MARKTCHANCEN 2019

Green Finance begeistert die Finanzmärkte

Siegeszug innovativer Kapitalanlageformen setzt sich 2019 fort - Anleger können Gutes tun und gleichzeitig gut verdienen - Auf dem Weg zum Mainstream

Green Finance begeistert die Finanzmärkte

Von Kai Johannsen, FrankfurtGreen Bonds werden 2019 auf der Erfolgswelle reiten. Alles andere wäre wirklich eine faustdicke Überraschung. Auf der Emittentenseite interessieren sich immer mehr Adressen für dieses Instrument, sei es bei Staaten, halbstaatlichen Institutionen, Banken oder Unternehmen. Denn das Erfordernis, das diverse Adressen haben, nämlich zur Erreichung der Klimaziele beizutragen, lässt sich zweifelsohne nicht mehr wegdiskutieren, sondern ist schlichtweg eine Realität. Somit ist dieses Thema auch emissionsseitig ein Unterfangen, das von vielen angegangen werden muss.Aber auch bei Investoren nimmt Green Finance einen immer größeren Raum ein. In einigen Köpfen spukt zwar heute immer noch umher, dass man sich bei Green Finance als Anlagethema zwischen zwei Aspekten entscheiden muss, die da lauten: Ist eine finanzielle Performance mit der Kapitalanlage gewünscht, oder möchte der Anleger mit seinem Geld einen Einfluss auf Klima oder Umwelt mittels einer Investition in ein entsprechendes Projekt erzielen? Doch die Realität zeigt, dass es eben keine Wahlentscheidung mehr ist, denn beides lässt sich realisieren. Man kann mit seinem Geld durchaus einen Impact erzielen – weshalb in diesem Bereich der Finanzmärkte auch immer mehr vom sogenannten Impact Investing die Rede ist – und gleichzeitig auch eine attraktive Rendite verbuchen. Und diese Rendite wirkt nicht deshalb attraktiv, weil die internationalen Finanzmärkte im Niedrig-, Null bzw. Negativzinsumfeld leben, die Renditen sind auch im historischen Kontext durchaus ansprechend. EIB gibt den StartschussIns Leben gerufen wurden die Green Bonds von der Bank der EU, der Europäischen Investitionsbank (EIB). Bereits im Jahr 2007 emittierte die in Luxemburg ansässige Bank ihren ersten grünen Bond, den sogenannten Climate Awareness Bond. Der Green-Bond-Pionier EIB ist auch heute noch der bedeutendste Emittent dieser Bond-Art und hat den Markt maßgeblich vorangetrieben. Aus dem Großherzogtum kamen weitere Neuerungen, wie etwa Labels von Luxflag, also Zertifizierungen von grünen Investmentarten, die Anlegern Sicherheit geben, und zwar in dem Sinne, dass in dem Produkt auch das drin ist, was draufsteht. 2016 kam der nächste Meilenstein aus dem Großherzogtum, die weltweit erste grüne Börse wurde ins Leben gerufen, die Luxembourg Green Exchange. Sie listet heute gut 50 % aller weltweit begebenen grünen Anleihen und darüber hinaus auch andere Produkte. Luxemburg als Pionier2018 machte Luxemburg wieder als Pionier von sich reden, als der Staat als erstes Land weltweit ein grünes Anleihegesetz schaffte, und zwar für gedeckte Anleihen (“lettres de gage énergies renouvelables”), also Covered Bonds für den Bereich der erneuerbaren Energien. Zur Gattung der Covered Bonds gehört in Europa auch der Pfandbrief. 2019 kann man sich auf ein weiteres Novum einstellen. Es wird damit gerechnet, dass unter diesem Gesetz auch die erste grüne Covered-Bond-Emission aus Luxemburg erfolgen wird. Interesse hieran hat schon ein deutsches Haus geäußert, und zwar der Luxemburg-Ableger der Nord/LB. Aber es ist nicht nur die Nord/LB Covered Bond Bank, die hieran ein Interesse hat. Dem Vernehmen nach können sich auch chinesische Banken – das Thema Green Finance wird in China sehr groß geschrieben – dafür begeistern. Es ist also durchaus möglich, dass auch chinesische Bankadressen mit entsprechenden Emissionen am Covered-Bond-Markt Europas vorstellig werden. Und Experten wissen zu berichten, dass das grüne Anleihegesetz für gedeckte Bonds auch in anderen europäischen Ländern durchaus Gefallen in der Emittentenszene findet.Auch wenn der Markt seinen Ursprung bei den grünen Anleihen hat, ist er längst nicht mehr nur auf dieses Segment oder dieses Produkt beschränkt. Der Markt hat sich nicht nur volumenmäßig steil nach oben entwickelt, sondern ist thematisch auch in die Breite gegangen. Die Rede ist heute vielfach von Green Finance. Und Green Finance hat das Thema Nachhaltigkeit mit vorangetrieben, so dass bei diesem Markt heute insgesamt von Green und Sustainable Finance die Rede ist. Auch hier spielt der Pionier EIB wieder eine bedeutende Rolle, debütierte das Haus im September 2018 doch mit seinem Sustainability Awareness Bond, der an den Märkten einen herzlichen Empfang erfuhr. Weitere Emissionen in diesem