Die Lithium-Hoffnungsträger
Die Lithium-Hoffnungsträger
Kleine Firmen wollen am Boom partizipieren – Inflation geht an Produzenten nicht vorbei
hip London
Im vergangenen Jahr hat die Mobilitätswende den Aktionären von Lithiumproduzenten hohe Kursgewinne beschert. Doch nun wird das Umfeld schwieriger. Vor allem bei kleineren Gesellschaften gibt es einige Punkte auf die man achten sollte, wie Liberum Capital in einer aktuellen Branchenstudie herausstreicht.
Hohe Preise für das Batteriemetall Lithium haben vielen Anlegern im vergangenen Jahr hohe Kursgewinne verschafft. Der weltweite Wandel hin zur Elektromobilität dürfte in den kommenden Jahren für eine steigende Nachfrage sorgen. Zahllose Firmen wollen an diesem Boom partizipieren, suchen nach dem "weißen Gold" oder bemühen sich, von ihnen entdeckte Lagerstätten zu erschließen. Etablierte Produzenten wie die Sociedad Quimica e Minera de Chile (SQM), die australische Pilbara Minerals oder der US-Spezialchemiekonzern Albemarle sind weithin bekannt. Argentinien, Australien, Chile und China sind die wichtigsten Exporteure. Einer Studie des National Renewable Energy Laboratory zufolge stammt lediglich 1% des in den Vereinigten Staaten verwendeten Lithiums aus eigener Förderung.
Ärger mit der indigenen Bevölkerung
Das könnte sich schnell ändern, denn Lithium ist nicht gerade selten. Lithium Americas entdeckte vor kurzem im Krater eines erloschenen Vulkans (McDermitt Caldera) an der Grenze zwischen den US-Bundesstaaten Nevada und Oregon das womöglich größte Lithiumvorkommen weltweit. Dort werden bis zu 40 Mill. t verortet. Bislang galt eine bolivianische Salzwüste als größte Lagerstätte. Allerdings handelt es sich bei der Gegend rund um den Thacker Pass für Angehörige des Paiute-Stamms um einen heiligen Ort. Dort fand 1865 ein Massaker an der indigenen Bevölkerung statt.
Riskante Jurisdiktionen aussortiert
Wer nicht Geologie studiert hat, tut sich schwer, die Verlautbarungen der diversen Lithium-Firmen zu verstehen. Oft konzentrieren sich Anleger auf die Reinheit des Erzes und lassen dabei andere Faktoren wie etwa die geographische Abgelegenheit eines Vorkommens außer Acht. Liberum Capital hat sich in einer aktuellen Studie eine ganze Reihe kleinerer Gesellschaften angesehen und eine Vorauswahl getroffen. Aussortiert wurden dabei Firmen mit Projekten in risikoreichen Jurisdiktionen wie der Demokratischen Republik Kongo, Mali oder Simbabwe. Aus gutem Grund: Die Regierung von Mali wies Leo Lithium im Juli an, ihr Geschäft mit direkt auslieferbarem Erz (Direct Shipping Ore, DSO) auszusetzen. Seitdem haben sich die Probleme in der Region offenbar zugespitzt. Am Dienstag wurde die Notierung der Aktien der Gesellschaft, die mit der chinesischen Jiangxi Ganfeng Lithium die Mine Goulamina entwickelt, an der ASX ausgesetzt. Ghana könnte darauf bestehen, dass Lithium im eigenen Land aufbereitet wird, was die Geschäfte von Atlantic Lithium beeinträchtigen würde. Das westafrikanische Land weist bereits einen Körperschaftssteuersatz von 35% auf, der durch diverse Abgaben ergänzt wird.
"Es gibt jetzt eine Fülle von Lithiumprojekten in Ländern der Ersten Welt wie Australien, Kanada und den USA sowie Europa und Brasilien", schreiben die Liberum-Analysten Yuen Low, Ben Davis und Tom Price in einer aktuellen Branchenstudie. "Es ist für Anleger deshalb nicht mehr unbedingt nötig, in schwierigen Jurisdiktionen ihr Hemd zu riskieren."
Hohe Kosteninflation
Liberum rät wegen der hohen Kosteninflation auch, sich auf Gesellschaften zu beschränken, deren aktuellste Studien 2022 oder später erstellt wurden. Wenn Studien vor mehr als einem Jahr veröffentlicht wurden, haben die Analysten für ihre Berechnungen einfach die Betriebskosten und Kapitalanlageinvestitionen um 20% bis 30% erhöht. Bei der Investmentboutique konzentriert man sich zudem auf Unternehmen mit Vorhaben, bei denen das Lithium in hartes Gestein oder "weiches" Gestein wie Ton eingelagert ist. Projekte, bei denen Lithium aus Salzlösungen gewonnen werden soll, bedürften einer separaten vertieften Diskussion, nachdem Investoren Vorbehalte geäußert hätten.
European Metals "Best in Class"
Das Projekt Cinovec von European Metals ist für Liberum auf Nachsteuerbasis "Best in Class", obwohl die Analysten die Betriebskosten und Kapitalanlageinvestitionen um jeweils 30% herausgesetzt haben. Das Vorkommen im tschechischen Erzgebirge ist das größte in Europa, das in hartes Gestein (Granit) eingelagert ist. Es handelt sich zudem um ein "Brownfield"-Projekt. Bis in die 1970er-Jahre war es ein Wolfram- und Zinnbergwerk. Die Region verfügt über eine gute Infrastruktur. Der Versorger Cez, der 51% hält, will Strom aus erneuerbaren Energien liefern. European Metals war lange Zeit eine der unbeliebtesten Lithium-Aktien. Doch die tschechische Regierung, die zeitweise feindlich erschien, unterstützt nun offenbar das Projekt. Im Juli investierte die EBRD nach einer technischen Due Diligence 6 Mill. Euro. Das impliziere die Möglichkeit, ja Wahrscheinlichkeit, dass die Förderbank bereit sein könnte, einen wesentlichen Teil der Investitionen zu finanzieren, heißt es in der Liberum-Studie.