Geldmarktfonds stützen gebeutelte Treasury
Stütze für gebeutelte Treasury
Mittel fließen aus Fed-Fazilität und in US-Staatsanleihen – T-Bill-Investoren nervös
Geldmarktfonds stecken überschüssige Mittel wieder verstärkt in US-Staatsanleihen, statt sie in der Übernachtfazilität der Fed zu parken. Angesichts der Emissionsflut der Treasury gilt dies als willkommene Unterstützung. Allerdings lassen sich die Cash-Vehikel diese auch über deutlich höhere Zinsen vergüten.
Von Alex Wehnert, New York
Die Bond-Emissionsflut des US-Finanzministeriums verunsichert die Investoren an der Wall Street – nun schwingen sich Geldmarktfonds zur Stütze für die gebeutelte Treasury auf. Denn die Vehikel stecken ihre überschüssigen liquiden Mittel wieder verstärkt in amerikanische Staatsanleihen, statt sie bei der Federal Reserve zu parken. So sind die täglichen Transaktionsvolumina im Rahmen der Overnight Reverse Repurchase Facility (ON RRP) der Notenbank Ende der vergangenen Woche auf 1,283 Bill. Dollar gefallen.
Der Rückgang über die Sommermonate fällt damit drastisch aus: Gemäß Fed-Daten hatte sich der Gegenwert der über die Fazilität verkauften Papiere zum Jahreswechsel noch auf ein Rekordniveau von 2,554 Bill. Dollar aufgeschwungen und bis Anfang Juni oberhalb der Marke von 2 Bill. Dollar gehalten. Die Übernachttransaktionen stellen einen wichtigen Teil der Offenmarktgeschäfte der Notenbank dar und sollen dazu beitragen, die Geldmenge effektiv zu managen. Teilnehmer erwerben dabei Wertpapiere von der Fed, die diese am nächsten Tag für einen höheren Preis zurückkauft. Die Differenz zwischen Kauf- und Verkaufskurs streichen Investoren als Zinserträge ein.
Sorgen um Marktstabilität
Infolge der restriktiven Geldpolitik in den Vereinigten Staaten, eines niedrigeren Angebots an kurzlaufenden US-Staatsanleihen und hoher Marktvolatilität war die 2014 dauerhaft eingeführte, als hochsicher geltende ON RRP für Geldmarktfonds deutlich attraktiver geworden. Vor dem Jahr 2021 erreichten die täglichen Transaktionsvolumina höchstens mehrere 100 Mrd. Dollar – dann folgte ein steiler Aufschwung, der Sorgen um die Finanzmarktstabilität weckte.
Denn die Geldmarktfonds werden eigentlich als Teilnehmer an Auktionen der Treasury gebraucht. Und nachdem sich das US-Finanzministerium infolge des Streits um die Anhebung der Schuldenobergrenze in Washington fast während des gesamten ersten Halbjahrs kein Geld über neue Wertpapiere leihen konnte, muss es die ausgesetzten Emissionen seither nachholen. Ende Juli hob die Treasury ihre Schätzung für die Kreditaufnahme allein im dritten Quartal um 250 Mrd. auf 1 Bill. Dollar an, bis Jahresende dürften weitere großvolumige Auktionen insbesondere kurzlaufender Titel anstehen.
Höhere Zinsen erzwungen
An der Wall Street gehen Zweifel um, dass der Markt für die Flut aus Washington noch aufnahmefähig ist. Weil die Liquiditätssituation bei den als Primärhändler eingeplanten Banken auch nach dem Ende der Kollapswelle aus dem Frühjahr angespannt ist, kommt Geldmarktfonds eine besondere Rolle zu. Die Vehikel sitzen laut dem Verband ICI auf Assets im Rekordvolumen von mehr als 5,7 Bill. Dollar. Um sie in den Treasury-Primärmarkt zu locken, muss der Staat auf Schatzwechsel (T-Bills) aber höhere Zinsen bieten als die Fed im Rahmen ihrer Übernachtfazilität. Im Repo-Programm erhielten Teilnehmer annualisiert zuletzt 5,30%.
Dies wirkt sich auch auf den Sekundärmarkt aus. Die Benchmark-Rendite der zweimonatigen T-Bill belief sich am Dienstagvormittag New Yorker Zeit auf 5,4866%, der dreimonatige Schatzwechsel wurde mit 5,496% verzinst. Der sechsmonatige Titel rentierte Ende der vergangenen Woche mit 5,59% so hoch wie seit mehr als zwei Jahrzehnten nicht. Damit liegen die Renditen der Schatzwechsel immer noch deutlich über jenen der länger laufenden Staatspapiere – jedoch schwächt sich die Zinskurveninversion, die 2022 begann, ab.
Analysten sprechen von einem „Bear Steepening“: Die Renditen am langen Ende klettern ausgehend von niedrigeren Niveaus schneller als die Verzinsungen am kurzen, weil Investoren damit rechnen, dass der Fed eine weiche Landung für die Konjunktur gelingt. Dies, so die Erwartung, erlaube es der Notenbank, die Zinsen auch nach dem Ende ihres Erhöhungszyklus auf höheren Niveaus zu belassen. Zugleich sind zehn- bis 30-jährige Treasuries als Absicherung gegen einen konjunkturellen Abschwung weniger gefragt.
Gefährliche Überraschungen
Allerdings warnen Analysten davor, dass Überraschungen vonseiten der Fed die Verhältnisse erneut durcheinanderwirbeln könnten. Schon vor der jüngsten Sitzung des Offenmarktausschusses im September hofften Marktteilnehmer schließlich darauf, dass der Erhöhungszyklus sein Ende finden könnte, die Währungshüter signalisierten aber mindestens eine weitere Anhebung im laufenden Jahr.
Dass die Anleger nun entsprechend nervös sind, zeigt sich auch am Terminmarkt, wo die Risikotransfers Rekordniveaus erreichen. Das Open Interest auf Treasury-Futures an der Chicago Mercantile Exchange (CME) hat im laufenden Jahr einen Gegenwert von 2,4 Bill. Dollar erreicht, ein Anstieg von 49% gegenüber 2022. Täglich werden seit Anfang Januar im Durchschnitt 5,4 Millionen Kontrakte gehandelt und damit so viele wie noch nie.
Großbanken wie J.P. Morgan bezeichnen es im aktuellen Umfeld als besonders wichtig, die Risiken in der Assetklasse über den Terminmarkt abzusichern. Nervöse Investoren dürften indes gespannt auf neue Signale der Fed warten. Die Notenbank veröffentlicht am Mittwoch das Protokoll ihrer jüngsten Zinssitzung.