KREDITWÜRDIG

Hochtief-Bonds sind einen Blick wert

Von Jens Münstermann *) Börsen-Zeitung, 27.8.2020 Hochtief hat mit den Laufzeiten 07/25 und 09/27 zwei Euro-Benchmark-Anleihen über jeweils 500 Mill. Euro ausstehen. Der Bond-Spread der kürzeren Laufzeit von unter fünf Jahren orientierte sich...

Hochtief-Bonds sind einen Blick wert

Von Jens Münstermann *)Hochtief hat mit den Laufzeiten 07/25 und 09/27 zwei Euro-Benchmark-Anleihen über jeweils 500 Mill. Euro ausstehen. Der Bond-Spread der kürzeren Laufzeit von unter fünf Jahren orientierte sich zuletzt mit 83 Basispunkten (BP) im Einklang mit dem Fünf-Jahres-CDS (89 BP) an der Marktkurve “BBB” und spiegelte gleichzeitig das aktuelle externe Rating von S&P (“BBB/stable”) wider. Der Spread der längeren Laufzeit von rund sieben Jahren notierte jüngst mit 85 BP nahe der Marktkurve “BBB+”. Hochtief hat mit der Laufzeit 09/31 aber auch eine Anleihe im Volumen von 250 Mill. Euro ausstehen. Die Anleihe zählt nicht zu den sogenannten Euro-Benchmarkanleihen, deren Emissionsvolumen bei Corporates eine Mindestgröße von 500 Mill. Euro erfordert.Andererseits bietet die Anleihe mit einer Laufzeit von rund elf Jahren denjenigen Investoren, die auch abseits der Benchmark in Corporates investieren, eine vergleichsweise attraktive Rendite von zuletzt rund 1,3 %. Die Renditen der beiden Benchmarkanleihen lagen jeweils bei rund 0,5 %. Die Nicht-Benchmarkanleihe zeigte zuletzt mit einem Spread von 143 BP einen ordentlichen Pick-up von ca. 34 BP gegenüber der Marktkurve “BBB”. Der Bond-Spread hatte sich im Jahresverlauf vom Tiefpunkt von unter 100 BP im Januar mit der Unsicherheit rund um die Covid-19-Pandemie zwischenzeitlich sogar bis auf über 240 BP im April ausgeweitet. Global agierender KonzernHochtief ist ein global agierender Hoch- und Infrastrukturbaukonzern, der Projekte in den Bereichen Verkehr, Energie, soziale und urbane Infrastruktur und Mining umsetzt. Das Leistungsangebot basiert auf einer langjährigen Erfahrung und umfasst u. a. die Entwicklung, Finanzierung, den Bau und das Betreiben von Projekten (PPP). Hauptaktionäre der Hochtief AG sind ACS (50,4 %) und Atlantia (18 %). Hochtief ist wiederum an der in Australien notierten Tochter CIMIC (ehemals Leighton) mit 77,1 % beteiligt. Die Ankündigung von CIMIC, sich aus dem Mittleren Osten zurückzuziehen und eine 45-Prozent-Minderheitsbeteiligung in BIC Contracting (BICC) verkaufen zu wollen, führte bereits 2019 bei Hochtief zu einem Nettoverlust und im ersten Halbjahr 2020 u.a. durch die Inanspruchnahme von Finanzgarantien zu Mittelabflüssen von 0,8 Mrd. Euro.S&P bestätigte im Mai 2020 das externe Rating von Hochtief mit “BBB/stable”, verwies aber auf eine Verschlechterung der Stand-alone-Betrachtung von zuvor “BBB+” auf “BBB”. Hochtief nimmt in der Einzelbetrachtung nun die gleiche Kreditqualität wie der Mutterkonzern ACS ein. In der Vergangenheit hatte die geringere Kreditqualität des Mutterkonzerns entsprechend der von der Ratingagentur angewandten Methodik das externe Rating von Hochtief um eine Stufe belastet. Hochtief weist seit der Ersteinschätzung im Mai 2017 durchgängig das Rating “BBB” auf. In dieser Zeit war der Ausblick vorübergehend durch das Übernahmeangebot für den spanischen Mautstraßenbetreiber Abertis “negativ” und ansonsten stets “stabil”. Hochtief hat es bislang verstanden, den IG-Status mit Portfolioänderungen und der Ausschüttungspolitik des Konzerns in Einklang zu bringen.Der Sektor Construction & Materials nimmt im iBoxx EUR Non-Financials, gemessen am Marktwert, eine vergleichsweise geringe Index-Gewichtung von ca. 2 % ein. Innerhalb