General Dynamics enttäuscht die Anleger
Von Dieter Kuckelkorn, FrankfurtWie fast alle amerikanischen Rüstungskonzerne hat sich auch General Dynamics in den vergangenen Jahren an der Börse sehr positiv entwickelt. Auf Sicht von fünf Jahren hat sich der Kurs verdoppelt, während der Benchmark-Index S & P 500 auf einen Anstieg von etwas mehr als 50 % gekommen ist. Hätte man diese Betrachtung im März dieses Jahres angestellt, so hätte man sogar ein Kursplus der Aktie von mehr als 150 % konstatieren können.Seither jedoch ist der Titel stärker noch als andere Rüstungsaktien deutlich unter Druck geraten – u. a. ein Ergebnis der auslaufenden Wirkung der Trump’schen Steuererleichterungen. Gegenüber dem Allzeithoch vom 9. März hat die Aktie fast 20 % an Wert eingebüßt. Im Vergleich zum Stand vom Jahresanfang ergibt sich ein Minus von 9 %, womit General Dynamics deutlich schlechter abgeschnitten hat als beispielsweise Lockheed Martin mit einem Minus von knapp 3 %, Raytheon mit einem Kursverlust von rund 1% und Textron mit ebenfalls -1 %. Boeing kam im gleichen Zeitraum sogar auf ein enormes Kursplus von rund 26 %, was aber vor allem auf die Entwicklung der Zivilflugzeugsparte und weniger auf die Rüstungsaktivitäten zurückzuführen ist. General Dynamics verfügt mit dem Business-Jet-Hersteller Gulfstream zwar auch über eine Zivilflugzeugsparte, die zuletzt im dritten Quartal aber ein im Vorjahresvergleich um 1,3 % rückläufiges Ergebnis und einen im Quartalsvergleich um 5 % gesunkenen Auftragsbestand einräumen musste. Massiver KursverlustDas vergleichsweise schlechte Abschneiden der Aktie von General Dynamics im laufenden Jahr ist unter anderem auf einen massiven Kursverlust von 7,7 % am 24. Oktober zurückzuführen, als das Unternehmen die Anleger mit seinem Quartalsergebnis und einer Umsatzwarnung für 2018 enttäuschte. Es handelte sich um den größten Tagesverlust des Titels seit der Finanzkrise. Es kam dabei nicht gut an, dass General Dynamics in drei Kernsegmenten rückläufige operative Gewinne ausweisen musste. Gleichwohl bleiben die Analysten dem Konzern treu. Von insgesamt 23 Banken raten 16 zum Kauf. Fünf empfehlen, die Aktie im Portfolio zu halten, und nur zwei Häuser legen ihren Kunden den Ausstieg nahe. Das liegt vor allem daran, dass mit einem weiter steigenden US-Verteidigungshaushalt gerechnet wird, der den Konzernen auch in den nächsten Jahren einen warmen Geldregen bescheren dürfte. Zudem ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) auf Basis der Schätzungen für die kommenden zwölf Monate mit 16 günstiger als bei wichtigen Konkurrenten.General Dynamics ist nach Lockheed Martin, Raytheon, der britischen BAE Systems, Northrop Grumman und Boeing der sechstgrößte Rüstungskonzern der Welt. Die Wurzeln des Konzerns liegen im Schiffbau und dort insbesondere im Bau von U-Booten. Dort ist das Unternehmen auch weiter stark engagiert. So darf der Konzernbereich Electric Boat damit rechnen, gemeinsam mit dem Wettbewerber Huntington Ingalls Industries die künftige Generation der atomgetriebenen Jagd-U-Boote zu bauen. Derzeit fertigt Electric Boat bereits die aktuellen Jagd-U-Boote der Virginia-Klasse, die bis 2033 gebaut werden soll. General Dynamics darf auch erwarten, am Bau der nächsten Generation der mit Atomraketen bestückten U-Boote der Columbia-Klasse zentral beteiligt zu werden, die ab 2021 gebaut werden soll. Der Konzern stellt aber auch Überwasserschiffe für die US Navy her, so etwa die futuristisch aussehenden Zerstörer der Zumwalt-Klasse oder die erfolgreichen Zerstörer der Arleigh-Burke-Klasse. Zudem baut und wartet der Konzern für die US-Armee die Kampfpanzer vom Typ M1A2 Abrams und die Stryker-Schützenpanzer. Neben den Gulfstream-Jets wird auch noch das in die Jahre gekommene Kampfflugzeug F-16 hergestellt. Das Unternehmen baut zudem seine Aktivitäten im Bereich der Informationssysteme für Regierung und Sicherheitsorgane aus, zuletzt mit der Übernahme des Softwarekonzerns CSRA für 6,8 Mrd. Dollar. Gerade dieser Bereich gilt als ein stark wachsendes Geschäft.Was die zukünftige Auftragslage betrifft, gibt es wie bei allen US-Rüstungskonzernen erhebliche Risiken. Die Waffensysteme sind schlicht zu teuer geworden. So kostet ein einziges Jagd-U-Boot inzwischen 3 Mrd. Dollar und für die neuen U-Boote der Columbia-Klasse als Rückgrat der Atomstreitmacht der USA wird das Pentagon mehr als 5 Mrd. Dollar pro Stück überweisen müssen. Es erscheint zweifelhaft, dass der vor allem wegen der Rüstungsausgaben immer tiefer ins Defizit rutschende US-Staatshaushalt die Belastungen auf Dauer aushalten wird. Desaster der Zumwalt-KlasseZudem gibt es auch erhebliche technologische Risiken, wie General Dynamics mit dem Desaster der Zerstörer der Zumwalt-Klasse erfahren musste, die bei astronomischen Kosten weit hinter den Fähigkeiten ihrer Vorgängermodelle der Arleigh-Burke-Klasse zurückbleiben. So dürften auch die technologisch sehr fortschrittlichen U-Boote der Columbia-Klasse den Herstellern noch erhebliche Probleme bereiten. Verschlechtert haben sich auch die Exportaussichten der US-Rüstungsindustrie, da es insbesondere mit Wettbewerbern aus Russland und China technologisch teilweise leistungsfähigere und preisgünstigere Konkurrenten gibt.Die Analysten von J.P. Morgan sehen auch in der kurzfristigeren Perspektive Schwierigkeiten. Sie kritisieren, dass die Nachfrage bei Gulfstream zwar “o.k., aber nicht hervorragend” aussehe. Der Mehrjahresausblick im Bereich der gepanzerten Fahrzeuge sei eine Herausforderung, und die Marine-Sparte benötige im vierten Quartal ein deutlich größeres Umsatzwachstum, was als kaum möglich angesehen wird. Sie stufen die Aktie mit “Underweight” ein, bei einem Kursziel von 205 Euro. Die Konsensschätzung für das 12-Monats-Kursziel liegt aber bei 223 Euro, was einem Kursanstieg von immerhin 25 % entsprechen würde.