Chipindustrie

Halbleiteraktien bieten Chancen

Die Aussichten für die Aktien aus der Halbleiterbranche sind gut, mit Blick auf eine ganze Reihe positiver langfristiger Faktoren. Dies zeigt sich auch in den Kursanstiegen in dem Sektor.

Halbleiteraktien bieten Chancen

Von Dieter Kuckelkorn, Frankfurt

Aktien aus der Halbleiterindustrie haben sich gut geschlagen. So verzeichnete der Semiconductor Index der Philadelphia Stock Exchange seit Anfang 2020 bis jetzt einen An­stieg von 105%. Zum Vergleich: Der ameri­kanische Benchmark-Index S&P 500 erreicht im gleichen Zeitraum eine Wertsteigerung von 40% und der technologielastige Nasdaq Composite von 69%.

Es gibt eine ganze Reihe von Faktoren, die den Sektor derzeit antreiben. So sind Zukunftsindustrien wie die Elektromobilität und regenerative Energien sowie generell die Einsparung von Energie auf intelligente Computersteuerungen angewiesen, sodass in den kommenden Jahren mit einer kräftig steigenden Nachfrage zu rechnen ist. Bereits jetzt ist das Angebot an Halbleitern knapp. Branchen wie die Automobilindustrie leide darunter, dass sie nicht genug Halbleiter beziehen können. Die Knappheit hat sogar viele Standard-Chips erreicht, was für Probleme bei Unternehmen aller Art sorgt.

Im Detail hat die Knappheit viele Gründe. So hat die erste Welle der Pandemie für Produktionseinschränkung auch vieler Halbleiterfertigungsstätten gesorgt. Nach der Wiedereröffnung der Volkswirtschaften wurden sehr viele Order platziert und viele Kunden sind bestrebt, sich Vorräte anzulegen. Hinzu kamen beispielsweise wetterbedingte Ausfälle großer Fabriken in Texas und ein Feuer in einer wichtigen japanischen Fabrik im März.

Nicht übersehen sollte man auch politische Faktoren. So belasten die harten handelspolitischen Sanktionen der USA gegen die chinesische Technologiebranche, mit denen die USA verzweifelt ihre technologische Vorherrschaft verteidigen wollen. Einer der weltweit wichtigsten Chiphersteller ist die taiwanesische TSMC. Die Regierung in Taipeh scheint TSMC und andere taiwanesischen Chiphersteller als wirtschaftspolitische Waffe gegen die Volksrepublik China einsetzen zu wollen. Die durch die Knappheit entscheidend verstärkte zentrale Rolle der taiwanesischen Chipindustrie gibt Taipeh erhebliche politische Macht und soll dazu dienen, militärischen Schutz von den westlichen Mächten zu erpressen gegen China, das für sich das Recht reklamiert, die Wiedervereinigung mit der abtrünnigen Provinz notfalls mit militärischen Mitteln herbeizuführen. So ist schon häufig behauptet worden, TSMC bevorzuge auf Weisung der Regierung Automobilhersteller in den USA und Japan auf Kosten von Wettbewerbern aus China und Europa. Von einem „Silicon Shield“ Taiwans gegen die Volksrepublik ist häufig die Rede.

Aber letztlich darf auch nicht übersehen werden, dass der Bau einer großen Chipfabrik rund zehn Jahre dauert und ungefähr 10 Mrd. Dollar verschlingt. Insofern dauert es sehr lange, bis das Angebot nennenswert auf Veränderungen der Nachfrage reagierten kann. Dies alles sollte einen Boom der Halbleiterbranche in den kommenden Jahren sicherstellen. Allerdings gibt es deutliche Unterschiede in den Perspektiven der einzelnen börsennotierten Unternehmen.

Analysten optimistisch

TSMC ist in den vergangenen zwölf Monaten mit der Notierung seiner American Depositary Receipts (ADR) an der New York Stock Exchange auf einen Kursanstieg von knapp 46% gekommen. Im bisherigen Jahresverlauf hat sich der Titel um 9% verteuert. Die Analysten sind für die Aktie sehr optimistisch. Von 36 Häusern raten 25 zum Kauf, während sieben Experten die Aktie mit „Overweight“ einstufen und vier mit „Hold“. Verkaufsempfehlungen gibt es gar keine. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) auf Basis der Prognosen für die kommenden zwölf Monate ist mit 31,7 recht hoch, aber noch nicht jenseits von Gut und Böse. Vom Marktkonsens wird das Zwölfmonatskursziel bei 146,08 Dollar gesehen, was immerhin einem Potenzial von knapp 22% entspricht. Das Unternehmen kommt auf eine stattliche Marktkapitalisierung von 556 Mrd. Dollar.

Intel als der größte amerikanische Halbleiterkonzern steht indes vor großen Problemen, die sich auch in der Kursentwicklung zeigen. Auf Sicht von einem Jahr ergibt sich lediglich ein Anstieg um 6%, seit Anfang 2021 um immerhin 8%. Bei den Prozessoren, dem wichtigsten Geschäftsfeld, verliert Intel gegenüber dem kleineren Wettbewerber AMD, der bei TSMC mit moderneren Methoden fertigen lässt, Marktanteile. Dementsprechend sind auch die Analysten deutlich skeptischer. Von 39 Analysten stufen 15 den Titel mit „Hold“ ein, drei mit „Underweight“ und sieben raten sogar zum Verkauf. daneben gibt es 14 Kaufempfehlungen und zwei Anlageurteile mit „Overweight“. Das Zwölfmonatskursziel wird bei 61,84 Dollar gesehen, damit wird ein Kurspotenzial von 15% zuerkannt. Das KGV von lediglich 12 ist enttäuschend.

AMD konnte hingegen mit einem Kursanstieg der vergangenen zwölf Monate von 19% bzw. von 20% im laufenden Turnus glänzen. Das KGV ist mit 39,3 anspruchsvoll, mit einem durchschnittlichen Kursziel von 111,79 Dollar wird kaum noch Kurspotenzial gesehen, nämlich gerade einmal 1,5%. Gleichwohl gibt es nur eine einzige Verkaufsempfehlung bei 16 Einstufungen mit „Hold“ und 16 mit „Buy“.

Infineon als größter deutscher Halbleiterkonzern – aber nur einer Marktkapitalisierung, die halb so groß ist wie die von AMD – weist eine anspruchsvolle Bewertung auf mit einem KGV von 32. Gleichwohl stuft J.P. Morgan Cazenove die Aktie mit „Overweight“ ein, bei einem Kursziel von 42 Euro, womit sie immerhin ein Potenzial von 16% bieten würde. Barclays gewährt der Aktie unter Verweis auf die Kapazitätsengpässe hingegen lediglich eine Einstufung mit „Equal-weight“.

Chancen sehen die Analysten auch bei dem Industrieausrüster ASML. Das durchschnittliche Kursziel liegt unter dem gegenwärtigen Kurs der Aktie. Die Aktie kommt mit 61,3 auf ein noch höheres KGV als Infineon. Die Analysten von Mizuho sehen positive Aussichten für die kommenden Jahre, während die Aktie für Barclays ein „Top Pick“ in der Branche ist. Barclays hält ein Kursziel von 800 Euro angemessen, bei einem aktuellen Kurs von 704,60 Euro. Die positive Dynamik werde sich fortsetzen, erwartet man. Die Experten der Deutschen Bank sind allerdings etwas vorsichtiger und stufen die Aktie mit „Hold“ ein.

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