Gute Perspektiven für gefallene Engel
Gute Perspektiven für gefallene Engel
Lombard Odier: Zwangsverkäufe von Bonds bei Rating-Downgrades sind sehr kostspielig – Kurse zeigen eine Überreaktion
Kommt es zu Rating-Downgrades, müssen sich Anleger vielfach von den Bonds des betreffenden Namens trennen – Forced Selling nennt man das. Laut Lombard Odier ist das aber sehr kostspielig. Die Kurse zeigten eine Überreaktion. Die sogenannten gefallenen Engel weisen ertragsreiche Perspektiven auf.
kjo Frankfurt
Fallen Angels zählen an den globalen Anleihemärkten, insbesondere im Unternehmensuniversum, zu den ausgesprochen interessanten Investmentmöglichkeiten. Diese Bonds versprechen sehr lukrative Erträge, wenn der Emittent einmal in die erste Investmentliga zurückkehren sollte. Unter Fallen Angels versteht man Emittenten wie Unternehmen, Banken oder auch staatliche Adressen, die einmal das Investment-Grade-Universum verlassen haben und dann bei einer Trendumkehr – des Geschäfts, der credit-orientierten Fundamentalkennzahlen und damit letzten Endes auch des Ratings, also der Einschätzung der Kreditwürdigkeit der Adresse durch Ratingagenturen – aus dem spekulativen Bereich der Bonitätseinordnung wieder in das Segment des besseren Anlagesiegels zurückkehren. Diese Entwicklung ist dann meist mit einer entsprechenden Performance der Bonds verbunden.
„Der Zwangsverkauf von sogenannten gefallenen Engeln aus Investment-Grade-Portfolios ist in der Regel kostspielig, da er ein Buy-high-sell-low-Verhalten der Investoren erzwingt, das sich letztlich nachteilig auf die Rendite auswirken kann. Bei diversifizierten Investment-Grade-Mandaten, die indexbasierten Regeln folgen, werden Investment-Grade-Anleihen häufig zu einem Ausgabepreis von nahezu 100% gekauft. Kommt es dagegen zu einem Zwangsverkauf, weil eine Anleihe auf das Rating von ‚BB‘ oder niedriger herabgestuft wird, ist der Verkaufspreis oft deutlich niedriger“, heißt es in einer Studie von Lombard Odier Investment Managers, die der Börsen-Zeitung vorab vorliegt. Die Untersuchungen des Assetmanagers haben Folgendes ergeben: Steigt eine Anleihe in den Investment-Grade-Index am Ende des Emissionsmonats ein, liegt der Preis der betreffenden Anleihe bei knapp über 100%. Im Gegensatz dazu sei zu beobachten, dass Anleihen, die den Investment-Grade-Index (IG) als gefallene Engel verlassen, also von Investoren dann auch verkauft werden, einen Durchschnittspreis von leicht über 80% aufweisen.
Als Investment Grade bezeichnet man den Rating-Bereich von Triple-A bis einschließlich „BBB“. Rating-Einstufungen unterhalb dieses Triple-B-Bereiches, also ab „BB“ bis hin zum Ausfall des Emittenten einer Anleihe oder eines anderen Schuldtitels, werden als Sub-Investment Grade, Speculative Grade oder mitunter auch als Junk, also Schrott oder Ramsch bezeichnet. Experten halten gerade mit Blick auf den Sub-Investment-Grade-Bereich aber auch fest, dass im oberen Rating-Bereich dieser Klasse, also etwa im BB-Spektrum, nicht immer gleich von „Ramsch“ gesprochen werden sollte, da es sich gerade einmal um eine Einstufung knapp unterhalb der Investment-Grade-Liga handelt. Häufig ist in diesem Zusammenhang bei einzelnen Emittenten auch zu beobachten, dass eine Ratingagentur eine Einstufung von Sub-Investment Grade vornimmt, während etwa zwei andere Ratingagenturen die Einstufung noch im Investment-Grade-Bereich belassen.
Das beschriebene Sell-low-Verhalten werde im Allgemeinen zur Risikominderung eingesetzt, obwohl sich dies auch auf die Performance auswirken kann, wenn eine herabgestufte Anleihe weiterhin eine negative Kursdynamik aufweise und schließlich in Bedrängnis gerate und quasi zu einem fallenden Messer werde. Die Untersuchung zeige jedoch, dass auf die negative, überreaktive Preisbildung gefallener Engel häufig eine Umkehr nach der Herabstufung folge.
Schlechtester Verkaufszeitpunkt
Diese Überreaktion der Kurse im Vorfeld und nach der Ratingänderung bedeute, dass Investoren, die eine Herabstufung nicht tolerieren (können), geradezu gezwungen sind, gefallene Engel zu gedrückten Preisen zu verkaufen, wenn sie den Investment-Grade-Index verlassen. Historisch gesehen stelle der Monat der Herabstufung oft den Höhepunkt der Underperformance eines gefallenen Engels im Vergleich zu seinen Konkurrenten dar, was der schlechteste Zeitpunkt zum Verkauf sei.
