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Gebietskörperschaften mit Sustainable Bonds

Von Torben Skopnik *) Börsen-Zeitung, 17.10.2019 Investitionen in nachhaltige Anleihen sind weiter auf dem Vormarsch. Nachhaltige Investitionsansätze, auch als Socially Responsible Investing (SRI) bezeichnet, berücksichtigen ausdrücklich sog....

Gebietskörperschaften mit Sustainable Bonds

Von Torben Skopnik *)Investitionen in nachhaltige Anleihen sind weiter auf dem Vormarsch. Nachhaltige Investitionsansätze, auch als Socially Responsible Investing (SRI) bezeichnet, berücksichtigen ausdrücklich sog. ESG-Kriterien. ESG steht für Environmental, Social, Governance, d.h Umweltaspekte, Soziales und gute Unternehmensführung. Im weiten SRI-Universum bilden Green Bonds, Social Bonds und Sustainability Bonds Untersegmente des Impact-Investings. Dabei steht die gewünschte Wirkung, welche mit der Investition erzielt werden soll, für den Investor an vorderster Stelle bzw. gleichrangig zu finanziellen Zielen.Die Emission von Klimaschutz- und sozialen Anleihen ist ebenfalls in die “Nachhaltigen Entwicklungsziele” der Vereinten Nationen eingebettet, die im Jahr 2015 formuliert wurden. Diese sind in der Agenda für nachhaltige Entwicklung 2030 formuliert. Die Ziele umfassen soziale Maßnahmen wie den Kampf gegen Armut und Hunger oder für eine hochwertige Ausbildung, aber auch ökologische Ziele, die etwa das Leben an Land und unter Wasser betreffen. Die meisten Ziele jedoch haben auch hier einen sozialen und einen ökologischen Effekt – etwa der Zugang zu sauberem Wasser. Zahl der Emissionen steigtDen 17 nachhaltigen Entwicklungszielen folgt im Dezember des gleichen Jahres die UN-Klimakonferenz in Paris. Im Folgejahr stieg die Zahl der nachhaltigen Emissionen merklich an. Nachdem staatsnahe Emittenten den Markt bereitet hatten, stießen Unternehmen, Finanzinstitute und zuletzt Staaten ebenfalls in den Sektor vor. So haben in Europa bereits Frankreich, Belgien, Irland, die Niederlande und Polen grüne Staatsanleihen platziert. Aber auch unter dem Zentralstaat liegende Ebenen werden zunehmend aktiv.Gebietskörperschaften sind dabei durch die ihnen übertragenen Aufgaben zunächst prädestiniert für die Emission von Social Bonds. Ihnen obliegt die Bereitstellung der Infrastruktur, die allen Bürgern zugutekommt, etwa von Schulen, Krankenhäusern, der Wasserversorgung, Entsorgung. Auf der anderen Seite können die Grenzen zwischen sozialen und grünen Vorhaben verschwimmen, etwa bei einer nachhaltigen Stadtentwicklung oder der Modernisierung von Schulen oder Krankenhäusern. Diese Projekte können dann den Sustainable Bonds zugerechnet werden. Auf diese Weise können auch mehrere der 17 Nachhaltigkeitsziele der UN berücksichtigt werden.Auch der ICMA-Definition (International Capital Market Association) für Sustainability Bonds folgend, sind diese dadurch gekennzeichnet, dass ihre Erlöse eine Kombination aus grünen und sozialen Projekten finanzieren. Allerdings wird diese Differenzierung im Markt nicht einheitlich verwendet, da es oftmals auch schwierig ist, die geförderten Projekte trennscharf einer der beiden Kategorien zuzuordnen. Im laufenden Jahr waren bereits Gebietskörperschaften aus verschiedenen Ländern auf dem Markt für nachhaltige Anleihen aktiv. Bis zum Ende des dritten Quartals war es ein Volumen von 8,6 Mrd. Euro über 29 Transaktionen. Den größten Anteil stellten hierbei das Bundesland Nordrhein-Westfalen, die spanischen autonomen Regionen Madrid und das Baskenland sowie die belgischen Regionen Wallonien und Flandern. Allerdings waren auch die kanadischen Provinzen Ontario und Quebec mit großvolumigen Anleihen