TECHNISCHE ANALYSE

Geht dem Dax die Luft aus?

Von Gregor Bauer *) Börsen-Zeitung, 5.11.2014 Die Geldspritzen der japanischen Notenbank zur Bekämpfung der dortigen Deflationstendenzen sowie starke Konjunkturdaten aus den Vereinigten Staaten zum Ende der vergangenen Woche trieben die Kurse an...

Geht dem Dax die Luft aus?

Von Gregor Bauer *)Die Geldspritzen der japanischen Notenbank zur Bekämpfung der dortigen Deflationstendenzen sowie starke Konjunkturdaten aus den Vereinigten Staaten zum Ende der vergangenen Woche trieben die Kurse an der Wall Street zum Handelsschluss des 31. Oktober auf neue Allzeithochs, und auch der Dax explodierte an diesem Tag mit einem Gap nach oben. Das deutsche Kursbarometer schloss mit einem Plus von 2,3 % gegenüber dem Schlusskurs vom Donnerstag. Widerstand durchbrochenDamit wurde auch die wichtige charttechnische Widerstandszone zwischen etwa 8 900 und 9 150 Punkten nach oben durchbrochen. Allerdings ist die Gefahr groß, dass dieser Sprung zunächst zu einem Teil korrigiert wird, bevor neue Käufer in den Markt kommen. Erste Tendenzen dazu wurden schon zu Beginn der aktuellen Handelswoche am 3. November erkennbar. Widersprüchliche Wirtschaftsdaten sorgten zum Handelsschluss für leichte Abgaben. So waren die Einkaufsmanagerindizes aus China und Europa schwächer als erwartet ausgefallen, allerdings lag dann der ISM-Index für Oktober, ein wichtiger Stimmungsindikator für die amerikanische Industrie, deutlich über den Erwartungen der Analysten. Dagegen trübte sich die Stimmung im amerikanischen Baugewerbe wieder etwas ein.Das ist für die europäischen Aktienmärkte insofern von großer Bedeutung, als sich beispielsweise der S & P 500 im Gegensatz zum Dax in der Nähe neuer Allzeithochs bewegt. Erfahrungsgemäß schießen Märkte oft über neue signifikante Hochs eine Zeit lang hinaus, um zunächst wieder zurückzufallen. Dann erst entscheidet sich die künftige Kursrichtung. Sind nämlich alle positiven Daten in der Hausse der letzten Monate eingepreist, fehlt die Fantasie für weitere Anschlusskäufe. Anleger in Deutschland sind skeptisch, ob die europäische Wirtschaft die Wachstumsdynamik wieder aufnehmen kann. Indikatoren noch bullishIn der Hausse der vergangenen Wochen könnten viele Vorschusslorbeeren schon eingepreist sein. Der Dax prallte am 16. Oktober der massiven Unterstützungszone zwischen etwa 8 450 und 8 550 nach oben ab, durchbrach dabei auch die Widerstandsmarke um 8 900 Punkte und bildet aktuell bei 9 340 Punkten einen kurzfristigen Widerstand. Trendfolgeindikatoren zeigen, wann sich ein Wert in einer Trendphase befindet. Im Chart abgebildet ist der Verlauf des Aroon-Indikators in seiner Zehn-Tage Einstellung (ARO), die den Kursverlauf gut widerspiegeltEin Aufwärtstrend wird signalisiert, wenn die Aroon-up-Linie (durchgezogene Linie) im oberen und die Aroon-down-Linie (gestrichelte Linie) im unteren Extrembereich verlaufen. Die Aroon-up-Linie bestätigt noch den aktuellen Aufwärtstrend. Zu beachten ist dabei, dass die Signalgebung aller Trendfolgeindikatoren konstruktionsbedingt zeitverzögert erfolgt. Noch kein AbwärtssignalUm das Wellenverhalten des Marktes zu bestimmen, kommen zusätzlich technische Oszillatoren zum Einsatz. Diese geben frühere Hinweise auf die Umkehrbewegung in einem Kursverlauf. In der Abbildung ist der Double-Smoothed-Stochastik-Oszillator nach Bressert (DSSBR) in seiner Zehn-Tage-Einstellung dargestellt. Die Indikatorlinie verläuft in der überkauften Zone, gibt aber noch kein Signal auf einen Abwärtsimpuls. Ein Verkaufssignal durch diesen Oszillator wird erst dann generiert, wenn die Indikatorlinie in den neutralen Bereich zurückfällt. Anleger bleiben investiertBestehende Positionen sollten gehalten, neue Positionen aber zurzeit nicht aufgebaut werden. Spekulative Trader steigen ab etwa 9 350 Punkte Long ein, mit einem Kursziel im Bereich zwischen 9 770 und 1 0050 Punkten, wobei noch die 200-Tage-Linie im Bereich um 9 510 Punkte verläuft. Diese Marke dient allerdings eher als Orientierung denn als Exit-Signal. Kurse tendieren im Allgemeinen dazu, mit hoher Volatilität um diese langfristige Linie zu schwanken, so dass Trader ein erstes Überschießen in Richtung 9 770 Punkte mitnehmen können. Der Eingangsstopp sollte bei etwa 9 100 Punkten platziert werden. Das aktuelle Gap zwischen 9 217 und 9 157 Punkten fungiert als kurzfristige Unterstützung. Kritische Zone um 8 900Bricht der Dax aber jetzt nach unten durch, ergibt sich aus dem Chart der Bereich um 8 900 als kritische Zone. Eine auf diesem Niveau einsetzende Verkaufswelle würde auf eine massive Änderung des Marktsentiments hindeuten, weitere Marktteilnehmer werden dann ihre Positionen glattstellen. Dieser Rutsch fände dann erst wieder im Bereich um 8 550 bis 8 450 Punkte mögliche Käufer. Damit wäre aber die gesamte Impulsbewegung zunichte gemacht und der Markt stände vor der Entscheidung der Ausbildung eines Doppelbodens oder der Bestätigung des Abwärtstrends. Dieses Szenario ist allerdings aus heutiger Sicht noch nicht auflösbar.—-*) Gregor Bauer arbeitet als selbständiger Portfolio Manager für Privatkunden und Firmen (www.drbauer-consult.de) und ist Vorstandsvorsitzender der Vereinigung Technischer Analysten Deutschlands e. V.