Segment sind bei der EIB in Planung.Inhaltlich und damit projektseitig geht es beim Thema Green Bonds bzw. Green Finance allgemein um Klima- und Umweltprojekte. Es geht um die CO2-Reduktion und um Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien, also Windparks, Solaranlagen, Meeresenergie, Deponiegas u. Ä. Die Themen sind in den vergangenen Jahren immer mehr in die Breite gegangen, wie an Sustainable Finance ablesbar ist. Es geht um nachhaltige Küstenbewirtschaftung, nachhaltige Fischerei, nachhaltiges Forstwesen. Genannt werden Themen wie die Kreislaufwirtschaftssysteme, die Abwasseraufbereitung, Renaturierung, Wüstenbekämpfung, Migration, Soziales, Gesundheit, Erziehung, Müllvermeidung oder Smart City. Der Themenvielfalt sind wirklich keine Grenzen gesetzt.Aber es gibt eben auch Probleme, die mit so einem stark aufstrebenden Markt und seiner Themenvielfalt einhergehen. Dem Markt fehlt es immer noch an allgemein gültigen Definitionen und damit auch Standards. Was ist grün? Das ist die zentrale Ausgangsfrage, die viele Emittenten immer noch selbst beantworten können. Sind die Projekte, die ein Anleger mit seinem Geld finanziert bzw. eigentlich finanzieren möchte, tatsächlich so grün, wie es der Emittent der Anleihe verspricht oder in Aussicht stellt? Kann wirklich später das Geld seitens des Emittenten so verwandt werden? Oder wurde das Projekt nur grün angestrichen, wie man so sagt, oder gar grüngewaschen? Gesetz bietet OrientierungEntsprechend verhält es sich mit dem Thema Nachhaltigkeit. Was ist denn genau eine nachhaltige Fischerei? Wie definiert man denn ein Gesundheitsprojekt oder die Smart-City-Themen? Was gehört denn alles dazu? Oder andersherum gefragt: Was gehört denn nicht dazu? Darüber gehen die Meinungen auseinander – zum Teil sogar sehr weit. Ein grünes Anleihegesetz wie das in Luxemburg bietet bei solchen Fragestellungen schon mal eine deutliche Orientierung, aber bislang ist es eben auf den Bereich der erneuerbaren Energien beschränkt. Erweiterungen in dieser Hinsicht sind in Luxemburg ein erklärtes Ziel der Regierung. Wichtig und für den Markt weiter wegbereitend wird die Taxonomie sein, die hierzu auf EU-Ebene erarbeitet wird. Das wird Anlegern und Emittenten gleichermaßen nicht nur Orientierung bieten, sondern ihnen eine klare Richtschnur bei der Einordnung geben. Und genau die soll im neuen Jahr kommen. Das gibt dem Markt ein höheres Maß an Sicherheit und wird hoffentlich auch dazu beitragen, diejenigen auszusieben, die ihre Projekte nur grünwaschen, um irgendwie auf der Welle des Erfolges mitreiten zu können.Bei den Produkten ist der Markt auch nicht mehr nur auf die Anleihe beschränkt, auch wenn diese Investmentform mit Sicherheit das zentrale und entscheidende Produkt für Green und Sustainable Finance ist. Es gibt auch grüne und nachhaltige Investmentfonds. Und von diesen Produktformen wird es – genauso wie von den grünen Anleihen – in den kommenden Jahren noch eine Vielzahl geben. Der Markt wird weiter kräftig wachsen, sowohl im Hinblick auf die Volumina verwalteter Gelder und damit finanzierter Klima-, Umwelt- und Nachhaltigkeitsprojekte als auch im Hinblick auf die Anzahl von Kapitalmarktvehikeln, die noch das Licht der Welt erblicken werden.Seinen nächsten großen Entwicklungssprung wird dieser Markt in absehbarer Zeit ebenfalls verzeichnen. Bislang ist der Markt fast ausschließlich auf den Kreis der institutionellen Anleger beschränkt. Aber Green und Sustainable Finance ist ganz klar auf dem Weg zum Mainstream. Das Segment schreitet in Richtung der Privatanleger voran. Derzeit arbeiten viele Akteure in der Finanz-Community daran, wie man diese Projekte und damit die Investmentformen quasi massentauglich gestalten kann. Großer Durchbruch steht anDer große Durchbruch in dieser Hinsicht wird mit Sicherheit nicht mehr lange auf sich warten lassen. Und damit wird es auch noch weitere neue Produkte bei den Banken und Assetmanagern geben. Wer weiß, vielleicht gibt es ja auch irgendwann das grüne und nachhaltige Sparbuch. Das könnte durchaus 3 % und mehr abwerfen. Das wäre für viele Anleger sicher ein interessantes Produkt. Man darf gespannt sein, womit die Green & Sustainable-Finance-Akteure in den nächsten zwölf Monaten aufwarten werden. Aber Anleger sollten nicht blind alles kaufen, was “Green” oder “Sustainable” in der Produktbezeichnung hat, sondern sich mit den vielfältigen Produkten genau auseinandersetzen, um sich vor späteren unliebsamen Überraschungen schwarzer Schafe zu schützen. Da helfen durchaus Labels von anerkannten Organisationen.