die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Zusammenarbeit der Parteien am extremen Rand des Spektrums kommt, deutlich gestiegen. Den Devisenmarkt ficht dies nicht an. Nicht nur zeigte der Euro bislang kaum Anzeichen von Verunsicherung, auch unser DZ Bank-FX-Volatilitätsindex ist auf dem niedrigsten Niveau seit Mitte Januar. Geschuldet ist die augenscheinliche Unempfindlichkeit des Marktes bzw. des Euro dem Zusammenspiel aus mehreren Faktoren. Zum einen hat sich das fundamentale Umfeld in der Eurozone im Verlauf des letzten Jahres deutlich aufgehellt. Ein BIP-Wachstum von 2,0 bis 2,5 % auf Jahressicht mag im internationalen Vergleich nicht überragend sein, für die Eurozone ist es jedoch eine dramatische Verbesserung. Hinzu kommt die Tatsache, dass es vor allem die am meisten betroffenen Länder waren, die 2017 eine signifikante Beschleunigung ihres Wirtschaftswachstums erfahren haben. Strukturelle Probleme bleiben in vielen Fällen zwar ungelöst, doch das solide Wachstum übertüncht diese Mängel. Die wirtschaftliche Erholung, gepaart mit einer leicht steigenden Inflationsdynamik, bereitet den Boden für eine Abkehr der EZB von der ultraexpansiven Geldpolitik. Dabei werden Draghi & Co. zwar naturgemäß sehr vorsichtig vorgehen, dennoch ist die geldpolitische Wende ein großes Plus für den Euro – und zwar potenziell gleich in zweierlei Hinsicht.Zunächst kommt dem Euro natürlich vor allem die positive Signalwirkung zugute. Dies war schon 2017 zu beobachten und dürfte auch im weiteren Verlauf dieses Jahres eine Rolle spielen. Zwar verliert die Geldpolitik im Lauf eines Zinserhöhungszyklus zunehmend an Bedeutung für die jeweilige Währung, das Einpreisen einer Trendwende hat jedoch umso größere Auswirkungen. So vollzog sich die geldpolitisch bedingte Aufwertung des Dollars vor der ersten Leitzinserhöhung. Seither kann der Dollar nur noch sehr vereinzelt von geldpolitischen Signalen der Fed profitieren. Die EZB hat zwar bereits erste Schritte unternommen, diese bezogen sich allerdings bislang “nur” auf das Anleihekaufprogramm (PSPP). Erste konkrete Zinserhöhungen werden erst im Verlauf des Jahres im Prognosehorizont auftauchen. Der Euro sollte hiervon erneut profitieren können.Doch auch der Rückzug aus PSPP hat Auswirkungen. Denn nach Jahren der EZB-Dominanz wird der europäische Staatsanleihemarkt wieder vermehrt in die Hände von privaten bzw. institutionellen Investoren zurückkehren müssen. Wie extrem die Entwicklung der vergangenen drei Jahre (seit Beginn der Anleihekäufe) war, lässt sich anhand einiger Zahlen zeigen. So war die EZB vor Beginn des Programms im Besitz von 10 % des ausstehenden Volumens europäischer Staatsanleihen. Ende 2017 lag ihr Anteil bereits bei 32 %. Massive Verdrängungseffekte waren vor allem im europäischen Bankensektor, aber auch bei ausländischen Investoren zu beobachten. Seit Beginn der EZB-Käufe haben ausländische Investoren fast 500 Mrd. Euro an EWU-Bonds verkauft, während heimische Investoren mehr als 1 000 Mrd. Euro in ausländische Bondmärkte investiert haben.Einen ersten Hinweis darauf, dass sich das Blatt langsam wenden könnte, gaben vorletzte Woche die japanischen Kapitalbilanzdaten: Investoren in Japan hatten im Januar massiv in französische und deutsche Staatsanleihen investiert und gleichzeitig US-Treasuries abgestoßen. Dies markiert eine durchaus bemerkenswerte Abkehr von den Trends der vergangenen Jahre. Ob die in Japan zu beobachtende Entwicklung nur ein Einzelfall war, wird sich in dieser Woche zeigen, wenn die Kapitalbilanzdaten für die EWU veröffentlicht werden. Doch selbst wenn diese (noch) nicht die erhoffte deutliche Verbesserung aufzeigen sollten, bleibt die Tatsache bestehen, dass viele Investoren nach den langen Jahren in der Eurozone untergewichtet sind. Die soliden Fundamentaldaten rechtfertigen aus unserer Sicht eine Rückkehr in den Markt, wovon auch der Euro profitieren sollte. Trumps FettnäpfchenDoch es ist nicht nur die europäische Seite der Medaille, die Hoffnung auf eine weitere Aufwertung des Euro macht. Schon in den vergangenen Monaten war zu beobachten, dass der Euro vor allem im Verhältnis zum Dollar an Wert gewann – und daran dürfte sich auf absehbare Zeit nicht viel ändern. US-Präsident Donald Trump lies zuletzt kein Fettnäpfchen aus, um sich bei internationalen Investoren unbeliebt zu machen. Chaotische Zustände im Weißen Haus, eine bestenfalls als erratisch zu bezeichnende Außenpolitik und natürlich die Drohung mit einem Handelskrieg … all dies wird Spuren am Markt hinterlassen. Zwar wird die Fed ihren Leitzins sukzessive weiter anheben, doch sollte der Dollar hiervon kaum noch profitieren. Euro-Dollar dürfte also auch in den kommenden Monaten soliden Boden unter den Füßen behalten.—-*) Sonja Marten ist Leiterin des Devisenresearch der DZ Bank.