IM GESPRÄCH: JOACHIM HEPPE, COMMERZBANK

Firmen strömen an den Bondmarkt

Historisch günstige Konditionen - Emissionen laufen sehr gut - Anleger setzen auf Nachrang- und Hybridtitel

Firmen strömen an den Bondmarkt

Die Unternehmensanleiheemissionen laufen sehr gut in diesem Jahr. Denn die Firmen können das Geld über den Bondmarkt zu historisch günstigen Konditionen erhalten. Für die Anleger geht damit die Suche nach dem Rendite-Pick-up weiter. Sie setzen deshalb häufig auf Nachrangpapiere und Hybrid-Bonds, um noch Zinseinkommen zu generieren.Von Kai Johannsen, FrankfurtDie Unternehmen finden an den Bondprimärmärkten hervorragende Refinanzierungsbedingungen vor. Die risikolosen Zinsen befinden sich nicht nur bei den Bundesanleihen, sondern auch in der Eurozonenperipherie auf oder nahe Rekordtiefs. Die Spreads sind ausgesprochen eng. Marktteilnehmer wie etwa Joachim Heppe, der bei der Commerzbank das Bond-Syndikat leitet, sprechen denn auch von einer positiven Emissionsstory in den Monaten Januar bis Juli dieses Jahres. “Ein mit BBB benotetes Unternehmen kommt gemessen an den aktuellen Sätzen der jeweiligen ausstehenden Anleihelaufzeiten des Emittenten derzeit im Durchschnitt auf gesamte Refinanzierungskosten von weniger als 2 %”, hält Heppe im Gespräch mit der Börsen-Zeitung fest. Das seien sehr gute Bedingungen, die man in der Vergangenheit so nicht vorgefunden habe.Der Kapitalmarkt in Europa stelle angesichts der geopolitischen Krisenherde – etwa in der Ukraine oder im Nahen Osten – eine erstaunliche Robustheit unter Beweis. An den guten Refinanzierungsbedingungen hat laut Heppe auch die Europäische Zentralbank (EZB) einen nicht unerheblichen Anteil. Sie habe die Marktteilnehmer nun schon verschiedentlich darauf eingestimmt, dass die Leitzinsen in der Eurozone noch geraume Zeit niedrig bleiben werden. “Somit bleibt von Seiten EZB das Niedrigrenditeumfeld weiterhin intakt. Wir haben hier keine Störfeuer zu befürchten”, sagt Heppe.Die Investoren stünden demzufolge aber weiter unter Handlungsdruck. Sie sind händeringend auf der Suche nach Zusatzeinkommen. “Das beobachten wir ja nun schon geraume Zeit, und das wird sich wohl noch einige Zeit fortsetzen. Die Anleger sehen sich deshalb auch Bond-Material von Adressen aus dem bonitätsschwächeren Bereich an, sie gehen in Nachrangpapiere oder suchen interessante Opportunitäten in den Emerging Markets, die nach der Schwäche ja offenkundig wieder besser laufen”, sagt der Anleiheexperte. Rekordmarke im BlickUnternehmensanleiheemissionen haben in den sieben Monaten dieses Jahres nach Berechnungen der Commerzbank ein Gesamtvolumen von circa 200 Mrd. Euro erreicht. Gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum sei das ein Plus von etwa 20 %. “Wenn der Markt mit dieser Rasanz weiterläuft, ist es nicht auszuschließen, dass wir das Rekordvolumen von 2009, als Papiere von um die 300 Mrd. Euro auf den Markt kamen, knacken”, so Heppe.Zu beobachten ist auch ein anderer Trend. Weil die Anleger Rendite bzw. Rendite-Pick-ups benötigen und sie deshalb zum Beispiel die Laufzeitenkurve hinaufwandern, reagieren die Unternehmen entsprechend: Sie setzen auf lange Laufzeiten. Laut Heppe hatten 40 % der Bonds, die im Euroraum emittiert wurden, Laufzeiten von zehn Jahren oder mehr. 2013 lag dieser Anteil bei 25 % aller Emissionen. An den Langläufern haben die Anleger auch jenseits der Corporates ein großes Interesse. So kam etwa der europäische Rettungsfonds EFSF (European Financial Stability Facility) mit einem 30-jährigen Titel an den Markt – der erste in diesem Laufzeitensegment seitens der Euroretter. Angedacht war ein Volumen in der Größenordnung von 1 bis 3 Mrd. Euro. Letzten Endes wurde das Anleihevolumen mit 4 Mrd. Euro festgezurrt. Die Orders erreichten ein Volumen von um die 6 Mrd. Euro. “Das spricht eine klare Sprache. Langläufer kommen gut an”, sagt Heppe.Zu den aktivsten Branchen in Europa zählen die Telekomunternehmen, vor Energie- und Versorgungsfirmen und den Automobilherstellern. Nach