Von Joachim Herr, FrankfurtAlles scheint für das Debüt perfekt vorbereitet zu sein. Der Dax startet nach schwachen Vortagen einen Erholungsversuch, und die Sonne strahlt schon morgens um viertel vor neun mit den Akteuren um die Wette. Heinz Hermann Thiele, gut gelaunt und braun gebrannt, packt den Bullen vor der Frankfurter Börse an einem Horn. Der Eigentümer von Knorr-Bremse und nun Mehrheitsaktionär stellt sich mit den vier Vorständen, dem Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Mangold und Börsenchef Theodor Weimer zum Gruppenbild auf. “Herr Mangold, Ihre Krawatte ist schief”, ruft Weimer und lacht.Die Stimmung ist aufgekratzt und steht in hartem Kontrast zu den Kursverlusten in den Tagen zuvor. Thiele umarmt seine Tochter Julia Thiele-Schürhoff. Auch Nadia, die zweite Ehefrau des 77 Jahre alten Milliardärs, ist dabei. Die studierte Germanistin stammt aus der Ukraine und ist mehr als 30 Jahre jünger. Unter den Gästen sind zudem Weimers Ehefrau und Hauke Stars, Vorstandsmitglied der Deutschen Börse. Auch ein alter Bekannter in Frankfurts Finanzszene ist gekommen: Martin Blessing, der ehemalige Vorstandschef der Commerzbank, der nun in der UBS das Geschäft mit den reichen Kunden leitet. Die Schweizer Bank ist eines der Häuser, die den 3,9 Mrd. Euro schweren Börsengang begleiten. In Thieles Entourage sticht ein bekanntes Gesicht hervor: Peter Gauweiler, Rechtsanwalt und lange Jahre einer der profiliertesten Politiker in der CSU.Von den Medien lässt sich Thiele abschirmen. In der IPO-Lobby, einem verglasten Raum im Handelssaal, hält er vor den Begleitern des Börsengangs eine kurze Rede. Journalisten haben keinen Zugang. Thiele sprach von einem großen Tag und dass sein Unternehmen ausgezeichnet aufgestellt sei, ist hinterher zu erfahren.Danach warten Thiele und die vier Vorstände unter der großen Kurstafel auf den ersten Preis. Um 9.24 Uhr ist es so weit: 80,10 Euro – 10 Cent über dem Emissionspreis. Applaus brandet auf. “Echt Schwein gehabt”, sagt einer aus dem Kreis der Emissionsbanken. Denn da steht für den Dax ein Kursgewinn von rund 1 % auf der Tafel.Thiele und nacheinander alle vier Vorstände läuten die Börsenglocke. Schließlich greifen Thiele und Vorstandschef Klaus Deller gemeinsam zur Schelle, als wollten sie Teamgeist beweisen. Deller ist seit 2009 im Vorstand des Unternehmens und steht seit 2015 an der Spitze von Knorr-Bremse, nachdem sein vereinbarter Wechsel an die Spitze des Auto- und Industriezulieferers Schaeffler geplatzt und er nach München zurückgekehrt war.Im Gegensatz zu manchen anderen Vorständen, die nicht lange in München blieben, scheint die Chemie zwischen Deller und dem Patriarchen von Knorr-Bremse zu stimmen. “Es ist ein hochaufregender und spannender Tag”, jubelt der Vorstandsvorsitzende in eine Kamera.—–Mit ein wenig Prominenz und strahlenden Gesichtern geht Knorr-Bremse an die Börse. —–