Green-Bond-Performance – die Struktur macht den Unterschied
Gastbeitrag: Anlagethema im Brennpunkt (321)
Struktur ist entscheidend bei Green-Bond-Performance
„Green Bonds entwickeln sich besser als vergleichbare Anleihen ohne Nachhaltigkeitscharakter.“ Was ist dran an dieser pauschalen These? Nicht viel, denn abgesehen von den Anfangsjahren erklären strukturelle Unterschiede hinsichtlich Sektorenstruktur, Duration und Rating das Gros der relativen Entwicklung beider Segmente.
Das Green-Bond-Segment (ff. grüner Index) stellt aktuell für 13% des Volumens der Euro-Investment-Grade-Unternehmensanleihen (ff. Gesamtmarkt). Der grüne Index weist in wesentlichen Bereichen ein höheres Risiko auf. So liegen Zins- und Spread-Duration jeweils rund 0,3 Prozentpunkte über dem Gesamtmarkt. Die beiden Kennzahlen geben an, wie Anleihepreise auf eine Veränderung der Zinsen oder bonitätsbedingten Kreditrisikoaufschläge (ff. Spreads) reagieren. Die höhere Spread-Duration kann bei steigenden Spreads zu einer Minderperformance des grünen Index im Vergleich zum Gesamtmarkt führen. Kompensierende Effekte auf die Wertentwicklung können sich jedoch ergeben, wenn gleichzeitig die risikolosen Zinsen sinken. In einem freundlichen Marktumfeld sollte es sich genau umgekehrt verhalten. Ein Marktumfeld mit sinkenden risikolosen Zinsen und fallenden Spreads ist besonders positiv für den grünen Index.
Die durchschnittliche Bonität fällt im grünen Index mit "BBB+" gegenüber "A-" niedriger aus und der grüne Index weist höhere Konzentrationsrisiken auf. Rund ein Viertel der grünen Anleihen entfällt auf die Top-10-Emittenten, während es im Gesamtmarkt nur etwas mehr als ein Zehntel ist. Mit einem Indexgewicht von 75%, gegenüber 45% im Gesamtmarkt, dominieren Versorger, Immobilien und Banken den grünen Index. Sie haben damit einen maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung des grünen Index. Trotz der abweichenden Risikostruktur fällt der Unterschied bei der laufenden Verzinsung mit aktuell 10 Basispunkten nur gering aus.
In dem freundlichen Marktumfeld der Jahre 2019 und 2020 erzielte der grüne Index 1,3% mehr als der Gesamtmarkt. Dies ist unter anderem auf die gestiegene Nachfrage nach Green Bonds von nachhaltigen Investmentfonds und institutionellen Investoren zurückzuführen, die auf ein zwar wachsendes, aber immer noch begrenztes Angebot an Green Bonds traf. Die Corona-Pandemie verschärfte die Nachfragesituation zusätzlich. Zudem führten die Stützungsmaßnahmen der EZB ab März 2020 zu einem Rückgang der risikolosen Zinsen und fallenden Spreads. Davon profitierte der grüne Index aufgrund seiner höheren Sensitivitäten überproportional.
Seit Anfang 2021 trübte sich das Marktumfeld zunehmend ein. Steigende Inflationsraten, der Krieg in der Ukraine und das Ende der ultraexpansiven Geldpolitik verschärften die Situation und führten zu steigenden Zinsen und Spreads. Auch belasteten die Übergewichte im zinssensitiven Immobiliensektor und bei den von der Energiekrise besonders betroffenen Versorgern den grünen Index. Die Wertentwicklung lag in diesem Zeitraum 2,7% unterhalb des Gesamtmarktes.
Segment wächst weiter
Im Jahresverlauf 2023 hat sich die Situation stabilisiert und der grüne Index weist wieder eine Outperformance auf. Fallende Spreads plus ein sich stabilisierendes Zinsumfeld zählten zu den Performancetreibern. Auch die Sektorenstruktur wirkte sich positiv aus. Trotz der unverändert großen wirtschaftlichen Herausforderungen im Immobiliensektor engten sich die Spreads bei dem im grünen Index hoch gewichteten Sektor überproportional ein.
Das Green-Bond-Segment dürfte in den nächsten Jahren seinen Wachstumstrend fortsetzen und einen zunehmend steigenden Anteil des Gesamtmarktes ausmachen. Unterschiede in der Sektorenstruktur bleiben vermutlich ebenfalls bestehen. Versorger werden weiter eine treibende Rolle spielen, da diese aufgrund der Transformation der Energiewirtschaft von einer intuitiven grünen Mittelverwendung profitieren. Für Banken gilt Ähnliches: In der Refinanzierung des Kreditgeschäfts für z. B. energetische Sanierungen und Elektromobilität ist dies ebenfalls nachvollziehbar. Für Immobilienunternehmen bleibt das neue Zinsumfeld zumindest vorerst herausfordernd.