Green Bonds auf dem Vormarsch

Junges Anleihesegment wächst international kräftig und steht vor entscheidenden Herausforderungen

Green Bonds auf dem Vormarsch

Der Markt für grüne Anleihen zeigt wie das gesamte Segment nachhaltiger Kapitalanlagen seit Jahren ein enormes Wachstum. Die Zahl der Emittenten nimmt stetig zu, die Emissionsvolumina schießen fast explosionsartig in die Höhe. Der noch sehr junge Markt steht aber auch vor gewaltigen Herausforderungen. Denn in diesem Anfangsstadium mangelt es an Standardisierungen und einheitlichen Definitionen. Diese Aspekte diskutierten Experten der DZ Bank und der Förderbank KfW gestern in Frankfurt.kjo Frankfurt – Grüne Anleihen sind wie das gesamte Marktsegment der nachhaltigen oder verantwortungsbewussten Kapitalanlagen (ESG, Environmental, Social and Governance) für Emittenten und Investoren längst kein reines Modethema mehr, sondern gehören heute zum Standardrepertoire der internationalen Kapitalmärkte. Experten gehen in den kommenden Jahren von einem starken Wachstum und noch weiter zunehmender Akzeptanz dieser Anlage und damit einer weiteren Etablierung in Investorenportfolios aus.Kamen 2012 grüne Anleihen, mit denen zum Beispiel Projekte zur Reduktion von CO2-Emissionen oder andere Umweltprojekte finanziert werden, für gerade einmal 2 Mrd. Euro auf den Markt, war es nur vier Jahre später schon ein Umfang von 68 Mrd. Euro. HSBC schätzt, dass es in diesem Jahr auf 90 bis 120 Mrd. Euro gehen könnte. Das Gesamtmarktvolumen liegt nach Angaben der KfW derzeit bei 178 Mrd. Euro ausstehender grüner Bonds.Der SSA-Bereich (Supranationals, Sub-Sovereigns und Agencies) und innerhalb dieser Gruppe die Förderbanken wie die Europäische Investitionsbank (EIB) oder die KfW haben den Boden für den Green-Bond-Markt bereitet, hielt die DZ Bank bei dem zusammen mit der KfW veranstalteten Pressegespräch zum Markt der grünen Anleihen fest. Der erste Green Bond von der EIB kam im Jahr 2007 als sogenannter Climate Awareness Bond. Die EIB ist heute die größte Emittentin von Green Bonds. Die KfW folgte 2014 mit ihrem Bond-Debüt in diesem Markt und ist seit April 2015 auch als Investor in diesem Segment tätig. Bei der DZ Bank gibt es derzeit ebenfalls Pläne, in diesen Markt als Emittent einzusteigen, wie Wolfgang Köhler, Kapitalmarktvorstand des Hauses, festhielt. Derzeit sei man aber noch in der Phase der Prüfung, in welcher Form das geschehen soll. Denkbar sei ein Weg über die Hypothekenbanken des Hauses. Was ist denn “grün”?Immer mehr Investoren sehen sich das Segment der nachhaltigen Kapitalanlagen und hierbei auch den Markt der Green Bonds an. Frank Scheidig, Global Head of Senior Executive Banking bei der DZ Bank, verweist auf Umfragen, wonach 40 % der öffentlichen Investoren weltweit einen Ausbau ihrer Anlage in Green Bonds auf bis zu 3 % des Gesamtportfolios in den nächsten 12 bis 24 Monaten planen.Auf dem Weg dahin sieht Scheidig den Markt der Green Bonds aber noch vor erheblichen Herausforderungen stehen. Zu den drei wesentlichsten zählt er fehlende oder uneinheitliche Standards bezüglich der Qualifikation von Assets als “grün”. Dies wird von vielen Experten als ein sehr gravierendes Problem angesehen. Eine mindestens EU-weite Standardisierung wäre für Scheidig wünschenswert. Die Green Bond Principles, denen sich diverse Emittenten schon verpflichten, seien eine geeignete Richtschnur. Eine weitere Herausforderung sieht Scheidig in dem Monitoring der Einhaltung der Standards bei erworbenen Assets. Schließlich verweist er auf die derzeitige Unreife des Marktes. Es gebe nur eine geringe Liquidität, es fehle oft an Benchmarks.Marcus Pratsch, der bei der DZ Bank das Nachhaltigkeitsresearch leitet, sieht neben diesen fehlenden Standardisierungen auch ein Problem in der Identifizierbarkeit von grünen oder nachhaltigen Projekten. Kritisch setzt sich Pratsch auch mit der Qualität und Vergleichbarkeit der Second Party Opinions auseinander. Angemerkt wird, dass diese vom Emittenten bezahlt werden, was als nicht ganz unumstritten in der Branche gilt. Die starke Zunahme der Diversifizierung des Marktes im Hinblick auf die Emittenten berge die Gefahr des Greenwashing. Da es immer mehr grüne Anleihen gibt, die nach unterschiedlisten Kriterien so genannt werden, läuft der Markt Gefahr, dass die Abgrenzungen unübersichtlich werden.Frank Czichowski, Treasurer der KfW, macht zudem auf den Aspekt der Abgrenzung und klaren Zuordnung von Einflüssen aus einem finanzierten Projekt aufmerksam. Mit einem Green Bond werde beispielsweise ein Projekt zur CO2-Reduktion finanziert, dieses weise auch entsprechende positive Effekte auf, aber das Ausmaß, das man über genau dieses Projekt mit dem entsprechenden Bond-Erlös finanziere, sei nicht genau quantifizierbar. Auch die EZB ist wichtigGrüne Anleihen treffen am Markt auf eine gute Nachfragesituation. Regelmäßig sei bei Emittenten zu beobachten, dass die grünen Anleihen auf den Renditeniveaus der herkömmlichen bzw. nichtgrünen Anleihen notierten. Scheidig und Czichowski sehen die Verfassung des Marktes für grüne Anleihen aber auch im Zusammenhang mit der generellen aktuellen Verfassung der europäischen Bondmärkte, an denen die Anleihekaufprogramme der Europäischen Zentralbank (EZB) enorme Spuren in Form sinkender Renditen und sich einengender Spreads hinterlassen haben. Die EZB sei ein wichtiger Faktor im Markt. Durch die EZB wurden große Teile des Sekundärmarktes aufgekauft, Investoren wurden in angrenzende Marktsegmente gedrängt (Crowding-out). Czichowski hält auch fest, dass sein Haus eine grüne Anleihe nicht komplett an grüne Investoren verkaufen könne. Das allein reicht laut Czichowski derzeit noch nicht aus. Die Zentralbanken seien in diesem Zusammenhang ein wichtiger Abnehmer.—– Wertberichtigt Seite 8