Hochzinsanleihen: Die Party geht weiter
*)Michael Klawitter ist im Floor Research der DekaBank tätig.
Von Michael Klawitter*)
Im ersten Quartal wiesen die meisten Segmente der globalen Anleihemärkte eine negative Performance aus. Steigende Renditen und damit fallende Kurse überwogen im Vergleich zu den eher mageren Kuponerträgen. Im Falle der österreichischen 100-jährigen Staatsanleihe beispielsweise beliefen sich die Kursverluste in den ersten drei Monaten auf über 30 Punkte bei einem Kupon von 0,85%. Auch wenn das Beispiel aufgrund der extremen Laufzeit kaum zu verallgemeinern ist, ist die Tendenz fast überall ähnlich. So verzeichnete der iBoxx-Index für Euroland-Staatsanleihen im ersten Quartal mit einem Rückgang um 2,33% den größten Quartalsverlust seit mehr als 20 Jahren. In Euro denominierte Unternehmensanleihen mit einem Investment-Grade-Rating schlugen sich zwar besser, doch verzeichneten auch sie einen Verlust von 0,76%. Noch stärker fielen die Verluste bei USD-Anleihen aus, da der Anstieg der Renditen ungleich höher war (10 Jahre US-Treasuries +82 BP versus +27 BP bei 10-jähriger Bundesanleihe). So summierte sich der Quartalsverlust bei US-Treasuries auf über 5% und bei USD-Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating auf 4%.
Niedrige Volatilität
Der einzige Lichtblick sowohl bei in USD als auch Euro denominierten Anleihen war das Segment der Hochzinsanleihen, also Emissionen mit einem Non-Investment-Grade-Rating. So verzeichnete der Euro Bloomberg High Yield Index in den ersten drei Monaten ein Plus von 1,41% bei bemerkenswert niedriger Volatilität. Der Index lieferte in jedem der drei Monate eine nahezu gleich große positive Performance ab. Trotz des deutlich größeren Renditeanstiegs in den USA blieb bei USD-High-Yield-Anleihen im Quartalsvergleich ein klares Plus von 0,68% übrig (Bloomberg USD High Yield Index).
Ausschlaggebend für diese erfreuliche Entwicklung war die Einengung der Credit Spreads bei Hochzinsanleihen, der die Zinsbewegung bei Staatsanleihen und Swaps kompensierte. So verringerte sich für Euro-Hochzinsanleihen seit Jahresanfang der Spread über Swaps um mehr als 50 BP, wovon 44 BP auf das erste Quartal entfielen. In den USA engte sich der Spread über Swaps seit Jahresanfang um über 60 BP ein (52 BP im 1. Quartal). Dementsprechend gingen die Renditen bei Hochzinsanleihen im 1. Quartal sogar zurück und Kursgewinne trugen neben dem Kupon zum positiven Gesamtertrag bei. Mit etwa 2,65% steht die Rendite von Euro-Hochzinsanleihen aktuell auf dem niedrigsten Niveau seit dem Ausbruch der Coronakrise, während in den USA die Rendite mit 4% sogar die Allzeittiefs vom Februar 2021 testet.
Dass sich Credit Spreads auf beiden Seiten des Atlantiks so spektakulär einengten und sich entgegen der Lehrbuchmeinung von der Zinsbewegung abkoppeln konnten, liegt vor allem an der Kombination aus konjunktureller Erholung und der sich auf lange Sicht abzeichnenden weiter unveränderten Leitzinsen in den USA und noch viel mehr in der Eurozone. Unterstützt von positiven Unternehmensberichten drehte in diesem Umfeld in den USA der Ratingtrend bei Non-Investment-Grade-Anleihen im 4. Quartal 2020 und Heraufstufungen der Kreditratings überwogen Herabstufungen. Seither hat diese Entwicklung an Dynamik gewonnen und die Ratingagentur Moody’s hat bei US-Emittenten in diesem Jahr bisher 192 Heraufstufungen des Ratings bei nur 62 Herabstufungen getätigt. In der ersten Jahreshälfte 2020 lag dieses Verhältnis noch bei 808 Herabstufungen zu 150 Heraufstufungen. In der Eurozone sieht das Bild ähnlich aus, auch wenn die Wende beim Ratingtrend angesichts der langsameren konjunkturellen Erholung mit einem Quartal Verzögerung im Vergleich zu den USA einsetzte.
