KREDITWÜRDIG

Guter Jahresauftakt für Emerging-Market-Bonds

Von Janis Hübner *) Börsen-Zeitung, 14.2.2019 2018 ist ein miserables Jahr an den Kapitalmärkten gewesen, und Schwellenländeranleihen haben hier keine Ausnahme dargestellt: Der Risikoaufschlag für EM-Hartwährungsanleihen (gemessen am J.P. Morgan...

Guter Jahresauftakt für Emerging-Market-Bonds

Von Janis Hübner *)2018 ist ein miserables Jahr an den Kapitalmärkten gewesen, und Schwellenländeranleihen haben hier keine Ausnahme dargestellt: Der Risikoaufschlag für EM-Hartwährungsanleihen (gemessen am J.P. Morgan EMBIG) hat sich von 310 auf gut 430 Basispunkte (BP) ausgeweitet. Die Anlageklasse bescherte den Investoren einen Verlust von 4,6 %. Zu Beginn des neuen Jahres ist die Stimmung für Emerging Markets eine andere: Der Risikoaufschlag hat sich um rund 50 BP eingeengt, und mit einem Plus von 4,4 % konnte der Vorjahresverlust bereits wieder weitgehend wettgemacht werden.Die Stimmungsverbesserung ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass sich die Lage für die Krisenländer Türkei und Argentinien in den vergangenen Monaten stabilisiert hat. Die Türkei war trotz der Währungskrise vom August in den Folgemonaten in der Lage, ihre Auslandsverbindlichkeiten zu bedienen, weil die wichtigsten Finanzierungswege offen blieben. Das wiederum ist zu einem guten Teil der türkischen Notenbank zu verdanken, die wegen ihrer Zögerlichkeit über lange Zeit an den Märkten zu Recht in der Kritik stand, mit der drastischen Zinsanhebung im September jedoch einen Befreiungsschlag geschafft hat. Noch ist die Rezession, in die die türkische Wirtschaft nach der Währungskrise stürzte, nicht überwunden. Doch es erscheint unwahrscheinlich, dass der EMBIG-Spread für Türkei-Anleihen (aktuell etwas über 400 BP) in diesem Jahr noch einmal auf das Krisenniveau von 600 BP steigt. Schwierige LageSchwieriger ist die Lage in Argentinien: Zwar liegt auch hier der EMBIG-Spread mit rund 670 BP deutlich unter den Höchstständen des vergangenen Jahres (830 BP), und der Peso hält sich seit Monaten zum Dollar in einer relativ engen Handelsspanne. Doch diese Stabilisierung wurde teuer erkauft, indem die Regierung den Internationalen Währungsfonds um Hilfe gerufen hat. Die Kombination aus hoher Auslandsverschuldung, anhaltender Wirtschaftsschwäche und Abhängigkeit vom IWF erinnert viele Argentinier fatal an die Krise des Jahres 2001, die mit der Einstellung des Schuldendienstes endete. Im Oktober stehen Präsidentschaftswahlen an. Die Hoffnungen vieler Finanzmarktakteure ruhen auf Amtsinhaber Mauricio Macri, der trotz der großen Wirtschaftsprobleme mit berechtigten Siegeshoffnungen in das Rennen geht. Denn die isolationistische Politik der Kirchner-Ära ist aus Sicht vieler Wähler kein Zukunftsversprechen.Es waren jedoch nicht in erster Linie die Schwellenländerthemen, die den EM-Anleihemarkt in den vorigen Monaten bewegten. Wie so oft standen die Investoren im Bann der US-Notenbank. Der Fed-Vorsitzende Jerome Powell ist erst seit einem Jahr im Amt, was bedeutet, dass er und die Finanzmärkte noch in der “Kennenlernphase” sind. Als sich die Investoren gegen Ende des Jahres Sorgen um die Weltkonjunktur und eine weitere Verschärfung des Handelskriegs machten, vermittelte er den Eindruck, die Fed werde an ihrer Politik der geldpolitischen Straffung unbeirrt festhalten. Die Furcht vor dem “Autopiloten”, den Powell in Zusammenhang mit dem Schrumpfen der Zentralbankbilanz verwendete, war ein entscheidender Auslöser für die Marktturbulenzen im Dezember.Im neuen Jahr hört sich das schon deutlich vorsichtiger an. Zwar hält die Fed an ihrer Sicht fest, dass sich der Leitzins noch immer im expansiven Bereich befindet und folglich weitere Anhebungen nötig sind, um ein neutrales Niveau zu erreichen. Doch Powells Aussage, man sei mit Blick auf die Geldpolitik “geduldig”, ist ein Hinweis, dass der nächste Schritt wohl nicht vor Juni erfolgen wird. Zudem hat er die Risiken für die Weltwirtschaft stärker betont. Auch die Frage, wie stark die Zentralbankbilanz noch schrumpfen soll, wird offenbar in der Fed verstärkt diskutiert. Der “Autopilot” ist damit abgeschaltet, was an den Finanzmärkten für Erleichterung sorgte. Doch von großem Optimismus kann keine Rede sein. Dafür sorgt schon die Unsicherheit um den Ausblick für die Weltwirtschaft. In Europa werden die Wachstumsprognosen bereits nach unten korrigiert. Die Unsicherheit um den “Brexit” hält an, und der Haushaltsstreit mit Italien kann jederzeit wieder aufflammen. Sorgen um ChinaMit dem Auf und Ab der europäischen Wirtschaft können sich die Finanzmärkte besser arrangieren als mit der Schwächetendenz in China. Denn spätestens seit der globalen Finanzkrise war China der beherrschende Treiber für Rohstoffe, Maschinen und in zunehmendem Maße auch Dienstleistungen. Zwar dürfte das Wirtschaftswachstum 2019 nicht unter 6 % fallen, doch da die Wirtschaft immer stärker von Konsum und Dienstleistungen getrieben wird, profitieren Exporteure im Ausland von dieser Entwicklung nicht mehr in dem Maße wie in früheren Jahren. Die Hoffnung auf kräftige Konjunkturimpulse durch die Regierung hat sich bislang nicht erfüllt, weil das Ziel der Finanzsystemstabilität mittlerweile eine zentrale Säule der Regierungslinie ist. Hinzu kommt die Gefahr einer weiteren Verschärfung des Handelskonflikts mit den USA. Zwar überwogen auf beiden Seiten in den vergangenen Wochen die zuversichtlichen Töne, so dass zumindest eine vorläufige Einigung wahrscheinlich erscheint. Doch es erscheint klar, dass der Grundkonflikt zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt auf viele Jahre hinaus fortbestehen und immer wieder für Verunsicherung an den Finanzmärkten sorgen wird.Ein schwächeres Wirtschaftswachstum ist für die Rentenmärkte aber zunächst keine schlechte Nachricht, denn die Gefahr von steigenden Leitzinsen nimmt entsprechend ab. Die überraschende Zinssenkung in Indien zeigt, dass Zentralbanken in den Schwellenländern vor dem Hintergrund einer vorsichtigeren Fed wieder größeren Handlungsspielraum besitzen. Druck der Märkte lässt nachEM-Hartwährungsanleihen sind überwiegend in Dollar denominiert, weshalb die Renditeentwicklung von US-Staatsanleihen ein entscheidender Einflussfaktor für die Wertentwicklung ist. Die Erwartung, dass die Fed nur noch wenige Zinsanhebungen vornehmen wird, bevor sie eine längere Pause einlegt, dürfte hier starke Renditeanstiege verhindern. Im vergangenen Jahr war es der starke Anstieg der Risikoaufschläge, der zu dem schlechten Jahresergebnis von EM-Hartwährungsanleihen führte. Auch wenn der Druck der Märkte nun etwas nachlässt, erscheint die Gefahr gering, dass Regierungen und Zentralbanken sich in Sicherheit wiegen und ähnlich schwere Politikfehler begehen, wie dies beispielsweise 2018 in der Türkei der Fall war. Das globale Umfeld bleibt herausfordernd, doch die Schwellenländer haben es selbst in der Hand, Staatsfinanzen und Leistungsbilanzsalden unter Kontrolle zu halten. Mit anhaltender Volatilität ist zu rechnen, doch die Gefahr starker und dauerhafter Anstiege der Risikoaufschläge hat abgenommen, weil sich Wirtschaftspolitik und Finanzmärkte mittlerweile besser auf ein Umfeld höherer US-Zinsen bei niedrigerem globalem Wirtschaftswachstum eingestellt haben.—-*) Janis Hübner ist im Makro-Research der DekaBank tätig.