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Günstige Aussichten für Unternehmensbonds

Von Rüdiger Neeb und Peter Droste *) Börsen-Zeitung, 20.12.2018 Die in den vergangenen Wochen greifbare Unsicherheit im Zusammenhang mit dem Fortgang der aktuell dominierenden politischen Problemfelder Brexit, italienischer Haushaltsplan und...

Günstige Aussichten für Unternehmensbonds

Von Rüdiger Neeb und Peter Droste *)Die in den vergangenen Wochen greifbare Unsicherheit im Zusammenhang mit dem Fortgang der aktuell dominierenden politischen Problemfelder Brexit, italienischer Haushaltsplan und Handelskonflikt hat auch die Assetklasse Corporate Bonds zuletzt unter Druck gesetzt. Unseres Erachtens dürfte sich an dem eingetrübten Stimmungsbild in den ersten Monaten 2019 noch wenig ändern. Im weiteren Jahresverlauf sollten Unternehmensanleihen aber wieder in ruhigeres Fahrwasser gelangen, so dass sich die Chance auf leicht geringere Risikoaufschläge eröffnen könnte. Lage entspannt sichWir gehen davon aus, dass sich im Laufe des Jahres 2019 einige der geopolitischen Konflikte zumindest vorläufig beruhigen werden. So sollte in Bezug auf den Brexit am Ende, wenn auch spät, eine Einigung stehen. Ferner dürfte der Budgetstreit zwischen Italien und der EU zwar weiterköcheln, eine Eskalation unseres Erachtens aber vermieden werden. Zudem erwarten wir, dass US-Präsident Trump von weiteren drastischen Maßnahmen im Handelskonflikt absehen wird.Des Weiteren sollten die Unternehmen durch die erneut soliden Aussichten für die Weltkonjunktur Unterstützung erfahren. Mit einer Wachstumsrate von 3,6 % erwarten wir eine gegenüber 2018 unveränderte globale Dynamik. Dabei sollten sich vor allem China und die meisten Schwellenländer vergleichsweise positiv entwickeln. In den USA und der Eurozone ist zwar mit einer Abschwächung der konjunkturellen Expansionsraten zu rechnen, doch dürfte der private Konsum angesichts der guten Lage auf den Arbeitsmärkten für ein nach wie vor zufriedenstellendes Wachstumsszenario sorgen. Unternehmen dürften also auch 2019 noch ein übergeordnet konstruktives Konjunkturumfeld vorfinden. Rückzug mit FolgenAuf der letzten Ratssitzung der EZB in diesem Jahr wiesen die Währungshüter zwar auf die Gefahren für die Wirtschaft aufgrund der bestehenden Abwärtsrisiken hin, die beispielsweise aus den geopolitischen Risiken oder dem Handelskonflikt resultieren. Doch präsentierten sich die Wachstumsrisiken der Notenbank zufolge insgesamt nach wie vor ausgeglichen. Die EZB dürfte daher an ihrem vorgegebenen Kurs einer graduellen Normalisierung der expansiven Geldpolitik festhalten. Wir erwarten dementsprechend im September 2019 eine Erhöhung des Einlagensatzes, gefolgt von einem ersten “echten” Zinsschritt bei den Leitzinssätzen zum Ende des Jahres 2019. Bereits vorher wird die Notenbank, wie angekündigt, die Netto-Anleihekäufe im Rahmen des APP, darunter das Kaufprogramm für Unternehmensanleihen CSPP, beenden. Negativer ImpulsIm neuen Jahr planen die Währungshüter, lediglich die Fälligkeiten zu reinvestieren. Während die EZB in den vergangenen zwölf Monaten Corporate Bonds aus dem Investment-Grade-Bereich im Gesamtwert von knapp 49 Mrd. Euro ankaufte und damit 50 % des Marktwachstums absorbierte, werden im Laufe der nächsten zwölf Monate Unternehmensanleihen aus dem EZB-Bestand im Volumen von lediglich rund 6 Mrd. Euro fällig. Im Gegensatz zu den von uns erwarteten Zinsschritten, welche keinen nennenswerten