GASTBEITRAG ZUR SERIE: ANLAGETHEMA IM BRENNPUNKT (29)

Guter Zeitpunkt für Anlagen in Schwellenländerbonds

Börsen-Zeitung, 26.7.2018 In den letzten Jahren haben sich Anleger bei Schwellenländeranleihen an gute Renditen gewöhnt. Sowohl 2016 als auch 2017 konnten sie gemäß dem J. P. Morgan EMBI Global Diversified Index Kapitalerträge von jeweils 10 %...

Guter Zeitpunkt für Anlagen in Schwellenländerbonds

In den letzten Jahren haben sich Anleger bei Schwellenländeranleihen an gute Renditen gewöhnt. Sowohl 2016 als auch 2017 konnten sie gemäß dem J. P. Morgan EMBI Global Diversified Index Kapitalerträge von jeweils 10 % einstreichen. Doch in der ersten Hälfte dieses Jahres kehrte sich die günstige Entwicklung um, und der Index musste ein Minus von 5,2 % hinnehmen. Dabei ist die Fünf vor dem Komma nicht unbedeutend. Denn ab einer negativen Wertentwicklung in dieser Höhe werden Anleger automatisch per E-Mail informiert und beginnen, nervös zu werden. Sicher, Drawdowns, also maximale kumulierte Verluste in einem Betrachtungszeitraum, sind unerfreulich, aber sie gehören zu Anlagen in Schwellenländeranleihen. In Zeiten wie diesen müssen sich Anleger immer wieder vor Augen führen, dass Schwellenländeranleihen eine ineffiziente Anlageklasse und somit anfällig für Wertschwankungen sind. Diese Ineffizienzen sind jedoch auch der Grund, warum langfristig orientierte Anleger in solchen Phasen Anlagemöglichkeiten finden können, welche die Saat für eine langfristig überdurchschnittliche Wertentwicklung legen.Angesichts der aktuellen Marktschwäche lohnt ein Blick auf frühere Phasen, in denen Anleihen aus Schwellenländern ebenfalls Verluste von über 5 % erlitten haben. Seit 2013 hat der Markt nur zweimal mehr als 5 % verloren, im Juni 2013 und im November 2016, wobei sich diese beiden Phasen erheblich in ihrer Länge unterscheiden. Nur vier negative JahreBei der ersten Phase im Juni 2013 dauerte es bis zur Erholung zwölf Monate, während sich der Rückgang im November 2016 eher als kleine Flaute von rund sieben Monaten erwies. Blickt man noch weiter zurück bis in die Mitte der neunziger Jahre, finden sich nur vier Jahre mit negativen Renditen, auf die jeweils mehrere Jahre mit deutlich überdurchschnittlicher Wertentwicklung folgten, wie die unten links stehende Grafik zeigt. Die Botschaft ist klar: Mit Schwellenländeranleihen haben Anleger über die Jahre eine hervorragende Performance erzielt.Aber wir wollen hier nicht auf eine glorreiche Vergangenheit zurückblicken. Es geht vielmehr darum, deutlich zu machen, dass sich in Verlustphasen gut die Saat für langfristig über dem Markt liegende Kapitalerträge ausbringen lässt. Gegenwärtig herrscht an den Märkten Regenzeit. Aber in der Landwirtschaft ist Regen unerlässlich, damit Pflanzen Früchte tragen. Und ganz gleich, ob das schlechte Wetter nun sechs oder zwölf Monate dauert: Wir sind zuversichtlich, dass sich die aktuelle Schwächephase wieder ändern wird und langfristig orientierte Anleger einmal mehr von reicher Ernte profitieren können.Gegenwärtig erscheint das Umfeld genau richtig: Zu attraktiven Bewertungen gesellen sich unsichere technische Rahmenbedingungen. Das bietet versierten Bondpickern eine Vielzahl von Möglichkeiten. Denn Anleger, die auf schnelle Gewinne aus sind, lassen sich von Nachrichten und technischen Faktoren treiben. Uns kommt ein solches Verhalten entgegen, da es die oben erwähnten Ineffizienzen schafft, die sich ein Anleger zunutzemachen kann. So haben etwa Schlagzeilen über steigende US-Zinsen und einen ausgewachsenen Handelskrieg Investoren dazu veranlasst, Kapital aus der Anlageklasse abzuziehen. Aber wie die Vergangenheit zeigt, wirken sich Zinsspitzen in den USA in der Regel nur kurzzeitig auf die Erträge aus Schwellenländeranleihen aus. Und trotz des hitzigen Schlagabtauschs zwischen den USA und einigen ihrer größten Handelspartner und der Einführung von Straf- und Vergeltungszöllen nimmt der Welthandel weiter zu. Emissionsstau löst sich aufWas die technische Seite anbelangt, war in der ersten Jahreshälfte ein starkes Emissionsvolumen zu verzeichnen. Zwei Drittel der dieses Jahr erwarteten Neuemissionen wurden bereits an den Markt gebracht. Dieser Emissionsstau dürfte sich nun langsam auflösen. Überdies werden im zweiten Halbjahr mehrere große Anleihen fällig, weshalb einiges für ein dann aufgehellteres technisches Bild spricht. Und bei aller Aufregung sollte nicht vergessen werden, dass die Bewertungen auf einer soliden Grundlage stehen und die Renditen mittlerweile über dem Durchschnitt in der Zeit nach der Finanzkrise liegen, wie die oben stehende Grafik zeigt. Dabei gilt wie immer, dass die Wertentwicklung der Vergangenheit kein verlässlicher Hinweis auf die aktuelle oder künftige Wertentwicklung ist.Mit der aktuellen Marktschwäche kehren wir schlicht und ergreifend zu normalen Bedingungen zurück, und auch diese Großwetterlage kommt uns entgegen. Denn attraktive Bewertungen und schwierige technische Rahmenbedingungen sorgen immer wieder für Volatilität, die aktive, antizyklische Anleger für sich nutzen können.—-Luc D’hooge, Head of Emerging Markets Bonds, Vontobel Asset Management