LEITARTIKEL

Hafengesänge auf den Yuan

Im asiatischen Raum haben sich die geopolitischen Spannungen in den vergangenen Monaten beträchtlich erhöht und China steckt mit seiner exponierten Rolle im Nordkoreakonflikt und Streitigkeiten mit anderen Ländern mittendrin. Im Tandem mit...

Hafengesänge auf den Yuan

Im asiatischen Raum haben sich die geopolitischen Spannungen in den vergangenen Monaten beträchtlich erhöht und China steckt mit seiner exponierten Rolle im Nordkoreakonflikt und Streitigkeiten mit anderen Ländern mittendrin. Im Tandem mit Nordkoreas Atomwaffendrohungen ist der Wechselkurs des chinesischen Yuan gegenüber dem Dollar immer weiter geklettert. Marktteilnehmer nehmen nun einen Begriff in den Mund, für den man bislang im Zusammenhang mit der chinesischen Devise nie Verwendung fand, und debattieren einen Safe-Haven-Effekt. Es scheint, als könnte der Yuan den japanischen Yen als präferierte regionale Zufluchtswährung ablösen.Allein seit Anfang August, als man in Pjöngjang immer stärker begonnen hat, mit dem Feuer zu spielen, hat der Yuan um mehr als 3 % gegenüber dem Dollar zugelegt. Das ist für sich genommen eine extreme Bewegung für den über einen Referenzkurs zum Dollar eng von der chinesischen Zentralbank gesteuerten “Redback”. Seit Jahresbeginn liegt der Yuan nun schon über 6 % vorne und verbucht damit die kräftigste Aufwertungsbewegung seit einer Währungsreform im Jahr 2005, als eine direkte Festkursanbindung des Yuan an den Dollar aufgegeben wurde.Peking ist es sicherlich nicht unangenehm, wenn die heimische Währung als ein Anker in stürmischen Zeiten und geopolitischen Stressperioden angesehen wird. Es passt in jedem Fall zu dem Bild, das Chinas Staatspräsident auf internationaler Bühne zu vermitteln sucht: Das Reich der Mitte will in Zeiten einer “America-first-Politik” des US-Präsidenten Donald Trump in eine neue Rolle als Schutzmacht der Globalisierungsbewegung hineinwachsen und anders als in seiner bisherigen Geschichte so etwas wie Mitverantwortung für die globale Wirtschaftsordnung übernehmen.So weit, so gut, aber der Fall ist doch etwas komplizierter. Die Stärke des Yuan in diesem Jahr ist von einer anziehenden Konjunktur und einer robusteren Außenhandelsperformance fundamental einigermaßen abgesichert. Sie folgt einer lange anhaltenden Schwächephase, die von einem überraschenden Abwertungsmanöver der chinesischen Zentralbank im Herbst 2015 ausgegangen war. Danach hatten eine heftige Baissespekulation und eine einigermaßen dramatische Kapitalflucht mit rascher Abschmelzung der Devisenreserven eingesetzt, derer die Zentralbank nur mit Mühe Herr geworden ist. Auf dem gegenwärtigen Niveau von etwa 6,50 Yuan zum Dollar sehen die Experten etwa einen fairen Wert erreicht. Eine Fortsetzung der raschen Aufwertung scheint aber auch die Zentralbank nur ungern zuzulassen, denn die momentane Safe-Haven-Glorie birgt einige Risiken.Tatsächlich ist die Realwirtschaft nicht stark genug, um eine jetzt bereits absehbare Beeinträchtigung der Exportwirtschaft durch einen kräftigen Yuan-Auftrieb und geänderte Wechselkursänderungserwartungen abzufedern. Wird der Yuan tatsächlich im Zuge einer Verschärfung des Nordkoreakonflikts zu einer Fluchtwährung, kommt es unweigerlich zu Kapitalzuflüssen in Form von sogenanntem “Hot Money”, das die nur mühsam unter Kontrolle gebrachte Gefahr von Assetpreisblasen wieder erhöht. Es würde auch unweigerlich das Thema einer Yuan-Bubble aufkommen, was Hedgefonds mit einer neuen Runde von Baissespekulationen in Position bringen könnte.Chinas Währungshüter dürften hoch erfreut darüber sein, dass es ihnen gelungen ist, die als besondere Bedrohung angesehene Kapitalabwanderung aus China gestoppt zu haben. Nun müssen sie aber zusehen, dass keine Jo-Jo-Bewegung folgt. Zum Wochenbeginn wurden einige Restriktionen für Devisentermingeschäfte wieder aufgehoben, die man in der Schwächephase des Yuan zwecks Verteuerung von Shortpositionen eingeführt hatte. Dies ist ein Zeichen dafür, dass man nach ausgestandener “Krise” nun wieder bereit ist, Kapitalverkehrskontrollen zu lockern. Gleichzeitig ist dies aber auch ein starker Hinweis darauf, dass es mit der Safe-Haven-Rolle für Chinas Währung nicht sonderlich weit gediehen ist.Die Aufwertung der letzten Monate ist nicht zuletzt eine Folge von geschlossenen Shortpositionen auf den Yuan. Gleichzeitig leben auch Carry Trades wieder auf, mit denen wie in früheren Zeiten auf Zinsvorteile einer Yuan-Anlage gegenüber Dollar- oder auch Yen-Positionen gesetzt wird. Das aber spricht nicht für den Yuan als echte Safe-Haven-Anlage. Deren Charakter ist es ja – wie beim Paradebeispiel Gold -, dass angstvolle Anleger als Preis für vermeintliche Sicherheit von Zinsrenditen völlig absehen.——–Von Norbert HellmannDer Yuan wirkt im Nordkoreakonflikt wie ein Stabilitätsanker im asiatischen Raum. Von einem echten Safe-Haven-Status kann allerdings nicht die Rede sein.——-