GASTBEITRAG

Guter Einstiegszeitpunkt für Unternehmensanleihen aus den Emerging Markets

Börsen-Zeitung, 14.1.2017 In der jüngeren Vergangenheit haben wir unseren Kunden immer empfohlen, bei einem Renditeniveau von 5,5 bis 6 % für Emerging Markets (EM) Corporate Debt über einen Einstieg in die Assetklasse nachzudenken. Aktuell liegt die...

Guter Einstiegszeitpunkt für Unternehmensanleihen aus den Emerging Markets

In der jüngeren Vergangenheit haben wir unseren Kunden immer empfohlen, bei einem Renditeniveau von 5,5 bis 6 % für Emerging Markets (EM) Corporate Debt über einen Einstieg in die Assetklasse nachzudenken. Aktuell liegt die Rendite unseres entsprechenden Portfolios am oberen Rand dieser Spanne – der Zeitpunkt ist also attraktiv. Das gilt umso mehr, führt man sich die Charakteristika von EM Corporate Debt vor Augen: ein vergleichsweise geringes Durationsrisiko (relativ zu EM Sovereign Debt Hard Currency), ein äußerst vielfältiges Anlageuniversum mit entsprechenden Diversifizierungsmöglichkeiten und schließlich sich verbessernde Schuldenkennzahlen.EM Corporate Debt wird unserer Meinung nach in puncto Verlässlichkeit, Vielfältigkeit und generelle finanzielle Gesundheit oft unterschätzt. Dieses Anlageuniversum bestand Ende Oktober aus 536 Unternehmen in 12 Geschäftsfeldern und 51 Ländern. Das ist eine sehr breite Auswahl für attraktive Anlagemöglichkeiten. Hinzu kommt, dass es sich oft um multinationale Konzerne handelt, die breit diversifizierte Erlösströme besitzen und obendrein auch noch günstig bewertet sind. Die Bewertung ist immer im Kontext zur aktuellen Position im Kreditzyklus zu sehen. Lateinamerikanische Unternehmen haben nach der anhaltenden Phase der Verschlechterung inzwischen den Tiefpunkt im Kreditzyklus erreicht. Im zweiten Halbjahr 2017 erwarten wir hier eine Verbesserung. Asiatische Unternehmen befinden sich dagegen auf dem Höhepunkt des Zyklus und könnten hier dank des wirtschaftlichen Wachstums auch noch einige Zeit verweilen. Allerdings wird sich die Lage unweigerlich verschlechtern, da die Region mit hoher Verschuldung und sich verschlechternden Kreditrichtlinien zu kämpfen hat. Unter dem Strich schätzen wir also Lateinamerika aussichtsreicher ein als Asien. Die Ausfallquoten sind in den Emerging Markets seit Juli 2014 im High-Yield-Bereich leicht angestiegen, liegen aber unter dem Niveau von US High Yield. Der Anstieg ist auch eine Folge der allmählich gewachsenen Verschuldung. Im historischen Kontext ist der Verschuldungsgrad aber überschaubar.Bedeutsam ist dabei auch, dass die großen Unternehmen in den Emerging Markets mindestens einen genauso guten, wenn nicht sogar besseren Zugang zu Bankdarlehen und anderen Formen der privaten Finanzierung haben als Unternehmen in den Industrieländern. Refinanzierungsrisiken erachten wir daher in den nächsten zwölf Monaten als eingedämmt. Die Rolle von TrumpDie zwei Kernrisiken für EM Corporate Debt sind ein kräftiger Renditeanstieg von Treasuries infolge eines besser als erwartet ausfallenden nominellen US-Wirtschaftswachstums sowie eine protektionistischere Haltung der neuen US-Regierung. Beides ist an den Märkten allerdings schnell eingepreist worden und stellt nun eine attraktive Risikoprämie dar. Überdies hat Donald Trump seine Rhetorik bereits abgeschwächt, weshalb erwartet werden kann, dass einige seiner gefürchteten Aussagen gar nicht oder nur abgeschwächt Realität werden.Das Wahlergebnis erhöht die Wahrscheinlichkeit steigender Ausgaben für Infrastruktur und Steuersenkungen. Allerdings sind deren Ausmaß und die Auswirkung weitaus unklarer. Wir beurteilen den rasanten Renditeanstieg von Treasuries als übertrieben optimistisch im Hinblick auf das US-Wachstum, die Inflation und die ultimative Reaktion der Fed ein. Denn republikanische Regierungen sind traditionell gegen jede Erhöhung der Aufwendungen für Infrastruktur, besonders wenn diese nicht durch eine Erhöhung der Staatseinnahmen finanziert werden kann. Und selbst wenn die Entscheidung im nächsten Jahr durch beide Kammern des Kongresses gehen würde, so wird sie dann wahrscheinlich erst mit dem Budget 2018 in Kraft treten. Dabei wird der republikanisch geprägte Kongress wahrscheinlich darauf bestehen, dass die Regierung ihre Umsätze ausweitet und/oder die Ausgaben an anderer Stelle kürzt, was den Wachstumsimpuls des Politikwandels schmälert.Auch darf nicht vergessen werden, dass der Renditeanstieg von US-Treasuries und die Anpassung der Zinserwartungen nach der Wahl dem US-Dollar im Vergleich zu anderen Währungen Auftrieb gegeben haben. Das allein verschärft bereits die finanziellen Rahmenbedingungen und gefährdet den unmittelbaren Wirtschaftsaufschwung. Justierung der HandelspolitikEs wäre töricht zu denken, Donald Trump verfolge keine Nachverhandlungen in der Handelspolitik, da dies eins der Hauptanliegen seiner Wählerschaft war. Eine komplette Aufhebung des North American Free Trade Agreement (NAFTA) ist unwahrscheinlich. Die wirtschaftlichen Risiken für die USA wären signifikant. Es gibt schlichtweg nicht genügend Fachkräfte und die Infrastruktur, um die verarbeitende Industrie kurzfristig zurück in die USA zu holen. Gäbe es eine deutliche Zollgebühr auf mexikanische Importe, wie im Wahlkampf suggeriert, würden die Importkosten ansteigen und somit vor allem das verfügbare Einkommen der Arbeiterklasse sehr hart treffen.Wir denken, dass die Trump-Regierung über das Freihandelsabkommen neu verhandeln wird, um ein besseres Ergebnis zu erzielen. Außerdem wird er versuchen, den Kapitalabfluss von amerikanischen Unternehmen nach Mexiko einzudämmen. Von Unternehmen mit Aktivitäten in Mexiko erhielten wir allerdings die Einschätzung, dass die Arbeitskosten auch nach höheren Zöllen wettbewerbsfähig genug bleiben können. Außerdem werden strategische Entscheidungen über Fabrik- und Vertriebsstandorte für mindestens zehn bis 15 Jahre getroffen, nicht für eine Legislaturperiode von vier Jahren. Veränderungen werden daher relativ langsam verlaufen. Asien unter DruckAsien wird unter Druck stehen, seine Märkte zu öffnen und seine Handelspolitik mit den USA besser auszubalancieren. Gegenüber China ist eine strengere Haltung wahrscheinlich. Das Land als Währungsmanipulator zu kennzeichnen wäre einfach und würde zu weiteren Handlungen bevollmächtigen. Der unmittelbare Einfluss wäre jedoch bescheiden. Unter dem Strich erwarten wir langwierige Verhandlungen über eine größere Öffnung der asiatischen Märkte für US-Exporte.—-Victoria Harling, Portfolio Managerin bei Investec Asset Management