Finanzbildung ist ein großes Thema – Wissen ermächtigt
Finanzbildung ist ein großes Thema – Wissen ermächtigt
Von Karin Kunrath
Frauen von Kapitalmarktinvestments zu überzeugen, ist eine sehr herausfordernde Aufgabe. Studien bringen Jahr für Jahr das gleiche oder zumindest ein ganz ähnliches Ergebnis zu Tage: Frauen meiden riskantere Investments, weil sie sich ganz allgemein deutlich weniger für Geldanlagen interessieren und sich im Einzelnen für zu wenig kompetent beim Finanzwissen halten. Hinzu kommt, dass sie auch oft zu wenig liquide sind, um bei der Vorsorge Verluste zu riskieren. All das führt dazu, dass Frauen an den Kapitalmärkten Chancen liegen lassen, die Männer sehr wohl für sich zu nutzen wissen. So wird die Kluft zwischen den Vermögen von Frauen und jenen von Männern immer größer anstatt kleiner. Viele versierte Kapitalmarktakteurinnen sehen es daher auch als Akt der Solidarität, Frauen die Möglichkeiten von Kapitalmarktinvestments näher zu bringen und engagieren sich dabei, ihr Know-how und Finanzwissen an die Frau zu bringen.
Risiken werden mitunter falsch eingeschätzt
Eine im Auftrag von Raiffeisen Capital Management durchgeführte Studie von marketmind zeigt, dass Frauen ihr Interesse an Geldanlagen auf einer Skala von 1-5 bei 2,8 sehen, während Männer hier im Durchschnitt bei 2,4 liegen. Ähnlich stellt sich das Bild beim Thema Finanzkompetenz dar: Bei der Einschätzung des eigenen Wissens zum Thema „Aktien, Anleihen und Fonds“ sehen sich Frauen im Durchschnitt bei 3,7, Männer hingegen bei 3,1. Testet man die Finanzkenntnisse ab, wissen Frauen auch tatsächlich weniger gut Bescheid. Speziell wenn es um die Bewertung von Risiken von Wertpapieren geht, klafft das Wissen deutlich auseinander: Bei der Frage, ob eine Anlage in Aktien eines einzelnen Unternehmens weniger riskant ist als die Anlage in einen Fonds mit Aktien ähnlicher Unternehmen, sind es nur 53,5 % der Frauen, die hier „nicht zustimmen“, bei den Männern sind es 73,2 %. Das eigene Finanzwissen zu stärken, bringt enorm viele Vorteile, weil Wissen eben auch hier Macht beziehungsweise Ermächtigung bedeutet. Wer neben klassischen Ansparformen auch andere Anlageprodukte kennt und weiß, wie sie funktionieren, hat für die persönliche Vorsorge einen wesentlich größeren Spielraum.
Der Kapitalmarkt ist für alle gleich: kein Heil in Frauenprodukten
Seit vergangenem Jahr haben wir bei mehr als 50 Veranstaltungen – Events für Kundinnen in Raiffeisenbanken, Kooperationen mit Frauennetzwerken und im Rahmen von Messen – insgesamt rund 3.800 Frauen erreicht. Wir erleben dabei, dass, wenn man Frauen gezielt anspricht, sie sehr offen für das Thema sind und im Nachgang auch sehr rasch aktiv werden. Frauen schätzen das angenehme Gesprächsklima innerhalb der eigenen „Peergroup“. Viele kommen schon sehr gut vorbereitet zu den Events und stellen ganz gezielt Fragen zu ihren persönlichen Investmentplänen. Das hat einen guten Grund, denn die Möglichkeiten an Kapitalmärkten zu investieren sind schier überwältigend, da ist es wichtig, ein paar Faustregeln zu kennen und sich auch daran zu halten, wie beispielsweise eine gute Streuung. Von einem vermeintlich maßgeschneiderten Frauenprodukt halten wir wenig: Der Kapitalmarkt ist für alle gleich. Es macht keinen Sinn, hier ein künstliches Silo für Frauen zu schaffen. Auch die Möglichkeit, mit einem Fondssparplan das Timing-Risiko zu verringern, ist eine gute Option. Fondssparen ist bereits ab 50 Euro monatlich möglich.
Globale Konjunktur trübt sich ein
In den letzten Wochen hat sich die Datenlage zur globalen Konjunktur eingetrübt. Vor allem enttäuschende US-Wirtschaftsdaten und schwächere Gewinnausblicke bei großen Technologiekonzernen haben die globalen Aktienmärkte belastet. Es scheint, als befürchteten Marktteilnehmer, dass die für September angekündigte Zinssenkung der US-Notenbank zu spät kommen könnte, um eine sanfte konjunkturelle Landung zu garantieren. Während die Konjunktur in China hinter den Erwartungen zurückbleibt, überraschten die USA bis vor Kurzem positiv, weisen nun aber erste Anzeichen nachlassender Dynamik auf. In Europa verhindert eine Strukturkrise in Deutschland eine deutliche Besserung der Konjunktur, während sich die Peripherieländer wie Spanien oder Portugal deutlich besser halten.
Eine sorgfältige Titelselektion bleibt weiterhin der Schlüssel für eine erfolgreiche Anlage und betrifft nicht nur die Aktien-, sondern auch die Anleiheseite. Mischfonds bieten im aktuellen Marktumfeld – je nach Risikoneigung der Anlegerinnen – eine interessante Alternative.
Karin Kunrath ist Chief Investment Officer bei Raiffeisen Capital Management.