Fed erwischt Investoren auf dem falschen Fuß
Die Federal Reserve hat viele Anleger damit überrascht, dass sie auf eine erste Drosselung der Anleihenkäufe verzichtet hat. Entsprechend stark fielen die Reaktionen an den Märkten aus. Analysten glauben allerdings daran, dass die Wirkung schnell wieder nachlassen wird.ck/kjo/kra Frankfurt – Die Aussicht auf einen unverminderten Zustrom frischen Kapitals seitens der Federal Reserve hat an den Finanzmärkten viele Akteure auf dem falschen Fuß erwischt. Gefragt waren in der Folge risikobehaftete Assets, aber auch an den Zinsmärkten befestigten sich die Kurse im Verlauf der Sitzung zum Teil deutlich. Bei den US-Treasuries fiel die Rendite im Bereich der zehnjährigen Laufzeit im Tagesverlauf zeitweise bis auf 2,67 % zurück nach 2,69 % zum Handelsschluss am Vortag. Im späten europäischen Handel lag die Rendite dann bei 2,72 %. Der Bund-Future mit Dezember-Fälligkeit kletterte im Verlauf bis auf 139,50 %. Bereits am Vortag hatte der richtungsweisende Zinsterminkontrakt stark reagiert und war nach der Bekanntgabe der Fed-Entscheidung um 80 Ticks gestiegen. Gewinne mitgenommenIm Verlauf des Handels entschieden sich Marktteilnehmer aber dazu, die Gewinne abzusichern. Am Abend lag der Bund-Kontrakt deshalb nur noch bei 138,64 % mit 92 Ticks im Plus. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe, die zeitweise bis auf 1,86 % gesunken war, notierte im späten Geschäft wieder mit 1,93 % nach 2,00 % am Mittwoch. 30-jährige Bundestitel warfen unverändert 2,75 % (Tagestief: 2,67 %) ab. Am kurzen Ende der Laufzeitenkurve kam es zu Renditerückgängen. Zweijährige Bundesschatzanweisungen rentierten abends mit 0,20 % nach 0,23 % am Vortag.Die Überraschung vieler Investoren wurde besonders an den Finanzmärkten der Schwellenländer sichtbar, an denen sich Akteure auf weiter fallende Währungen und Aktienkurse eingestellt hatten. Sie sahen sich nun gezwungen, schnell Positionen auszugleichen, was etwa dazu führte, dass der türkische Leitaktienindex Istanbul National 100 am Donnerstag um 6,4 % vorrückte und damit einen Teil seiner jüngsten Verluste egalisierte. In Fernost zog der Jakarta Composite Index um 4,7 % an und der indische Leitindex Sensex 30 immerhin um 3,4 %. Im MSCI Emerging Markets Index summierte sich die insgesamt sehr positive Entwicklung zu einem Zuwachs von mehr als 2 %.Europas Aktienmärkte zeigten sich zunächst ebenfalls von ihrer besten Seite. Sie vollzogen damit die Gewinne an der Wall Street vom Vorabend nach. Als sich abzeichnete, dass die US-Indizes ihre Zuwächse nicht weiter ausweiten werden, schmolzen die Aufschläge diesseits des Atlantiks allerdings schon wieder zusammen. Der Dax beendete den Handel somit 0,7% fester bei 8 694 Zählern, nachdem er vormittags bei 8 770,10 Punkten zunächst ein Rekordhoch markiert hatte. Der Euro Stoxx 50, der zunächst bei 2 955,47 Punkten den höchsten Stand seit Mai 2011 erreicht hatte, stieg um 0,9% auf 2 936 Zähler.Die Entwicklung bestätigt die Einschätzung vieler Marktanalysten, die in den nächsten Wochen erst einmal mit einer Konsolidierung an Europas Aktienmärkten rechnen. “Das Tapering ist nur aufgeschoben, aber nicht aufgehoben”, sagte Tammo Greetfeld, Aktienstratege im Research der Unicredit. “Der Dax dürfte in den kommenden Wochen deutlich niedriger notieren.” Die kurzfristigen Perspektiven bewerteten auch die Baader Bank und die WGZ Bank mit Zurückhaltung. Mit Blick auf das Jahresende sei dem Dax allerdings schon ein Anstieg auf 9 000 Punkte zuzutrauen, resümiert Frank Wohlgemuth, Aktienstratege des genossenschaftlichen Instituts.Die üppige Bereitstellung von Liquidität durch die Notenbanken gilt als wesentlicher Treiber der Aktienkurse in diesem Jahr, so dass die Entscheidung der Federal Reserve mittelfristig für einen weiteren Anstieg der Kurse spricht, so die Hoffnung auf eine konjunkturelle Belebung sich nicht in Luft auflöst, etwa weil sich die Schuldenkrise in der Eurozone nach der Bundestagswahl verschärft. Und auch die Wahl selbst kann zur Belastung werden, sollten beispielsweise die Liberalen den Einzug ins Parlament verfehlen und deshalb eine neue Regierungskonstellation notwendig werden. Das für die Jahresmitte 2014 formulierte Dax-Ziel von 8 750 Punkten sei aber gewiss zu niedrig, sagte Gerhard Schwarz, Aktienstratege der Baader Bank. Und Emmanuel Cau, Aktienstratege bei J.P. Morgan, geht davon aus, dass Investoren auf Basis des Fed-Beschlusses in nächster Zeit noch mehr Gelder an die günstig bewerteten europäischen Aktienmärkte steuern. Dollar auf TalfahrtDer Dollar baute seine deutlichen Verluste vom Vorabend aus. Dadurch kletterte der Euro, der vor der Verlautbarung der Fed noch bei 1,3370 Dollar umgegangen war, bis auf 1,3568 Dollar, womit er den höchsten Stand seit Februar erreichte. Noch stärker fielen die Kursavancen der zuvor schwer gebeutelten Schwellenländerwährungen aus, insbesondere der Valuten von Ländern mit hohen Leistungsbilanz- und/ oder Haushaltsdefiziten. So legte die indische Währung, die Ende August noch auf ein Rekordtief von 68,80 abgesackt war, gestern um 2,5 % auf 61,77 Rupien pro Dollar zu. Die DZ Bank reagierte mit einer Aufnahme von Emerging-Markets-Anleihen in ihr Musterdepot mit einer Gewichtung von 10 % und reduzierte dafür die Gewichtung der EWU-Staatsanleihen. “Im globalen Kontext erscheinen unter Anleihen nun Anlagen in Emerging Markets mit einem positiven Chance-Risiko-Verhältnis ausgestattet. Da sich die Kurse in den Emerging Markets nun deutlich vergünstigt haben, die Fed das QE 3-Programm aber fortsetzen wird, scheint nun der Zeitpunkt für einen Aufbau von Emerging-Markets-Anlagen gut geeignet.”Der Goldpreis, vor der Fed-Mitteilung bei 1 316, baute seine Vorabendgewinne ein Stück weit aus und kletterte bis auf 1 376 Dollar pro Feinunze. Dagegen wurde der Ölpreis von Gewinnmitnahmen gedrückt. Vor der Fed-Verlautbarung bei 109,50, stieg der Preis für die Sorte Brent bis auf 111,26, lag aber am Abend bei 108,85 Dollar.