Regionen gestaltet sich das Bild wie folgt: Aus Deutschland und Frankreich kommen die meisten Bonds. Die Anteile beider Länder liegen bei jeweils 20 %. Es folgen US-Firmen mit 11 % sowie italienische und spanische Unternehmen mit Anteilen von 9 % und 7 %.Und die Unternehmen können sich über einen Nachfragemangel kaum beschweren, wie an den zum Teil sehr hohen Überzeichnungen abzulesen ist. Die Bonds gingen aber auch insgesamt betrachtet gut weg, auch wenn nicht immer sehr hohe Überzeichnungen vorliegen würden. Ein Highlight hinsichtlich der Überzeichnungen sei Royal Mail gewesen mit 11facher Überzeichnung. Der zehnjährige Bond über 500 Mill. Euro hatte einen Kupon von 2,375 %. Dreifach überzeichnet war der Titel von Bosch, die bekanntermaßen auch nicht ständiger Gast am Bondmarkt ist. Das ebenfalls zehnjährige Papier über 750 Mill. Euro bekamen die Anleger mit einem Kupon von 1,75 %. “Die Unternehmen müssen nicht viel bezahlen. Im Vergleich zu den ausstehenden Papieren der jeweiligen Adresse, d.h. der Sekundärmarktkurve, liegen die Neuemissionsprämien bei 0 bis 10 oder maximal 15 Basispunkten. Auch das ist im historischen Vergleich äußerst gering”, sagt Heppe. Stetig wachsendes AngebotStetig wächst zudem das Angebot im sogenannten Unrated-Segment. In diesem Jahr kamen in diesem Bereich bislang Bonds für rund 16 Mrd. Euro auf den Markt. Laut Heppe waren es 90 Transaktionen. “Dieses Segment, das über lange Strecken von deutschen Adressen dominiert wurde, ist mittlerweile deutlich internationaler geworden. Rund 70 % der Emissionen kommen von Unternehmen außerhalb Deutschlands”, sagt der Bond-Experte. Aus Deutschland kamen hier der siebenjährige ProSieben-Bond über 600 Mill. Euro mit einem Kupon von 2,625 % und die 500 Mill. Euro schwere Anleihe von Hochtief, die mit fünf Jahren Laufzeit ausgestattet ist und den Investoren ebenfalls 2,625 % Kuponzins zahlt.Die Anleger gehen aber nicht nur die Laufzeitenkurve herauf, um noch den Zusatzertrag generieren zu können. Sie wandern auch die Bonitätskurve nach unten für den gewünschten Pick-up. Somit finden auch die High Yielder gute Bedingungen am Markt vor. Nach Statistiken der Commerzbank kamen in diesem Jahr bislang hochverzinsliche Bonds im Umfang von rund 59 Mrd. Euro auf den Markt (inklusive Pfund-Sterling-Titeln und Dollar-Bonds). Damit errechnet sich für diesen Bereich ein Plus gegenüber dem Vergleichszeitraum von 2013 von 15 Mrd. Euro. Es waren in diesem Jahr 157 Deals. Auch der Anteil der südeuropäischen Adressen, also Italiens, Spaniens und Griechenlands, in diesem Segment ist gestiegen, und zwar von 22 % im vergangenen Jahr auf nun 25 %. Hier verweist Heppe auf Deals von Phoenix Pharma aus Mannheim, die einen siebenjährigen Bond über 300 Mill. Euro brachte, der einen Kupon von 3,625 % zahlt. Ein achtjähriger Bond kam von Fiat über 850 Mill. Euro mit einem Kuponzins von 4,75 %. Trend ist ungebrochen”En vogue sind aber ganz klar auch die Hybrid-Bonds, da sie ebenfalls mehr als die Straight Bonds bezahlen. Das kommt den Anlegern in diesem Umfeld verständlicherweise ebenfalls sehr gelegen”, sagt Heppe. Bayer hat in diesem Jahr über zwei Hybrid-Tranchen 3,25 Mrd. Euro aufgenommen. Bei GDF Suez waren es ebenfalls zwei Tranchen von Hybrid-Titeln, über die 2 Mrd. Euro eingesammelt wurden. “Nicht zu vergessen ist der Additional-Tier-1-Bond der Deutschen Bank, der in drei Währungen kam und ein Orderbuch von sage und schreibe 25 Mrd. Euro generierte”, so der Experte. “Am Markt können wir ungebrochen den Trend feststellen, dass die Unternehmen neben dem klassischen Bankkredit auf die Anleihe in der Refinanzierung setzen. Ein Beleg dafür ist beispielsweise die starke Nutzung des Bondmarktes seitens der Unrated-Adressen, die früher nicht so stark am Markt vertreten waren. Sie verbreitern durch die Anleihe ihre Refinanzierungsbasis und damit den Investorenkreis. Hier werden immer mehr Bondprogramme aufgelegt. Ein Trend, der sich aus heutiger Sicht fortsetzen wird”, so die Einschätzung von Heppe.