Einfluss auf die Risikoaufschläge von Corporate Bonds haben dürften, sollte der Wegfall eines Großteils der EZB-Nachfrage einen negativen Impuls für die Spreads von Unternehmensanleihen bereithalten. Umsichtige FinanzpolitikIm vergangenen Jahr überzeugten europäische Großunternehmen mit einer umsichtigen Finanzpolitik. So vermieden die Firmen einen weiteren Aufbau der Nettoverschuldung auf aggregierter Ebene. In Verbindung mit steigenden Gewinnen stand damit eine Verbesserung der Schuldentragfähigkeit zu Buche. Obschon das Gewinnwachstum den aktuellen Konsensschätzungen zufolge weniger dynamisch ausfallen dürfte, sollte diese finanzielle Flexibilität auch 2019 erhalten bleiben. Den US-Pendants ist zwar eine angespanntere Leverage-Situation zu attestieren. Allerdings rechnen wir angesichts der US-Steuerreform sowie der dynamischeren konjunkturellen Entwicklung auch im kommenden Jahr mit steigenden Gewinnen in den USA, so dass hier ebenfalls gewisse finanzielle Spielräume gegeben sind. Es bleibt jedoch abzuwarten, inwieweit die US-Corporates diese Flexibilität für kredit- (Senkung der Verschuldung) beziehungsweise aktionärsfreundliche Maßnahmen (Aktienrückkäufe) verwenden werden. Alles in allem verorten wir sowohl die europäischen als auch die US-amerikanischen Unternehmen weiterhin in der Expansionsphase des Kreditzyklus, wobei sich die US-Konzerne in Anbetracht des höheren Leverage in einem reiferen Stadium befinden. Die Konzerne beiderseits des Atlantiks weisen allerdings eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber Wachstums- und Gewinnenttäuschungen – beispielsweise in Folge eines eskalierenden Handelsstreits – auf. Rege AktivitätMit Blick auf den Primärmarkt sprechen in den kommenden Jahren anziehende Fälligkeiten zunächst für eine grundsätzlich rege Neuemissionsaktivität. Aufgrund des angekündigten Rückzugs der EZB als ein potenter Nachfrager am Euro-Primärmarkt ist es durchaus vorstellbar, dass einige Unternehmen anstehende Fälligkeiten bereits vorfinanziert haben. Unseres Erachtens sorgen aber die von den Notenbanken skizzierten Zinsentwicklungspfade und die damit auch von uns erwarteten Renditeanstiege dafür, dass solche “Prefunding-Effekte” auch im nächsten Jahr weiterhin ein Thema bleiben. Demgegenüber könnte die aktuelle Häufung politischer Unwägbarkeiten zu einer größeren Investitionszurückhaltung seitens der Unternehmen führen und entsprechend einen geringeren Finanzierungsbedarf nach sich ziehen. 2019 erwarten wir daher in Summe ein Emissionsvolumen in etwa auf dem Niveau dieses Jahres. Phasenweise kann es jedoch zu Angebotsspitzen und damit zu temporärem Ausweitungsdruck auf die Anleihe-Spreads kommen. Getrübte StimmungDie zuletzt merkliche Risk-off-Stimmung an den Märkten hat den Stand des Benchmark-Index für Unternehmensanleihen iBoxx Euro Non-Financials bereits auf ein deutlich höheres Niveau von rund 100 Basispunkten gehoben. Wenngleich sich der Index kurzfristig noch auf dem erhöhten Spread-Niveau volatil präsentieren dürfte, sehen wir viele der negativen Vorgaben darin bereits eingepreist. Unseres Erachtens stellen sich die Aussichten am Corporate-Bond-Markt 2019 gar nicht so schlecht dar, wie es die derzeitige getrübte Stimmung suggeriert. Vor diesem Hintergrund prognostizieren wir auf Sicht von zwölf Monaten ein moderat niedrigeres Niveau des Benchmark-Index iBoxx Euro Non-Financials.—-*) Rüdiger Neeb und Peters Droste sind Senior Credit Analysten bei der DZ Bank.