Gleichlauf "wenig offensichtlich"

IKB-Chefvolkswirt Bauknecht hält Rolle der US-Zinsen für Schwellenländerwährungen für überbewertet

Gleichlauf "wenig offensichtlich"

Steigende US-Zinsen gelten als eine der Hauptursachen für die teils deutliche Abwertung von Schwellenländerwährungen in diesem Jahr. Dem widerspricht IKB-Chefvolkswirt Klaus Bauknecht. In einer Studie vertritt er die These, die Abwertung spiegele eher die Entwicklung in einzelnen Ländern.sts Frankfurt – Der Wert des argentinischen Peso hat sich im laufenden Jahr gegenüber dem Dollar fast in Luft aufgelöst, jener der türkischen Lira nahezu halbiert. Und eine ganze Reihe anderer wichtiger Schwellenländerwährungen ist ebenfalls deutlich unter Druck geraten. Der südafrikanische Rand hat gut 18 % abgewertet, bei der indischen Rupie sind es 16 % und beim brasilianischen Real 14 %. Als Hauptursache für den teils drastischen Verlust an internationaler Kaufkraft der Länder gilt gemeinhin der Anstieg der US-Zinsen. So hat der Leitzins der Federal Reserve inzwischen die Marke von 2 % übersprungen. Am Markt wird ein Anstieg in Richtung 3 % im kommenden Jahr erwartet.Doch die These, steigende US-Zinsen seien der Hauptgrund für die Schwäche der Schwellenländerwährungen, stößt auf Widerspruch von Klaus Bauknecht, Chefvolkswirt der Düsseldorfer Bank IKB. “Ein grundsätzlicher Gleichlauf scheint weniger offensichtlich”, schreibt er im Hinblick auf die Schwellenländerwährungen in einer der Börsen-Zeitung vorliegenden Studie. “Steigende US-Zinsen haben alleine nur einen sehr begrenzten Einfluss auf das systematische Risiko der Devisenkurse von Schwellenländern”, schreibt er. “Die Behauptung, dass Devisen der Schwellenländer alleine aufgrund der US-Geldpolitik gemeinsam auf- oder abwerten, lässt sich demnach nur sehr begrenzt bestätigen.” AnsteckungseffekteBauknecht zufolge werde in Zusammenhang mit steigenden US-Zinsen oftmals auf einen gemeinsamen Abwertungsdruck von Schwellenländerwährungen verwiesen, wofür der Begriff Ansteckungseffekte verwendet werde. Die Argumentation in diesem Fall ist: Steigende US-Renditen verstärken den Druck auf die Devisenkurse der Schwellenländer, da die US-Renditen attraktiver werden, was zu einem Abfluss von Kapital aus den Schwellenländern und damit zu Abwertungen ihrer Währungen führt. Bauknecht zufolge könne eine gleichzeitige Abwertung von Schwellenländerwährungen jedoch vor allem auf trübe Konjunkturaussichten bzw. die zunehmende globale Risikoaversion zurückgeführt werden; ein Umfeld, das eher durch sinkende als steigende US-Zinsen gekennzeichnet sei.In seiner Untersuchung kommt der Ökonom zu dem Ergebnis, dass ein grundsätzlicher Gleichlauf der Schwellenländerwährungen “wenig offensichtlich” erscheine. “Der systematische Gleichlauf ist für die Schwellenländer nicht höher, sondern eher geringer als für die Industrieländer, die aufgrund ihrer stabilen und relativ einheitlichen Bonitätsbewertung von globalen Entwicklungen wie einer Dollar-Stärke bzw. -Schwäche besonders betroffen sind. Ansteckungseffekte gelten somit für Devisenkurse von Schwellen- als auch von Industrieländern; allerdings sind die Treiber andere.” Bei der Analyse der Treiber von Kursbewegungen kommt er auf die Entwicklung in den einzelnen Ländern und die Risikoeinschätzung der Märkte. Die allgemeine Risikoaversion allein erkläre rund 30 % des dominantesten gemeinsamen Treibers der Devisenkurse und sei somit der bedeutendste Bestimmungsfaktor. “Die Devisenkurse von Schwellenländern reagieren weniger auf die Entwicklung von Dollar oder US-Renditen, sondern eher auf länderspezifische Risikoeinschätzungen bzw. die zunehmende globale Risikoaversion der Märkte”, lautet das Fazit.