REGULIERUNG

Hitzige Diskussion über die Systemfrage

Sind Assetmanager so bedeutend, dass sie gesondert reguliert werden müssen? Viele sagen: Ja.

Hitzige Diskussion über die Systemfrage

Von Michael Marray und Grit BeeckenWie wichtig sind Assetmanager? Können George Soros, Warren Buffett und Bill Gross das Finanzsystem in die Knie zwingen? Viele Politiker, Aufseher und sogar manch ein Fondsmanager selbst sagt: Ja. So sorgte BlackRock-Chef Larry Fink im vergangenen Jahr für Aufregung, als er öffentlich sagte, gehebelte Indexfonds hätten das Potenzial “eines Tages die ganze Industrie in die Luft zu jagen”.Angesichts dessen, was Tweets von Bill Gross an den Rentenmärkten anrichten können, oder der Herausforderungen, welche der Indexfondshandel für die Systeme der Börsen birgt, wird die Frage der Systemrelevanz von Assetmanagern zunehmend hitzig diskutiert. Auf der einen Seite wollen Politiker und Aufseher den nächsten Crash verhindern, auf der anderen Seite fürchten Vermögensverwalter weitere neue Regeln, die ihre ohnehin begrenzten Geschäftsmöglichkeiten weiter eingrenzen könnten.Für die Regelsetzer drängt die Zeit: Die Bedeutung des Assetmanagements ist seit Ausbruch der Finanzkrise massiv gestiegen. Fonds versorgen die Realwirtschaft mit den dringend benötigten Mitteln, und Aufseher und Institutionen wie der Internationale Währungsfonds (IWF) attestieren, dass dies der Systemstabilität zuträglicher ist, als wenn Banken die Mittel bereitstellen.Während Kreditinstitute sich oft kurzfristig refinanzieren und damit sowohl Liquiditäts- als auch Solvenzrisiken schultern müssen, geben Assetmanager Anteilscheine aus, und das Investitionsrisiko der treuhänderisch verwalteten Anlagen verbleibt beim Investor. Treuhänderische VerwaltungIn der Europäischen Union verwalten über 3 000 Assetmanagementgesellschaften mehr als 11 Bill. Euro. Einzelne Fondsgesellschaften sind – wenn es um die gesamten Vermögenswerte geht – genauso groß wie Banken. Das in diesem Kontext oft vorgebrachte Argument, Assetmanager würden die angenommenen Gelder nur treuhänderisch verwalten, stößt bei Politikern und Standardsetzern wie dem globalen Finanzstabilitätsrat FSB nicht auf Gehör.Ihrer Ansicht nach ist es angesichts der enormen Kapitalmenge und der großen strukturellen Veränderungen auf den globalen Finanzmärkten unerheblich, ob die Gelder in Sondervermögen gebucht werden oder nicht. Was zählt, ist einzig und allein das Risiko. Daher macht vor allem der FSB Dampf, wenn es um neue Regeln für systemrelevante Assetmanager geht.Dabei geht es zunächst darum, festzulegen, wer systemrelevant ist. Es scheint Konsens darüber zu bestehen, dass es – anders als bei Banken und Versicherern – nicht unbedingt die schiere Größe eines Fonds ist. Vielmehr geht es um die Aktivitäten des Assetmanagers.Zum Beispiel um die Frage, wie Fondsmanager die Kurse an den Finanzmärkten beeinflussen. Darum, was passiert, wenn ein Rentenfonds schnell Papiere abstoßen muss. Angesichts der angespannten Liquidität in vielen Segmenten des Bondmarkts kann das schnell zu einem Preisverfall führen, der Ansteckungseffekte auslösen kann.Aufgrund der Verwobenheit von Banken, Versicherern und Assetmanagern ist das nach Ansicht des FSB und auch des Internationalen Währungsfonds ein nicht zu leugnendes Risiko – besonders angesichts der Tatsache, dass die Zinswende irgendwann bevorsteht. Hinzu kommt die steigende Risikobereitschaft vieler Fondsmanager, die im Niedrigzinsumfeld unter Druck stehen. Wer von ihnen hat systemische Risiken im Blick, wenn er seine Renditeversprechen einhalten muss? Mehr TransparenzDie Fondsbranche selbst hingegen verweist darauf, dass sie – besonders in Europa – bereits strikt reguliert ist. Und tatsächlich sind nach der Krise erhebliche Anstrengungen unternommen worden, die Derivatemärkte besser zu regulieren. Mittlerweile gelten Transparenzanforderungen, viele Kontrakte müssen künftig zentral verrechnet werden.Es ist daher nicht wahrscheinlich, dass einzelne Fonds unbemerkt riesige Positionen anhäufen, die das Zeug dazu haben, die Märkte in die Knie zu zwingen. Die geplante Verordnung über Wertpapierfinanzierungsgeschäfte dürfte ebenfalls Transparenz schaffen und so Risiken minimieren. Und die Alternative Investment Fund Managers Directive hat bereits Licht ins ehemalige Dunkel der alternativen Investmentvehikel gebracht.Das reicht nach Ansicht von Steven Maijoor, dem Chef der European Securities and Markets Authority (ESMA), allerdings noch nicht aus. “Der bestehende regulatorische Rahmen, einschließlich der europäischen Ucits und AIFMD, hat das Funktionieren der Märkte verbessert, ihre Transparenz und schließlich den Anlegerschutz verbessert”, sagte er im vergangenen Jahr auf der 25. Jahreskonferenz des IBA Investment Funds Committee. “Jetzt müssen wir diese Regulierung mit einem effizienten Rahmen ergänzen, der systemische Risiken adressiert.”Das allerdings ist nicht trivial, räumen selbst Regulierungsexperten ein. Denn auf der makroprudenziellen Seite der Fondsregulierung besteht Nachholbedarf. Zunächst müssen ausreichend Daten und Fakten zusammengetragen werden, um die Systemrelevanz von Assetmanagern zu verstehen. Denn anders als im Banken- und Versicherungsbereich gibt es in der Fondsbranche nur wenige Fälle, in denen ein wankender Fonds systemischen Stress erzeugt hat.Und eine Liste der systemrelevanten Assetmanager, welche der globale Finanzstabilitätsrat erstellen will, ist nur ein Teil der zu erledigenden Aufgaben. Anschließend ist die Frage zu beantworten, was mit dieser Liste bewerkstelligt werden soll. In den USA fürchten Assetmanager, die Aufseher könnten versuchen, politischen Einfluss auf die Investmententscheidungen der Fondsmanager zu nehmen – um vielleicht einen Ausverkauf von Staatsanleihen zu verhindern, der im Zuge der Zinswende anstehen könnte. Und das sei mit dem treuhänderischen Auftrag der Vermögensverwalter keinesfalls in Einklang zu bringen.