MARKTCHANCEN 2020

Green und Sustainable Finance startet 2020 durch

Grünes Debüt des Bundes steht an - Markt ist auf Rekordkurs - Papiere finden reißenden Absatz - Nachhaltigkeit muss von Institutionen gelebt werden

Green und Sustainable Finance startet 2020 durch

Von Kai Johannsen, FrankfurtGreen und Sustainable Finance feiert an den internationalen Finanzmärkten einen Siegeszug. Immer mehr Anleger erkennen den Wert dieser Produkte und wollen ihre Portfolios entsprechend ausrichten. Wichtig ist ihnen nicht nur, eine finanzielle Rendite zu erzielen, sondern eben auch einen Einfluss zu realisieren, der etwas Gutes bewirkt, das nach dem Verständnis des Anlegers förderungswürdig erscheint. Mit grünen Anleihen werden Klima- und Umweltprojekte finanziert, mit denen die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreicht werden sollen. Mit Nachhaltigkeitsanleihen (Sustainability Bonds) geht es darum, Projekte zu finanzieren, die Nachhaltigkeitszielen genügen, wie sie etwa in den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen definiert sind, darunter die Bekämpfung der Armut und des Hungers, die Bereitstellung von Bildung oder bezahlbarem Wohnraum oder die Förderung von Gesundheit und Wohlergehen. Sich an der Realisierung solcher Ziele auch über finanzielle Investments wie über entsprechende Anleihen zu beteiligen, ist immer mehr Investorenkreisen – angefangen von Privatinvestoren über Pensionsfonds, Family Offices und Stiftungen bis hin zu Assetmanagern und Staats- oder Pensionsfonds ein wichtiges Anliegen. Immer mehr EmittentenUnd es kommen auch immer mehr Emittenten in den Markt. Waren es anfangs die multilateralen Förderinstitutionen und auch die Staaten, die den Markt mit Bondemissionen versorgten, sind es heute zudem Banken und Unternehmen und nationale Förderinstitutionen oder Gebietskörperschaften, die sich zum Kreis der Emittenten gesellen. Es gibt immer noch viele Debütemissionen. In diesem Jahr waren es beispielsweise die Niederlande, die ihr grünes Erstlingswerk in Sachen Green Bond an den Markt brachten. 2020 soll ein weiterer prominenter Name folgen: Deutschland. Der Bund bereitet derzeit seine erste grüne Bundesanleihe vor (vgl. BZ vom 10. Mai und 23. November). Er will eine sogenannte Zwillingsanleihe auflegen. Nach dem gegenwärtigen Stand der Planungen will der Bund via Schuldenmanager Deutsche Finanzagentur dabei zum einen weiterhin eine herkömmliche Anleihe an den Markt bringen, deren Erlöse eben nicht für grüne Zwecke eingesetzt werden. Zum andere soll es aber zeitnah eine grüne Bundesanleihe geben, die genauso ausgestaltet ist wie die nichtgrüne Anleihe, nur mit dem Unterschied, dass die Gelder aus dieser Anleihe für die Finanzierung grüner Projekte, also für Klima- und Umweltschutz eingesetzt werden.Der Markt der Green Bonds und auch das Segment der nachhaltigen Anleihen wächst sehr stark. Per Mitte Dezember standen Green Bonds im Marktvolumen von umgerechnet mehr als 742 Mrd. Dollar aus. Gerade in den vergangenen Jahren haben die Emissionen dieser Anleihen sehr stark zugelegt, da die Wichtigkeit des Marktsegmentes bei immer mehr Anlegern und Emittenten erkannt wurde und eben auch das Erfordernis, hier etwas unternehmen zu müssen, als entsprechend wichtig eingestuft wurde und immer noch wird. Es kann davor ausgegangen werden, dass sich dieser Trend in den kommenden Jahren intensivieren wird.Bei Neuemissionen von Green und Sustainability Bonds sind regelmäßig hohe Überzeichnungen zu beobachten. Das zeigt das große Interesse. Und wer am Primärmarkt – also bei der Emission – nicht zum Zuge kommt, der greift später am Sekundärmarkt zu, an dem die Anleihen im Anschluss gehandelt werden. Das führt dazu, dass die Kurse dieser grünen und nachhaltigen Anleihen steigen und im Umkehrschluss die Renditen der betreffenden Bonds immer weiter sinken. Für den Gesamtmarkt, aber auch für einzelne Emittenten heißt das, dass das Renditeniveau und damit also das Refinanzierungsniveau über solche Anleihen immer günstiger wird. Renditen sinken und sinkenZeitweise ist schon zu beobachten, dass grüne Anleihen eine geringere Rendite abwerfen – wegen