Gemischte Bilanz für Hedgefonds
Nach einem wenig berauschenden 2018 hat sich die Hedgefonds-Branche berappelt und hat im ersten Halbjahr – im Einklang mit der freundlichen Tendenz an Aktien- und Anleihemärkten – zugelegt. Dennoch setzten sich die Mittelabflüsse fort. Im Negativrenditeumfeld könnte sich dies aber ändern.Von Dietegen Müller, FrankfurtDie Hedgefonds-Industrie zählt zu den innovativsten Bereichen im Finanzmarkt. In einem Umfeld, das von zahlreichen Unsicherheiten geprägt ist, sollten besonders ausgeklügelte Anlagetaktiken besser abschneiden als der breite Markt. Allerdings ist dieses Versprechen im schwierigen Börsenjahr 2018 zumindest nach öffentlich zugänglichen Informationen mehrheitlich nicht eingelöst worden. Und obwohl die Entwicklung der Hedgefonds im laufenden Jahr deutlich besser aussieht, liegt sie unter der – vergleichsweise aber viel schwankungsanfälligeren – Performance der Aktienmärkte.Gemessen am Hedge Fund Research Fund of Funds Composite Index legten die Hedgefonds von Anfang 2019 bis Ende Juli aber nur rund 7 % zu, während der Weltaktienindex MSCI World im gleichen Zeitraum rund 15 % gestiegen ist. Der von Eurekahedge berechnete Hedge-Fund-Index legte seit Jahresanfang rund 6,5 % zu. Laut dem von Société Générale erstellen Nelson Report, der sich auf Daten aus dem eigenen Prime-Brokerage-Geschäft stützt, haben sich im ersten Halbjahr besonders Hedgefonds-Strategien für Aktien, die auf Long-Short-Strategien basieren, oder auf Quant-Strategien bezahlt gemacht. Alternative im RenditetiefZu den großen deutschen Investoren – beziehungsweise Zubringern – im Hedgefonds-Segment zählt auch die Bad Homburger Feri, die rund 1,3 Mrd. Dollar Assets under Management in Hedgefonds ausweist. Marcus Storr, Head of Alternative Investments bei Feri, erklärt im Gespräch, derzeit sei die Nachfrage seitens der Kunden “noch etwas verhalten”. Allerdings sei es wegen des Niedrigzinsumfelds und der damit verbundenen Ausbreitung von Negativrenditen an den Anleihemärkten für institutionelle Investoren immer schwieriger, noch Renditen ohne das Eingehen allzu großer Risiken zu erzielen. “Hedgefonds kommen hier ins Spiel, denn anders als ihr Ruf, rein spekulativ orientiert zu sein, handelt es sich um Einheiten, die eine kontinuierliche und möglichst schwankungsarme Rendite erzielen können.” Storr betont, angesichts der Vielfalt an Hedgefonds-Strategien und Strukturen sei es unabdingbar, sich vor einem Investment die Vehikel und insbesondere ihr Management genau anzuschauen. “Eine Rendite im Bereich von 3 bis 4 % pro Jahr sollte möglich sein”. Ein Viertel aus EuropaEin Problem, das einzelne Manager der Hedgefonds-Branche haben, ist die inzwischen erhebliche Summe an Kapital, die in diesen zumeist unregulierten Offshore-Vehikeln steckt. Laut Barclay Hedge haben die von Hedgefonds verwalteten Vermögen Ende des zweiten Quartals rund 2,3 Bill. Dollar erreicht, und in Managed Futures Strategien (Commodity Trading Advisor, CTA) wurden knapp 325 Mrd. Dollar verwaltet. Erfasst werden von Barclay Hedge über 7 000 Hedgefonds, wobei rund 58 % aus den USA und 24 % aus Europa stammen. Storr veranschlagt den weltweiten Markt auf rund 10 000 Hedgefonds, wovon rund 40 % auf Aktien-Long-Short-Strategien setzen würden.Hedgefonds können auch in Schwierigkeiten geraten, wenn sie zu groß werden und sich ihre Strategien nicht mehr angemessen umsetzen lassen. Insofern sind die zu beobachtenden Mittelabflüsse aus Hedgefonds nicht einmal negativ zu werten. Bereits im vierten Quartal 2018 sind netto 94,7 Mrd. Dollar abgezogen worden, da mehr Investoren sich aus Positionen zurückgezogen als neue aufgebaut haben. Und der Mittelabfluss hielt laut Eurekahedge auch in den ersten beiden Quartalen des laufenden Jahres an, wenn auch mit einer geringeren Rate. So sind laut Eurekahedge im ersten Vierteljahr netto 46,6 Mrd. Dollar und im zweiten Quartal netto 40 Mrd. Dollar aus Hedgefonds abgezogen worden.Im Juli ging es vor allem für US-Hedgefonds in der Performance aufwärts, vor Europa, während sich die Fonds in Japan und Lateinamerika schwach entwickelten und nur knapp die verwalteten Vermögen