vertreten. Aus Skandinavien hingegen kamen zahlreiche Emissionen, die jedoch dem Volumen nach vergleichsweise gering ausgefallen sind. Bei den Währungen hatten die Investoren die Wahl zwischen Euro, kanadischen Dollar, schwedischen Kronen, Schweizer Franken und weiteren. Betrachtet man allein die Sustainable Bonds, so kommen alle Emittenten aus der Europäischen Union, wobei auch hier Deutschland den größten Anteil am Emissionsvolumen hat.Insgesamt wurden von Gebietskörperschaften seit 2008 bereits umgerechnet 30,8 Mrd. Euro an nachhaltigen Anleihen emittiert, wobei erst ab dem Jahr 2014 größere Volumen an den Kapitalmarkt gebracht wurden. Auch bei dem Volumen der jemals emittierten Bonds liegt Deutschland vorn. Betrachtet man die Bonität der Bonds, so verfügen über 70 % der Emittenten über ein Investment-Grade-Rating, die Hälfte sogar über eines im Bereich “AA” und “AAA”. Über kein Rating verfügten 19 % der Emittenten. Über die Hälfte der Laufzeiten liegen im Bereich von zehn bis 15 Jahren. Dies ist auch verständlich, da es sich bei den meisten Projekten um langfristige Infrastrukturmaßnahmen handelt. Die längste Laufzeit beträgt sogar 40 Jahre.Tatsächlich kommt für das gesamte deutsche Volumen derzeit das Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW) auf, welches am 6. März 2019 bereits seinen fünften Sustainable Bond emittiert hat. Dieser hatte ein Volumen von 2,25 Mrd. Euro, was das Bundesland mit Abstand das größte Volumen am Markt für Sustainable Bonds von Gebietskörperschaften einnehmen lässt. Emittiert wurde der Bond mit einem Spread von 10 Basispunkten (BP) gegen Asset Swap. Bis heute hat er sich auf etwa 0 BP eingeengt. Erlöse aus den Nachhaltigkeitsanleihen werden überwiegend für Bildung und Nachhaltigkeitsforschung verwendet, außerdem für die Modernisierung von Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen.Insgesamt ist NRW bereits seit 2015 mit Sustainable Bonds aktiv und hat mittlerweile 8,4 Mrd. Euro in dem Segment emittiert. Es folgen die Region Madrid mit 3,5 Mrd. Euro und die Region Ile-de-France mit 3,1 Mrd. Euro, wobei gerade die französische Hauptstadtregion unter den großvolumigen Anleihen nur noch Nachhaltigkeitsanleihen am Markt hat. Rendite- und Spreadvergleiche mit konventionellen Anleihen bringen hingegen nur wenig Aufschluss. Unterschiede sind häufig in Laufzeiten begründet, die nicht hundertprozentig kongruent sind. Allerdings scheint sich zuletzt ein Trend herauszukristallisieren, der nachhaltige Emissionen für Investoren etwas teurer erscheinen lässt als konventionelle Vergleichsanleihen. Diese Unterschiede resultieren unseres Erachtens jedoch vor allem aus der gestiegenen Nachfrage nach nachhaltigen Investitionsalternativen. Wachstum erwartetDer Markt für nachhaltige Anleihen wird weiter kräftig wachsen, und auch die Gebietskörperschaften werden ihren Teil dazu beitragen. Allein durch politische (Umwelt-)Regelungen und fortschrittlichere Techniken sind heute mehr Projekte dazu geeignet, mit nachhaltigen Anleihen finanziert zu werden. Bereits im Planungsprozess von Projekten müssen soziale und Umweltaspekte berücksichtigt werden. Von anderen Bundesländern gibt es derzeit allerdings keine Vorstöße, in den Markt für nachhaltige Anleihen einzusteigen, dies könnte sich aber bei einer veränderten politischen Ausrichtung schnell ändern, so verfügen die meisten Bundesländer bereits über eine manchmal mehr, manchmal weniger detailliert ausgearbeitete Nachhaltigkeitsstrategie. Das Potenzial für weitere Emissionen aus Deutschland ist also im Grundsatz vorhanden. *) Torben Skopnik ist Senior Investment Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg.