Goldnachfrage bricht ein
xaw Frankfurt
Die globale Goldnachfrage ist 2020 zum ersten Mal seit elf Jahren unter das Niveau von 4000 Tonnen abgerutscht. Laut der Lobbyorganisation World Gold Council (WGC) brach das Volumen gegenüber 2019 um 14% auf 3759,6 Tonnen ein. Dazu habe auch ein schwaches viertes Quartal beigetragen, in dem die Nachfrage im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 28% auf 783,4 Tonnen absackte. So niedrig war sie über drei Monate betrachtet zuletzt im zweiten Quartal 2008.
Die Schmucknachfrage gab zwischen Oktober und Dezember um 13% auf 515,9 Tonnen nach, für das Gesamtjahr 2020 bedeutet dies ein Minus von 34% auf ein historisches Tief von 1411,6 Tonnen. Die Goldkäufe der Zentralbanken entwickelten sich derweil mit –59% auf ein Volumen von 273 Tonnen ebenfalls stark rückläufig.
Auch bei den Gold-ETFs, die über das Gesamtjahr 2020 hinweg Rekordzuflüsse von 877,1 Tonnen mit einem Gegenwert von 47,9 Mrd. Dollar erreicht hatten, verlangsamte sich der positive Trend bereits im Oktober und kehrte sich im November schließlich um. Legte die gesamte Investmentnachfrage, inklusive börsengehandelter Produkte, Barren und Münzen, im Gesamtjahr um 40% auf den Höchstwert von 1773,2 Tonnen zu, standen im Schlussquartal Abflüsse von 130 Tonnen zu Buche. „Das lässt sich auf ein allgemein verbessertes Investorensentiment an den Märkten infolge der Fortschritte bei der Entwicklung von Corona-Impfstoffen zurückführen“, sagt Louise Street, Marktanalystin des WGC. Zudem habe auch der Sieg von Joe Biden bei den US-Präsidentschaftswahlen für Abschiede aus dem sicheren Hafen Gold und eine leichte Preiskorrektur gesorgt.
Marktumfeld intakt
Allerdings hätten sich die Abflüsse aus Gold-ETFs im Dezember schon wieder verlangsamt, Anfang 2021 seien bereits wieder Zuflüsse zu beobachten. „Das Marktumfeld, das seit Ende 2019 für eine höhere Investmentnachfrage gesorgt hat, ist weiterhin intakt“, sagt Street. Die Negativzinsen und die Ausweitung der Staatsschulden erhöhten aus Sicht der Investoren schließlich die Wahrscheinlichkeit einer Inflationsbeschleunigung. Im Gegensatz zu Kryptowährungen, die in den vergangenen Monaten stark von Sorgen vor einer massiven Geldentwertung profitierten, sei Gold ein weitaus weniger spekulatives Asset und werde deshalb auch breiter anerkannt bleiben. „Viele Investoren betrachten die starke Performance von Risiko-Assets, darunter auch Aktien, derzeit vorsichtig. Für sie ist Gold weiterhin ein attraktiver Hedge“, fügt Street hinzu.
Derweil hat Deutschland Indien bei der privaten Investmentnachfrage nach Barren und Münzen 2020 überholt und liegt global hinter China auf Platz 2. Deutsche Retail-Anleger fragten ein Rekordvolumen von 163,4 Tonnen im Gegenwert von 8,1 Mrd. Euro nach. Dass Banken Negativzinsen an Kunden weiterreichen, beschert Gold laut WGC als Mittel zur Vermögenssicherung Zulauf. „Möglicherweise spielt das auch aufgrund historischer Erfahrungen mit Inflation in Deutschland eine größere Rolle als in anderen europäischen Ländern“, sagt Street.