der starken Nachfrage am Markt – als eine nichtgrüne Anleihe, so dass sich für Emittenten die Finanzierung grüner oder nachhaltiger Projekte günstiger darstellt als die Finanzierung nichtgrüner, herkömmlicher Projekte. Dauerhaft ist dieses Renditebild aber noch nicht zu beobachten. Diese Tendenz, dass grüne Anleihen weniger Zinsaufwand für den Emittenten haben und somit auch weniger Rendite für die Anleger einbringen, ist ein Erfolg dieses Marktsegments und zeigt, wohin die Reise ganz klar geht: Green und Sustainability ist auf dem Vormarsch. Das wird sich nach Einschätzung von Experten in den kommenden Jahren fortsetzen.Pionier der grünen Anleihen und damit der Grundsteinleger für diesen enormen Markterfolg ist die in Luxemburg ansässige Europäische Investitionsbank (EIB), die im Jahr 2007 ihren ersten grünen Bond – auch bekannt unter der hauseigenen Bezeichnung Climate Awareness Bond – emittierte und den Markt immer weiter vorantrieb. Sie ist es auch, die das Thema Grün weiter in Richtung Sustainability treibt. Das ist ein erklärtes Ziel des EIB-Präsidenten Werner Hoyer. Überhaupt hat sich das Großherzogtum sehr dem Thema Green und Sustainability verschrieben. Im Jahr 2018 schuf die dortige Regierung ein grünes Anleihegesetz, das bis heute einzige seiner Art.Der Trend am Markt geht dahin, dass Green in Richtung Sustainability weitergeformt wird und damit die 17 Nachhaltigkeitsziele der UN in Angriff genommen werden. Um diesem Markt aber auch einen Rahmen zu geben, damit alle Akteure die gleiche Sprache sprechen, wenn es etwa um die Frage geht “Was ist denn eigentlich als grün anzusehen?”, ist auf EU-Ebene eine Taxonomie hierzu entwickelt worden – ein umfangreiches Werk, das viele Aspekte in diesem Zusammenhang adressiert, so dass der Markt festere Strukturen aufweisen kann. Es gibt aber auch Mahner, die hervorheben, dass dieser Markt kein zu starres Korsett braucht, so dass ihm die Luft zum Atmen genommen wird. Immerhin hat sich dieser Markt auf der Basis freiwilliger Leitlinien zu dem entwickelt, was er heute ist, und das sind die Green und Social Bond Principles der ICMA (International Capital Markets Association). Bei diesen Prinzipien handelt es sich um freiwillige Prozessleitlinien für die Emission von Green Bonds und die Verwendung und das Management der Gelder sowie des Reportings. Keine starre RegulierungDie Marktteilnehmer werden in der jetzigen Phase auch darauf achten müssen, dass solche Vorschriften nicht zu eng werden. Es gibt viele gute Investmentansätze im Markt, die geeignet sind, die für die Menschheit wichtigen Ziele zu erreichen. Das sollte nicht durch zu starre Regulierungskorsetts eingeschränkt oder gar zerstört werden. Und wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Gelder aus diesen grünen und nachhaltigen Kapitalmarktprodukten eben auch dort ankommen, wo sie so dringend benötigt werden, nämlich bei den vielen Unternehmenspionieren, die brillante Ideen haben, wie Klima- und Umweltprobleme gemildert oder gelöst werden können. Gerade in diesem Zusammenhang sehen Experten, dass noch viel Arbeit geleistet werden muss.Vor ein paar Jahren hatte ein Emittent im Markt das Standing, grün oder nachhaltig zu sein, wenn er eine grüne oder nachhaltige Anleihe begab. Doch das reicht heute nicht mehr aus. “Practice what you preach” ist die Devise, die heute gilt. Emittenten, gleichgültig aus welchem Lager, müssen das Thema verinnerlichen, insbesondere auch im Management, und dann auch vorleben. Alles andere gilt heute nicht mehr als überzeugend und wird nach Ansicht von Experten künftig auch Probleme mit sich bringen etwa bei Bondemissionen der betreffenden Institution. Denn Investoren interessieren sich immer mehr dafür, inwieweit der betreffende Emittent eben auch selbst Klima-, Umwelt- sowie Nachhaltigkeitsaspekten verpflichtet ist. Das wird 2020 sehr deutlich zutage treten und die Märkte beschäftigen. Viele Emittenten werden sich mit der Frage konfrontiert sehen: Was machen Sie als Institution in Sachen Green und Sustainable? Nur wer dort als aktive Institution überzeugt, wird ein erfolgreicher grüner und nachhaltiger Emittent sein.