Grüne Finanzierungen blühen auf

Frankreich dominiert bei aufgenommenem Volumen - In Deutschland sind Geschäftsbanken sehr aktiv

Grüne Finanzierungen blühen auf

Das Segment der grünen Finanzierungen (Green Finance), wozu etwa Green Bonds zählen, hat im ersten Quartal global weiter zugelegt. Die dominierende Währung ist dabei der Euro. In Europa kommen die meisten grünen Finanzinstrumente aus Frankreich. Deutschland liegt auf dem dritten Rang.kjo Frankfurt – Die infolge der Corona-Pandemie kräftige Verlangsamung der Unternehmenstätigkeit wirkt sich auch auf das Green Financing aus. Das ist das Ergebnis einer Studie von Capmarcon, einer auf Unternehmensfinanzierungen spezialisierten Beratungsgesellschaft. So werden nach Einschätzung der Experten im April und Mai dieses Jahres deutlich weniger grüne Finanzierungen an den Markt kommen, weil Unternehmen bei der Beschaffung der dringend benötigten Liquidität auf jeglichen zusätzlichen Aufwand verzichten würden. Im ersten Quartal 2020 seien 140 Transaktionen (grüne Anleihen, Schuldscheindarlehen und syndizierte Kredite) im Umfang von 43,5 Mrd. Euro arrangiert worden, etwa 8 % weniger als im ersten Quartal 2019. Es seien allerdings weniger (Vorjahresperiode: 181), dafür aber größere Titel gebracht worden. Das durchschnittliche Transaktionsvolumen sei von 254 auf 311 Mill. Euro geklettert. Segment wächst weltweitIn der Folge habe das weltweit ausstehende Volumen grüner Finanzierungen 673 Mrd. Euro erreicht, das sei ein Plus gegenüber Dezember 2019 von 6 %. Noch würden Tilgungen eine eher geringe Rolle spielen, in diesem Jahr seien es nur etwa 35 Mrd. Euro; doch bereits ab dem Jahr 2021 würden 54 Mrd. Euro zur Rückzahlung anstehen und im Jahr 2022 noch einmal rund 46 Mrd. Euro. Unter der Bezeichnung Green Financing erfasse diese Auswertung alle Transaktionen zur Finanzierung nachhaltiger Projekte und Maßnahmen. Dazu würden auch Vorhaben im sozialen bzw. gesellschaftlichen Bereich zählen, also nicht ausschließlich Vorhaben im Umwelt- und vor allem Klimaschutz; allerdings stünden mit letzteren Themen mehr als 90 % der Green-Finance-Transaktionen in Zusammenhang.Auch im ersten Quartal 2020 seien europäische Emittenten die größte Gruppe beim Einsatz nachhaltiger Finanzierungen. Nach 52 % im Jahr 2019 entfielen auf Europa im ersten Vierteljahr dieses Jahres 48 % des Volumens aller weltweit arrangierten Transaktionen. Zweitgrößte Gruppe seien asiatische Adressen mit einem Anteil von 1 4%; damit überholten sie nordamerikanische Emittenten (12 %). Aktuell begebe die Weltbankgruppe ein Green-Financing-Volumen von 4,5 Mrd. Euro, rund 10 % des Gesamtvolumens.Innerhalb Europas dominiere Frankreich den Einsatz von Green Finance mit einem aufgenommenen Volumen von 16 % aller global arrangierten Kredite. Das ist nach Angaben von Capmarcon das größte Emissionsland weltweit. Auf dem zweiten Platz in Europa folge Spanien mit einem Anteil von 8 %; hier hätten im ersten Quartal vor allem Energieversorger und Unternehmen der Bau- und Immobilienwirtschaft grüne Finanzierungen aufgenommen.Deutschland folgt in Europa auf dem dritten Platz mit einem Anteil von 7 % am globalen Volumen. Das relativ hohe Green-Finance-Volumen aus Schweden, immerhin 2,5 % aller weltweiten Transaktionen, erkläre sich mit den dortigen grünen Bemühungen im Immobilienbereich und bei schwedischen Kommunen.Bislang seien grüne Finanzierungen etwa aus 60 Ländern gekommen. In den ersten drei Monaten dieses Jahres seien nur Emittenten aus 15 Ländern am Markt gewesen. Neben der Weltbank und insbesondere ihrer Tochter International Finance Corporation (IFC) seien in den ersten drei Monaten auch andere Förder- und Entwicklungsbanken besonders aktiv gewesen mit weiteren 14 % des Green Financing. Euro dominiertDie im Green Financing vorherrschende Emissionswährung sei auch im ersten Quartal unverändert der Euro mit knapp 50 % an den nachhaltigen Finanzierungen gewesen. Rund 28 % des Green-Financing-Volumens lauteten auf den Dollar. Dritthäufigste Währung sei das