halten konnten. Im Juli schnitten laut Eurekahedge Multi-Strategie-Fonds besonder gut ab mit einem Plus von 6,7 Mrd. Dollar, während Long/Short-Aktienfonds 5,7 Mrd. Dollar Plus erzielten. Demgegenüber verbuchten Fonds, die sich auf Unternehmen mit Zahlungsschwierigkeiten (Distressed) konzentrierten, leichte Verluste.Nach wie vor werden auch mehr Hedgefonds geschlossen als neu aufgemacht. Laut Hedge Fund Research wurden im ersten Quartal 2019 exakt 213 Fonds dichtgemacht, während 136 neu eröffnet wurden. Damit blieben die Schließungen das dritte Quartal in Folge höher als die Neueröffnungen. Eine grundsätzlich reinigende Tendenz in einer etablierten der Industrie, meint Marcus Storr von Feri.Er schätzt die durchschnittliche Lebensdauer von Hedgefonds auf rund 5 bis 7 Jahre. Feri investiert dabei in Fonds mit deutlich längerer Lebenszeit, aber auch in jüngere Fonds, auch solche, die eben erst gegründet worden sind – “die Future Stars”, so Storr. Die Branche steht dabei in dem Ruf, besonders hohe Gebühren zu verlangen, was der Feri-Manager aber relativiert. “Die durchschnittliche Verwaltungsgebühr ist in dem von uns beobachteten Universum in den vergangenen Jahren von 1,8 % p. a. auf 1,2 % p. a. gesunken, und es gibt auch Mandate, bei denen keine Verwaltungsgebühr, sondern nur noch eine Performance Fee bezahlt wird.” Diese liege auch weit unter den früher üblichen 20 % p. a. “Die Investoren – und auch Feri – haben Verhandlungsmacht. Wenn große institutionelle Investoren bereit sind, in Hedgefonds zu investieren, können sie über Gebühren verhandeln, das hat sich im Vergleich zu früher deutlich gewandelt”, so Storr. Wetten gegen Hongkong-PegZu beliebten Investments für Hedgefonds zählen derzeit Anlagen in Gold – als Absicherung gegen sinkende Zinsen und eine weitere Zuspitzung von Handelskonflikten – sowie Wetten gegen den Peg des Hongkong-Dollars an den Dollar. Gegen die Anbindung des Hongkong-Dollars wettet etwa der Hedgefonds-Manager Crispin Odey, aber auch Hayman Capital Management oder Crescat Capital. Bisher ist es nicht gelungen, die seit 1983 bestehende Anbindung auszuhebeln. Die Unruhen in Hongkong, so die Wette dieser Hedgefonds, würden zu einer Rezession und womöglich zu einer militärischen Intervention Chinas verbunden mit Kapitalflucht führen und damit die Anbindung in Frage stellen. Andere Marktakteure gehen aber davon aus, dass dieses Worst-Case-Szenario nicht eintritt.Für Hedgefonds spielt nicht nur die Asset Allocation eine Rolle. Laut einer Untersuchung von zwei Wissenschaftlern an der Universität Manchester setzen Hedgefonds-Manager unter dem Druck von Mittelabflüssen tendenziell auf erfolgreichere Aktien als in Phasen ohne Mittelabflüsse. Dies gelte vor allem für Fonds, die eine hohe Managementgebühr aufweisen und zugleich lockere Kündigungsmodalitäten kennen, so Xinyu Cui und Olga Kolokolova, die an der Universität Konstanz zu Hedgefonds geforscht hat. Umgekehrt erwiesen sich Anlagen in Aktien, die von den Managern in einer Zeit gekauft werden, wenn der Fonds Zuflüsse verzeichnet, als Anlagen ohne Überrendite. Übereinstimmende InteressenEine andere Untersuchung, die vom National Bureau of Economic Research herausgegeben wurde (Autoren: Arpit Gupta und Kunal Sachdeva), hat ergeben, dass außenstehende Investoren bei solchen Hedgefonds, bei denen das Management einen substanziellen Anteil – einen sogenannten Insider-Anteil – selbst hält, schlechter wegkommen. Schätzungen zufolge dürften fast 15 % der investierten Mittel in Hedgefonds aus Eigenanlagen der Manager stammen.Marcus Storr von Feri ist hier aber dezidiert anderer Meinung. “Die von uns beobachteten Hedgefonds zeigen eine deutlich bessere Entwicklung, wenn auch die aktiven Manager in den Fonds mit ihrem eigenen Vermögen investiert sind. Dies ist sogar eines der zentralen Auswahlkriterien bei Feri – wenn die Interessen des Fondsmanagements mit den Interessen von externen Investoren übereinstimmen.” Dabei werde aber auch darauf geachtet, dass das Fondsmanagement nicht über die Jahre hinweg die Strategie verändere und sich in Bereiche hineinbewege, die jenseits der Kompetenzen der Manager lägen.