Angesichts dieser Ausgangslage senkte Moody’s auch die Erwartungen für die Entwicklung der Ausfallwahrscheinlichkeiten bei Hochzinsanleihen im weiteren Jahresverlauf. So prognostiziert Moody’s inzwischen für die USA einen Rückgang der rollierenden zwölfmonatigen Ausfallwahrscheinlichkeit von aktuell 6,9% auf 3,9% per Dezember 2021. Für die Eurozone sollte die Zahl von zuletzt 4,4% auf 2,3% zurückgehen. Die Reduzierung der Kreditrückstellungen in den Quartalsberichten der großen amerikanischen Geschäftsbanken stützen die Erwartungen der Agentur auf rückläufige Ausfallwahrscheinlichkeiten bei Hochzinsanleihen.
Damit spricht in den kommenden Monaten einiges dafür, dass sowohl USD- als auch Euro-Hochzinsanleihen ein im Vergleich zum Rest des Anleihemarktes weiter ein attraktives Chance-Risiko-Verhältnis aufweisen und gegenüber anderen Segmenten der Anleihemärkte outperformen sollten. Spektakuläre Spread-Einengungen wie noch im ersten Quartal sind jedoch angesichts der schon sehr niedrigen Spread-Niveaus unwahrscheinlich, so dass vor allem die verhältnismäßig hohen Kupons (Euro-High-Yield-Index 3,9%, USD-Index 5,9%) und nicht Kursgewinne die größten Beiträge für die Performance liefern sollten. Die hohen Kupons bieten zudem einen Puffer gegen zu erwartende weitere Renditeanstiege bei Staatsanleihen und Swaps.
Letztere sind sowohl in den USA als auch in der Eurozone in den kommenden Quartalen wahrscheinlich. Auch wenn in der Eurozone im Vergleich zu den USA Sorgen vor einer Überhitzung der Wirtschaft fehl am Platz sind, dürfte die Konjunktur in der EU bis in den Sommer an Fahrt aufnehmen. Fortschritte bei der Impfkampagne und die dann zu erwartenden Rücknahmen vieler Lockdown-Maßnahmen bieten eine solide Basis. Gleichzeitig dürfte die Inflation auf beiden Seiten des Atlantiks ab Juli/August die Zielmarken der Zentralbanken übertreffen. Auch wenn diese Entwicklung größtenteils Basiseffekten geschuldet ist und 2022 der Inflationsausblick wieder deutlich moderater aussehen sollte, dürfte die Diskussion um ein Zurückfahren der Anleihekäufe von Fed und EZB an Fahrt gewinnen. Höhere Realrenditen sollten die Folge sein.
Auch steigende Neuemissionen im langen Laufzeitbereich zur Finanzierung der schwindelerregenden Haushaltsdefizite in den USA und in der Eurozone sprechen für höhere Renditen bzw. steilere Kurven bei Staatsanleihen und Swaps in den kommenden Quartalen. Die hohe Marktduration bei Anleihen mit Investment-Grade Rating verstärkt in diesem Umfeld das Potenzial für Kursverluste.
Günstige Duration
Hochzinsanleihen erscheinen im Vergleich dazu gut abgeschirmt. Mit einer durchschnittlichen Duration von nur 3,4 Jahren reagiert ihr Kurs weniger als halb so stark auf Renditeveränderungen wie Euro-Staatsanleihen, die eine Marktduration von 8,6 Jahren aufweisen. In der Realität dürfte der Unterschied sogar noch stärker zugunsten von High-Yield-Anleihen ausfallen, da sich der Renditeanstieg in den kommenden Quartalen vor allem auf lange Laufzeiten konzentrieren sollte. In Kombination mit hohen Kupons und konjunkturbedingt rückläufigen unternehmensspezifischen Risiken bleiben die Performance-Aussichten für Hochzinsanleihen für den weiteren Jahresverlauf damit gut.