Handelsstreit setzt Ölpreis stark zu
Die Aussicht auf einen eskalierenden und möglicherweise langwierigen amerikanisch-chinesischen Handelskrieg hat den Ölpreis stark unter Druck gesetzt. Befürchtet werden mittlerweile deutlich negative Auswirkungen auf die globale konjunkturelle Lage und damit den Ölverbrauch. Eine Lösung des Konflikts ist nicht in Sicht.ku Frankfurt – Die Aussicht auf einen langen und harten amerikanisch-chinesischen Handelskrieg hat am Donnerstag für deutliche Reaktionen an den internationalen Finanzmärkten gesorgt. Besonders betroffen ist der Ölmarkt: Die Notierung der wichtigsten Nordseesorte Brent Crude brach um fast 5 % ein. Es zeichnet sich damit der schwächste Wochenverlauf am Ölmarkt seit sechs Monaten ab.Sein Tief markierte Brent mit 67,3 Dollar je Barrel. Damit ist die Notierung aus ihrer Handelsspanne von rund 70 bis 75 Dollar herausgefallen, was charttechnisch Raum für einen weiteren Preisrückgang gibt. Am Abend ging sie dann zu 67,57 Dollar um, ein Tagesverlust von 4,8 %. US-Leichtöl der Sorte West Texas Intermediate (WTI) sackte um 5,1 % auf 58,29 Dollar ab. Zeitweise verzeichnete WTI einen Tagesverlust von rund 6 %, wobei Analysten anmerkten, dass WTI bei 60 Dollar eine wichtige Unterstützungszone nach unten durchstoßen habe, so dass charttechnisch nun der Weg bis auf 52 Dollar frei sei. Weltweit geht die Angst um, dass der von US-Präsident Donald Trump begonnene Handelskrieg mit China in einen globalen Krieg um die technologische Vorherrschaft mündet, der mit harten Bandagen ausgefochten wird und die globale Konjunktur schwer in Mitleidenschaft ziehen könnte.Nachdem die Trump-Administration gegen den führenden chinesischen Netzwerktechnik- und Smartphone-Hersteller Huawei einen fast kompletten globalen Boykott durchgesetzt hat, erklären nun immer mehr weltweite Lieferanten von Huawei den Abbruch der Geschäftsbeziehungen mit dem chinesischen Konzern – unter anderem die britische ARM Holding, die die Chipdesigns für sämtliche stromsparenden Prozessoren von Mobilgeräten liefert. China auf der anderen Seite stellt einen Boykott der Lieferungen von Seltenen Erden an die USA in Aussicht und stimmt seine Bevölkerung auf eine lange Auseinandersetzung ein. Neue Gesprächsrunden zwischen Washington und Peking sind nicht mehr geplant. Lagerbestände gestiegenBei dem Ölpreisrutsch spielt auch eine Rolle, dass die amerikanischen Lagerbestände an Rohöl in der vergangenen Woche unerwartet um 4,7 Mill. Barrel gestiegen sind, während gleichzeitig auch die Benzinvorräte kräftig um 3,7 Mill. Barrel zugenommen haben. Dies führt dazu, dass der Abschlag von WTI gegenüber Brent mit fast 10 Dollar je Barrel weiterhin hoch ist, da insbesondere für den US-Markt inzwischen eine Überversorgung gegeben ist. Zudem hieß es, dass es momentan eine ganz leichte Entspannung im amerikanisch-iranischen Konflikt gibt.Inzwischen wird von möglicherweise ernsten Konsequenzen für die globale Konjunktur ausgegangen. So beziffern chinesische Ökonomen die Auswirkungen des Handelskriegs auf die chinesische Binnenkonjunktur mit einer Reduktion des Wachstums um 1 bis 2 Prozentpunkte – wobei Trump den Handelskrieg bewusst in einer Phase verhältnismäßig niedrigen Wachstums in China vom Zaun gebrochen hat. China ist das Land, das den größten Anteil zum weltweiten Wirtschaftswachstum beisteuert. Aber auch in den USA erscheint die konjunkturelle Lage fragil. Die US-Zinsstrukturkurve näherte sich am Donnerstag im Segment zwischen zwei- und zehnjährigen Treasuries wieder der Inversion, was in der Vergangenheit recht zuverlässig den Ausbruch einer Rezession vorausgesagt hat. Am Donnerstag wurden weltweit die Einkaufsmanagerindizes veröffentlicht, wobei der Index für die verarbeitende US-Industrie auf den niedrigsten Stand seit sieben Jahren sank. Dies alles dürfte, so wird am Ölmarkt befürchtet, auch deutlich auf die Nachfrage nach dem Energieträger durchschlagen. Übertriebene Reaktion?Allerdings stellt sich die Frage, ob der Preisrutsch bei Rohöl mit Blick auf den Kurs der Opec, ihre Produktion entgegen den Wünschen der US-Regierung nicht hochzufahren, und mit Blick auf die wegen der US-Sanktionen immer weiter sinkende iranische Ölproduktion nicht übertrieben ist. So weisen die Rohstoffanalysten der Commerzbank darauf hin, dass beispielsweise die Türkei eigenen Angaben zufolge im Mai kein iranisches Öl mehr gekauft habe. “Wir erachten die derzeitige Preisschwäche daher als vorübergehend”, betonen sie.