britische Pfund mit einem Anteil von 7 % gewesen. Zugenommen habe der Anteil des kanadischen Dollar (6 %). Die skandinavischen Währungen würden die dortigen grünen Engagements aufzeigen: Die schwedische Krone komme ebenso wie die norwegische Krone aktuell auf einen Anteil von jeweils 2 %.Bislang sei der größte Teil nachhaltiger Finanzierungen von staatlichen Emittenten begeben worden: Zentralregierungen, Gebietskörperschaften, Kommunen und Sondervermögen sowie (halb-)staatliche Emittenten wie Entwicklungsbanken und die Weltbank. Das habe sich im ersten Quartal 2020 geändert. Erstmals sei das Volumen an Green Financing von Unternehmen der Realwirtschaft höher gewesen; auf diese Kreditnehmer entfielen 44,4 % der Gesamtsumme, auf staatliche Kreditnehmer entfielen 42,2 %, heißt es in der Analyse. Eine Reihe von Unternehmen habe sich zum Jahresbeginn 2020 noch mit ausreichend Liquidität versorgt. Banken und andere Finanzdienstleister seien im ersten Vierteljahr zurückhaltender gewesen, sie seien nur auf einen Anteil von 13,4 % gekommen.In Deutschland falle die Emittentenstruktur bei Green Finance deutlich homogener aus. Hier hätten im Zeitraum von Januar bis März Geschäftsbanken und andere Finanzdienstleister 36 % des Volumens an grünen Finanzierungen (3,05 Mrd. Euro) begeben. Auf Entwicklungsbanken seien 30 % entfallen. Weitere 33 % seien von Versorgungs- und Energieunternehmen gekommen; Adressen aus anderen Sektoren seien kaum am Markt gewesen. Großes InteresseDabei bestehe von Investoren aktuell ein großes Interesse an nachhaltigen Emittenten aus Industrie, Logistik oder auch dem Dienstleistungssektor. Doch in Deutschland sei die Zurückhaltung der Unternehmen gegenüber grünen Finanzierungen und dem damit verbundenen Aufwand – gerade bei Debüt-Emissionen – noch immer groß. Und öffentliche Kreditnehmer im Green Financing würden in Deutschland bislang keine Rolle spielen, heißt es weiter.Mit zunehmender Entwicklung des Green-Financing-Marktes hätten sich die Standards der Zertifizierer und die Erwartungen der Marktteilnehmer hinsichtlich der Dokumentation von Transaktionen erhöht. “Künftig werden EU-Regularien weitere Maßstäbe setzen. Vor diesem Hintergrund sollten Unternehmen bei der Präsentation ihrer nachhaltigen Finanzierungsvorhaben noch stärker als bislang auf deren Charakteristika und positiven Effekte eingehen”, heißt es weiter. Geringere VerzinsungJe besser Investoren die Struktur und das Risikoprofil verstehen würden und je besser die “grüne” Wirkung, desto geringer falle die Verzinsung aus. Noch seien dies keine signifikanten Beträge; doch mit der richtigen Vorbereitung und Darstellung könne die Risikoprämie auf den Marktzins durchaus schon um eine Größenordnung im fast zweistelligen Basispunktbereich zurückgehen. Wichtig sei dabei die Präsentation der Vorteile für das Unternehmen und die Nachhaltigkeit gleichermaßen.Grüne Finanzierungen würden aktuell weniger häufig von unabhängigen Dritten bewertet und zertifiziert (Second Party Opinion). Wurden im ersten Quartal 2019 noch 156 der 181 Transaktionen zertifiziert, eine Quote von 86 %, so sei dies in den ersten drei Monaten dieses Jahres nur noch bei 83 von 140 Transaktionen der Fall gewesen (59 %). Im Wesentlichen seien zwei Gründe für diese Entwicklung verantwortlich. Zum einen würden noch immer keine einheitlichen Prüfkriterien für nachhaltiges Wirtschaften existieren, so dass die jeweiligen Bewertungen nicht uneingeschränkt miteinander vergleichbar seien und ihre Aussagekraft insgesamt leide. Zwar plane die Europäische Union (EU) mit ihrer Taxonomie ein allgemeingültiges Raster; diese sei jedoch bislang nicht offiziell eingeführt. Zudem sei die Transparenz der jeweiligen Dokumentationen besser geworden und die Erfahrungen der Investoren größer. So sei in vielen Fällen eine Zertifizierung nicht mehr zwingend erforderlich. Zum anderen hätten Emittenten wegen der Corona-Pandemie bereits seit Jahresanfang den mit der Begebung grüner Finanzierungen anfallenden Aufwand auf ein Minimum zurückgefahren.