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Größtes Warnsignal im Dow seit 122 Jahren

Börsen-Zeitung, 7.2.2018 Der Dow Jones Industrial Average ist nicht nur der älteste, sondern wohl auch der bekannteste Aktienindex der Welt. 122 Jahre sind seit der erstmaligen Kursveröffentlichung vergangen. Man könnte also meinen, dieser Index...

Größtes Warnsignal im Dow seit 122 Jahren

Der Dow Jones Industrial Average ist nicht nur der älteste, sondern wohl auch der bekannteste Aktienindex der Welt. 122 Jahre sind seit der erstmaligen Kursveröffentlichung vergangen. Man könnte also meinen, dieser Index hätte bereits alle Marktphasen erlebt und außer immer neuen Rekordständen wären keine weiteren Rekorde mehr möglich. Doch weit gefehlt: Mit einem Relative-Stärke-Index von 83,5 für die vergangenen 30 Handelstage war der Dow Jones Industrial Average Index aus technischer Sicht jüngst so stark überkauft wie nie zuvor in seiner Historie. Parallel dazu erreichte der S & P 500 mit einem Relative-Stärke-Index von 80,9 für die vergangenen 30 Handelstage ebenfalls das höchste Überkauft-Niveau in seiner immerhin 90-jährigen Geschichte. Die genauso häufig betrachteten Relative-Stärke-Indizes für die vergangenen 14 Handelstage lagen mit 88,7 für den Dow Jones Industrial Average und 87,7 für den S & P 500 sogar noch höher. Bereits bei Werten jenseits der 70 gilt ein Index allgemein als überkauft, bei Werten unter 30 als überverkauft. Die beiden Indizes waren aus Sicht der technischen Analyse also nicht nur leicht, sondern extrem überkauft. Signalisierte dieser Indikator frühzeitig Ungemach in Form der aktuellen Korrektur? Absturz mit Ansage?Hohe Relative-Stärke-Werte erreichte der Dow Jones Industrial Average in seiner Historie immer wieder, unter anderem im ersten Quartal 2011. Im Anschluss verbuchte der Index einen Drawdown von mehr als 16 % zwischen Jahreshoch und Jahrestief. Diesmal ist seit dem Erreichen der extremen Überkauft-Situation noch nicht viel Zeit vergangen, und der Drawdown beläuft sich bereits auf mehr als 10 %. Der Relative-Stärke-Index hat wieder einmal frühzeitig und zuverlässig zur Vorsicht gemahnt. Und das nicht als einziger Indikator: Am Höhepunkt der Aktienrally kletterten die impliziten Volatilitäten der US-Aktienindizes im Gleichlauf mit dem Anstieg der Aktienkurse nach oben. Der Volatilitätsindex des Nasdaq 100 sprang bereits in dieser Phase auf seinen höchsten Schlusskurs seit dem Jahr 2016 – zu diesem Zeitpunkt notierte der Nasdaq 100 seit Jahresbeginn noch 8 % im Plus und markierte ein Allzeithoch nach dem anderen. In Asien das gleiche Bild: Der Volatilitätsindex des Hang Seng Index schloss Ende Januar ebenfalls so hoch wie zuletzt im Jahr 2016 – und das, obwohl der Hang Seng Index etwa 10 % höher notierte als zu Jahresbeginn. Das erscheint auf den ersten Blick sehr ungewöhnlich. Bewegen sich die Volatilitäten normalerweise doch konträr zum Aktienmarkt. Gerade deshalb gilt ein gleichzeitiger Anstieg von Aktien und Volatilitäten als Warnsignal. Rückblick: Auch im April 2015 stieg der Volatilitätsindex des Hang Seng Index im Gleichlauf mit dem Aktienindex deutlich an. Danach verlor der Hang Seng Index 28 % von April 2015 bis September 2015 und sogar 35 % bis Februar 2016. Aktuell liegt der Rückgang vom Jahreshoch immerhin bereits bei gut 5 %. Beide Indikatoren haben ihre Zuverlässigkeit also bereits unter Beweis gestellt. Jahr der VolatilitätAnders als in Amerika und Asien sind die Volatilitätsindizes in Europa im Januar deutlich weniger angestiegen. Dafür war die Terminkurve der impliziten Volatilitäten in den ersten Wochen des Jahres hier deutlich steiler als in den anderen Regionen. Das heißt, die Volatilitäten waren bei längeren Laufzeiten deutlich höher als bei kürzeren Laufzeiten. Genau dieses Bild zeichneten die Volatilitäten der amerikanischen und asiatischen Aktienindizes über weite Strecken des vergangenen Jahres, ehe der Anstieg der kurzfristigen Volatilitäten zu einer Abflachung der Terminkurve führte. Die europäischen Volatilitäten folgten dem amerikanischen und asiatischen Pfad also mit einiger Zeitverzögerung. Am aktuellen Ende stellte die steile Volatilitätskurve hier ihre Prognosekraft eindrucksvoll unter Beweis. Das Jahr 2018 ist gerade mal einen Monat alt. Doch es ist schon jetzt turbulent und könnte noch sehr viel turbulenter werden. Ohne deutlich höhere Volatilitäten durch das Jahr zu kommen, scheint utopisch zu sein. Denn der eigentlich sichere Hafen Staatsanleihen ist bisher durch zwei Attribute gekennzeichnet: Kursverluste und steigende Volatilitäten. 2018 könnte also an allen Märkten das Jahr der Volatilität werden.—-Thomas Altmann, Leiter des Portfolio-Managements, QC Partners