LEITARTIKEL

Hohe Bund-Renditen ade

Der gegenwärtige Renditeverfall der Bundesanleihen von zwei bis 30 Jahren Laufzeit ist enorm. Gerade einmal gut 1,45 % Rendite gibt es noch, wenn man Vater Staat Kapital für zehn Jahre überlässt. Bei zwei Jahren sind es noch 0,06 %, und für 30 Jahre...

Hohe Bund-Renditen ade

Der gegenwärtige Renditeverfall der Bundesanleihen von zwei bis 30 Jahren Laufzeit ist enorm. Gerade einmal gut 1,45 % Rendite gibt es noch, wenn man Vater Staat Kapital für zehn Jahre überlässt. Bei zwei Jahren sind es noch 0,06 %, und für 30 Jahre bekommt der Anleger schlappe 2,1 %. Bei einer für April geschätzten Eurozoneninflationsrate von 2,6 % gibt es damit entlang der gesamten Bund-Kurve keinen positiven Realzins mehr. Das ist der Preis, den die Anleger für die Sicherheit zu zahlen bereit sind, das eingesetzte Geld nebst Kupon am Laufzeitende (zurück) zu erhalten. Wie hoch dieser Preis sein kann, zeigte sich im Januar dieses Jahres. Bei Sechsmonatspapieren akzeptierten die Investoren sogar nominal negative Zinsen, d. h. sie zahlten dem Bund noch Zinsen dafür, dass sie ihm Kredit geben durften.Die Staatsschuldenkrise ist der Hauptantriebsfaktor dieses Renditeabstiegs. Anleger bringen ihr Geld in Sicherheit. Dabei geht es nicht nur um einen Horizont von wenigen Monaten oder ein, zwei Jahren. Wenn es wirklich zu einem Auseinanderbrechen der Währungsunion kommen sollte, wollen Investoren – angefangen von Versicherungen und Pensionsfonds über Banken bis hin zu Zentralbanken – ihr Geld in einem Land angelegt wissen, das nach einem Verlust der Gemeinschaftswährung aller Voraussicht nach mit einer stabilen Währung aufwarten kann. Das wird wohl Deutschland sein. Da akzeptiert man gern temporär negative Realzinsen, wenn man später um so kräftiger entschädigt wird.Die aktuelle Flucht in Sicherheit basiert einmal mehr auf den Entwicklungen in Griechenland. Nach dem politischen Gezerre platzte gestern die Regierungsbildung in Athen, womit auf das Land Neuwahlen zukommen. Eine schnelle Beruhigung zeichnet sich damit an den Märkten nicht ab. Weite Investorenkreise fürchten, dass Griechenland am Ende womöglich doch aus dem Euro austritt. “Grexit” wird dieses Szenario im Handel nur noch genannt. Das bleibt alles nicht ohne Wirkungen auf die übrige Peripherie. Im Blick haben die Akteure Spanien und Italien, deren Mittelbeschaffung über die Märkte zusehends teurer wird. Beide Länder sehen sich nach dem Auslaufen der Wirkungen der beiden Dreijahrestender der Europäischen Zentralbank mit dem Risiko konfrontiert, von der Mittelversorgung über die Märkte abgeschnitten zu werden. Die Spreads der Spanien-CDS liegen auf einem Rekordhoch, was zeigt, wie ernst die Lage eingeschätzt wird. Diese Gemengelage hält den Abwärtstrend der Bundespapiere intakt.Was für den deutschen Staat auf der Refinanzierungsseite ein Segen ist – niedrige Renditen -, ist aber ein Fluch für die Anleger, und zwar insbesondere die Versicherungen und Pensionsfonds, die einen Großteil ihrer Gelder in Bundespapiere investieren. Sie versuchen für Lebensversicherungen oder Pensionszusagen noch einigermaßen vernünftige Renditen zu erwirtschaften. Viele streben noch die Vier vor dem Komma an. Bei einer gerade mal halb so hohen Rendite im 30-jährigen Laufzeitenbereich ist das aber mehr als eine Herausforderung, geradezu unmöglich – zumindest mit Bundestiteln. Anleger müssen sich darauf einstellen, dass die (Garantie-)Verzinsung bei diversen Absicherungs- und Altersvorsorgeprodukten immer weiter absinkt. Vor allem: Das wird sich in den kommenden Jahren auch nicht ändern. Die Staatsschuldenkrise ist nicht per Jahresende ausgestanden. Die Auswirkungen von Sparprogrammen werden noch viele Jahre zu spüren sein. Die EZB ist weit von einer Zinswende und vor allem von Zinssteigerungen entfernt. Angesichts der Gefahr von Staaten-Defaults sowie der damit einhergehenden Unterstützung von Staaten wird das Interesse an sicheren Papieren nicht abnehmen. Der Renditeabstieg wird sich fortsetzen. Als Nächstes wird die zehnjährige Bund-Rendite die Marke von 1 % ansteuern.Je schärfer dieser Renditeabstieg ausfällt, desto mehr ist damit zu rechnen, dass wieder Stimmen laut werden, die von einer Bondblase sprechen. Das Renditeniveau wird als nicht gerechtfertigt eingestuft werden, viel höher müssten die Sätze doch sein. Aber je kräftiger der Renditeabstieg ausfällt und je länger die Sätze auf diesen Tiefs verharren – und das werden sie noch geraume Zeit -, desto schwieriger wird später der Anstieg. Denn wenn Asset Manager in Lebensversicherungen und Pensionsfonds erst einmal über eine lange Zeit im Renditeuniversum mit der Eins vor dem Komma operiert haben, werden sie umso kräftiger zugreifen, wenn es mal wieder eine Zwei vor dem Komma zu ergattern gibt. Und noch sehr viel größer wird die Nachfrage sein, wenn es für zehn Jahre sogar wieder eine Drei vor dem Komma sein sollte. Allein der dann einsetzende Nachfrageschub wird einen Renditeanstieg extrem abbremsen, wenn nicht verhindern. Konsequenz: hohe Bund-Renditen ade.——–Von Kai Johannsen ——-Von hohen Bund-Renditen können sich die Anleger verabschieden. Die Auswirkungen der Staatsschuldenkrise werden die Sätze noch lange niedrig halten.