des Sektors sind es wiederum die Baustoffkonzerne (Materials), allen voran Saint-Gobain, Heidelberg Cement, CRH und LafargeHolcim, die gemeinsam zuletzt rund 79 % der Sektorgewichtung repräsentierten. Das geringere Bondvolumen der Bauunternehmen (Construction) lässt sich dadurch begründen, dass die Auftragsbestände nach einem mehrjährigen Bauboom vor Ausbruch der Covid19-Krise auf Rekordniveau lagen. Mit den Auftragsbüchern sind generell auch die erhaltenen Anzahlungen gestiegen. Dies wiederum wirkte sich positiv auf das Working Capital und letztlich auf die Verschuldung bzw. den Finanzierungsbedarf der Construction-Konzerne aus. Hochtief ist ein vergleichsweise kleiner Bondemittent. Mit lediglich zwei Benchmarkanleihen repräsentiert Hochtief unter 3 % am iBoxx EUR Construction & Materials. Engere SpreadsIm März 2020 war bei Hochtief eine ursprünglich siebenjährige Anleihe über 750 Mill. Euro fällig. Zur Refinanzierung hatte Hochtief u. a. im September 2019 zwei neue Bonds begeben. Die größere Tranche von 500 Mill. Euro (09/27) besitzt einen jährlichen Kupon von 0,5 %. Die Zuteilung erfolgte bei einem Zeichnungsvolumen von 1,1 Mrd. Euro und einer anfänglichen Indikation von 130 bis 135 BP zu einem eingeengten Spread von 100 BP. Dies entsprach einer Zeichnungsrendite von rund 0,6 % p. a.Die kleinere Tranche (09/31) über 250 Mill. Euro besitzt einen jährlichen Kupon von 1,25 %. Die Anleihe wurde nach einer anfänglichen Preisindikation im Bereich von 170 BP letztlich mit einem Spread von 150 BP zugeteilt. Die damit einhergehende Zeichnungsrendite betrug rund 1,3 %. Das Zeichnungsvolumen lag bei über 400 Mill. Euro. Per 30. Juni 2020 berichtete Hochtief über Nettoschulden von 0,4 Mrd. Euro. ( Q2-19: 1,3 Mrd. Euro Nettoguthaben). Die Verschlechterung der Nettoposition spiegelt neben den Mittelabflüssen für BICC u.a. auch Aktienrückkäufe und ein Aufstocken der CIMIC-Beteiligung wider.Nichtsdestotrotz verfügte Hochtief über ein komfortables Cash-Polster von 5,6 Mrd. Euro per Q2-2020. Das damit korrespondierende Factoring-Volumen lag im Jahresvergleich wenig verändert bei 1,6 Mrd. Euro. Im Rahmen der Corona-Pandemie hatte Hochtief im März 2020 eine syndizierte Barkredittranche über 500 Mill. Euro gezogen und eine im Mai 2020 zusätzlich vereinbarte einjährige, syndizierte Barkreditlinie über 400 Mill. Euro in Anspruch genommen. Ein im Mai 2020 aufgelegtes Commercial-Paper-Programm von bis zu 750 Mill. Euro wurde in Q3-2020 genutzt, um Kredite vorzeitig zurückzuzahlen. Die Dividendenzahlung von 0,4 Mrd. Euro (5,80 Euro pro Aktie, +16 % yoy) fand im Juli, also im dritten Quartal 2020 statt. Demgegenüber steht der von CIMIC geplante Teilverkauf des Minendienstleisters Thiess, der die Bilanz von Hochtief stärken sollte. Höherer AuftragsbestandHochtief verfügte per 30. Juni 2020 über einen im Jahresvergleich um 2 % höheren Auftragsbestand von 50,2 Mrd. Euro. Davon entfielen 1,9 Mrd. Euro auf Zukäufe. Der Auftragseingang fiel im zweiten Quartal 2020 im Jahresvergleich um 22 % auf 5,8 Mrd. Euro. Nichtsdestotrotz kann Hochtief für die Märkte in Nordamerika, den asiatisch-pazifischen Raum und Europa auf eine Ausschreibungspipeline für das Jahr 2020 von 100 Mrd. Euro und darüber hinaus von 500 Mrd. Euro verweisen. Hochtief profitiert u.a. auch von den Dividenden aus der Beteiligung an Abertis. Die Verkehrszahlen des Mautstraßenbetreibers haben sich von den Tiefständen im April 2020 deutlich erholt. Insgesamt sollte Hochtief damit kurzfristig keinem Ratingdruck ausgesetzt sein. *) Jens Münstermann ist Senior Analyst für den Sektor Bau bei der Landesbank Baden-Württemberg.