Um das Ausmaß der Underperformance zu verdeutlichen, wenn eine Anleihe die Schwelle von Investment Grade zum High-Yield-Bereich überschreitet, haben die beiden Investmentexperten von Lombard Odier und Autoren der Studie, Anando Maitra, Head of Systematic Research und Portfoliomanager, sowie Jamie Salt, Systematic Fixed Income Analyst und ebenfalls Portfoliomanager, einen Vergleich mit der durchschnittlichen Underperformance bei Herabstufungen von „A“ auf „BBB“ angestellt. Während Herabstufungen von „A“ auf „BBB“ ebenfalls eine Spitzen-Underperformance in dem Monat, in dem sie herabgestuft werden, aufzeigen, beträgt die Schwere ihrer Underperformance weniger als ein Drittel derjenigen der gefallenen Engel. Bei einer bonitätsbasierten Verkaufsregel komme es zum Ergebnis „hoch kaufen“ und „niedrig verkaufen“, und diese Dynamik verschärft sich im Fall von Anleihen noch, die aufgrund einer Herabstufung von Investment Grade auf High Yield herunterfallen.
„Um die Kosten zu quantifizieren, die Downgrade-intoleranten Anlegern durch den erzwungenen Verkauf von gefallenen Engeln entstehen, können wir ihre durchschnittlichen Kreditüberrenditen mit denen von Anlegern vergleichen, die kaufen und halten und bei einer Herabstufung auf High-Yield-Niveau nicht verkaufen“, halten die beiden Experten fest. Anleihen im Investment-Grade-Universum werden in der Regel zu einem Emissionspreis von etwas über 100% emittiert, während Zwangsverkäufe in der Regel zu Preisen von etwa 80% erfolgen. Dieser Mark-to-Market-Verlust überwiege bei weitem alle Gewinne aus der Vermeidung von Zahlungsausfällen, die bei Anleihen, die mit Investment-Grade-Rating begeben worden seien, außergewöhnlich selten seien.
„Letztendlich führen die Verluste aus diesen erzwungenen Verkäufen dazu, dass Downgrade-intolerante Investment-Grade-Investoren gegenüber ihren Buy-and-Hold-Anlegern um etwa 25 Basispunkte pro Jahr unterlegen sind. Eine Zahl, die über alle Regionen hinweg weitgehend konsistent ist“, halten Maitra und Salt in der Studie fest. Angesichts der Tatsache, dass die durchschnittliche jährliche Kreditüberrendite von Investment-Grade-Unternehmensanleihen bei etwa 75 Basispunkten liege, würden die Verluste daher in etwa 30% der durchschnittlichen Überrenditen ausmachen. „Wir haben festgestellt, dass erzwungene Verkäufe eindeutig nachteilig für die Renditen sind, aber kompensieren sie etwa dafür in Form einer Risikoreduktion?“, fragen die Experten. Die Analyse zeige, dass es eine Verringerung der Volatilität gebe, diese jedoch viel geringer sei als die Verringerung der Rendite. Tatsächlich liegt die prozentuale Renditesteigerung für Buy-and-Hold-Investoren bei rund 30%, während der daraus resultierende Anstieg der Volatilität unter 5% liege.
Mangel an Käufern
Regulierung und Anlegerrichtlinien können den Experten zufolge die Toleranz für Herabstufungen bei IG-Allokationen erschweren. Dies gelte vor allem, wenn der IG-Bereich verwendet werde, um die Cashflows der Verbindlichkeiten zu matchen. „Das Kreditrating ist ein wichtiger Faktor für das Kreditrisiko, und gefallene Engel sind einem höheren Risiko ausgesetzt als ihre Konkurrenten. Sector Distress – also sehr angespannte Situation in einzelnen Branchen – sind ein starker Risikotreiber für gefallene Engel, so dass auf Ratings basierende Stop-Loss-Regeln ein umsichtiger Ansatz zur Risikominderung zu sein scheinen“, so die beiden Experten von Lombard Odier. Die Risikominderung gehe mit überhöhten Kosten einher. Anleihen würden naturgemäß sehr empfindlich auf Abwärtsrisiken reagieren, so dass die Kurse dazu neigen, nach unten überzureagieren. „Herabstufungen von Ratings sind daher eine wichtige Quelle für Kursüberreaktionen. Die Aufteilung des Anlageuniversums in Investment Grade und High Yield in Verbindung mit der Zunahme regelbasierter passiver Anlagen verschärft diese Überreaktion noch weiter“, konstatieren Maitra und Salt. Dies liege daran, dass Stressphasen oft zu einem Mangel an Käufern führen würden, die dem steigenden Angebot an herabgestuften Anleihen durch erzwungene Verkäufe letztlich noch gegenüberstehen.