Heißer Herbst am IPO-Markt

EY-Experten rechnen für Deutschland mit Belebung im Schlussquartal - Weltweit zuletzt eher Flaute

Heißer Herbst am IPO-Markt

In Deutschland könnte es einen heißen Herbst am Markt für Börsengänge geben, auch wenn das dritte Quartal hierzulande verhalten verlaufen ist. Rückläufig war das IPO-Geschäft auch im restlichen Europa und in China, während es in den USA einen regelrechten Boom gab.ku Frankfurt – Deutschland steht vor einem heißen Herbst hinsichtlich der in Frankfurt geplanten Börsengänge. Diese Prognose wagen die Experten für Initial Public Offerings (IPO) von der Beratungsgesellschaft EY (vormals Ernst & Young). “Etliche Unternehmen – sowohl klassische Industriekonzerne als auch Technologieunternehmen – stehen derzeit in den Startlöchern”, sagt Martin Steinbach, Leiter des Bereichs IPO und Listing Services bei EY. “Gut möglich, dass in den kommenden Monaten noch einige namhafte Börsenneulinge dazukommen”, sagt er voraus. Der laufende Turnus werde voraussichtlich das beste deutsche IPO-Jahr seit 2000. Fast verdoppeltIm Gegensatz zum europäischen Gesamtmarkt hat sich der deutsche IPO-Markt im bisherigen Jahresverlauf gut entwickelt. Die Zahl der Börsengänge hat sich im Vorjahresvergleich von acht auf 15 fast verdoppelt. Das Emissionsvolumen hat sich von 2,3 Mrd. Euro im Vorjahr auf 9 Mrd. Euro mehr als verdreifacht. Einige weitere Transaktionen seien bereits angekündigt. So ist für den 2. Oktober die Erstnotiz von Govecs, einem Hersteller von Elektrorollern, vorgesehen. Seine Börsenpläne öffentlich gemacht hat auch der Bremsenhersteller Knorr-Bremse, ferner die Beteiligungsgesellschaft Primepulse.Für weitere Börsengänge in Deutschland spreche, dass die Konjunkturentwicklung immer noch gut sei, so Steinbach. Die Zinsen würden in Europa zudem weiter sehr niedrig bleiben und das Bewertungsniveau an den Börsen sei nach wie vor hoch. “Es spricht daher vieles dafür, dass wir einen Jahresendspurt auf dem deutschen IPO-Markt sehen werden”, erwartet er. In Deutschland seien in diesem Jahr mehr als 18 Börsengänge realistisch. Dies vergleicht sich mit 14 Transaktionen im gesamten Jahresverlauf 2017.Allerdings warnt Steinbach auch, dass beispielsweise eine erneute Zuspitzung der internationalen Handelskonflikte jederzeit wieder für Unruhe an den Märkten sorgen könne. Das zeigte sich bereits im dritten Quartal, als es in Deutschland mit Creditshelf nur einen einzigen Börsengang gab.Global gesehen verlief das Geschäft mit IPO im dritten Quartal deutlich verhaltener, was EY zum Teil auf die Handelskonflikte zurückführt, aber auch auf Kapitalabflüsse aus Schwellenländern in Richtung USA. Die Anzahl der weltweiten Börsengänge ist im dritten Quartal gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum um 22 % auf 302 Transaktionen zurückgegangen. Das Emissionsvolumen stieg allerdings im gleichen Zeitraum um 9 % auf 47,8 Mrd. Dollar, was sich auf einige sehr große Transaktionen in China zurückführen lasse.In Europa habe sich das IPO-Klima zuletzt eingetrübt mit einem Rückgang der Börsengänge im Quartal um 23 % auf 33 Transaktionen. Das Emissionsvolumen brach sogar um 91 % auf nur noch 1,1 Mrd. Dollar ein. Insbesondere der europäische Markt leide derzeit unter den wachsenden Unsicherheiten aufgrund geopolitischer Risiken und der neuen US-Handelspolitik, heißt es. In Großbritannien kommen die Brexit-Ängste hinzu, so dass die Zahl der Börsengänge seit Anfang Januar um 30 % auf 37 Transaktionen gesunken ist. Regulatorische AnforderungenAuch in China seien die Aktivitäten aufgrund gestiegener regulatorische Anforderungen und einem langsameren Freigabeprozess durch die Behörden rückläufig gewesen. Dies betreffe vor allem die Festlandbörsen. Insgesamt, das heißt unter Einbeziehung Hongkongs, gab es 80 Transaktionen, 44 % weniger als im gleichen Vorjahreszeitraum. Allerdings hat sich das Emissionsvolumen aufgrund einiger sehr großer Neuzugänge an der Hongkonger Börse auf 26 Mrd. Dollar verdoppelt. Die Börse Hongkong habe neue Zulassungsbestimmungen erlassen, was aktuell zu einem starken Zustrom von Börsenneulingen geführt habe.Klammert man Hongkong aus, so sank in China die Zahl der Transaktionen um 78 % auf nur noch 23. Das Emissionsvolumen ging um 57 % auf 3,2 Mrd. Dollar zurück. Immerhin ist die Pipeline gut gefüllt, es warteten 290 Unternehmen auf grünes Licht der Regulierungsbehörden.Sehr stark würden sich derzeit die USA entwickeln, wo die Zahl der IPO im Quartal um 31 % auf 47 gestiegen sei. Das Emissionsvolumen sei sogar um 150 % auf 12,4 Mrd. Dollar geklettert.Die weltweit größten Börsengänge hätten 2018 bisher in Hongkong stattgefunden. So sammelte der Sendemastbetreiber China Tower 6,9 Mrd. Dollar ein, und der Smartphone-Produzent Xiaomi 5,4 Mrd. Dollar. Die deutsche Siemens Healthineers war mit 5,3 Mrd. Dollar immerhin der weltweit drittgrößte Börsengang des laufenden Jahres. Deutsche Börse auf Platz fünfIm Ranking der Börsen führt 2018 bislang Hongkong mit einem Emissionsvolumen von 29,4 Mrd. Dollar und 153 Deals, gefolgt von der New York Stock Exchange mit 25,9 Mrd. Dollar und 48 IPO. Die Deutsche Börse kommt mit 9 Mrd. Dollar und 15 Transaktionen immerhin global auf den fünften Platz.Für das vierte Quartal rechnet Steinbach mit einem insgesamt guten Verlauf. Der US-Markt boome weiter und es drängten zunehmend sogenannte Unicorns auf den Markt. Darunter versteht man stark wachsende Jungunternehmen primär aus dem Technologiesektor mit einer Bewertung von mehr als 1 Mrd. Dollar. Für das Gesamtjahr rechnet EY mit weltweit etwa zwei Dutzend solcher Transaktionen.