Hohe Lagerbestände drücken Ölpreis
Unter dem Eindruck extrem hoher Lagerbestände ist der Brent-Ölpreis am Freitag auf rund 44 Dollar je Barrel zurückgefallen. Die Internationale Energieagentur rechnet mit einem anhaltend hohen Angebot bei einer langsamer steigenden Nachfrage.Von Dieter Kuckelkorn, FrankfurtDie Angst vor einem großen und wachsenden Überangebot hat den Ölpreis vor dem Wochenende erneut deutlich unter Druck gesetzt. Am Donnerstag hatten bereits Daten zu unerwartet stark steigenden Lagerbeständen in den USA für einen Preisrückgang gesorgt. Am Freitag kam dann eine Warnung der Internationalen Energieagentur IEA hinzu, die auf weltweit rekordhohe Lagerbestände hinwies. Die Notierung der Nordseesorte Brent Crude fiel bis auf 44,06 Dollar je Barrel (159 Liter). Dies ist der niedrigste Stand seit August. In den vergangenen 18 Monaten hat sich der Ölpreis damit halbiert.Die Energieagentur, die die Industrieländer in Fragen der Energiepolitik berät, weist in ihrem gerade vorgelegten Monatsbericht auf die ungewöhnliche Lage am Markt hin. Die IEA, die die Lage aus Sicht der Ölverbraucher beurteilt, schreibt dazu: “Rekordhohe Lagerbestände von 3 Mill. Barrel sorgen am Weltmarkt für ein gewisses Komfortniveau.” “Aufgeblähtes Kissen”Aus Sicht der Produzenten und spekulativ agierender Investoren muss das jedoch wie ein Warnruf klingen, zumal die IEA betont, dass es dieses “massiv aufgeblähte Kissen” nicht nur bei Rohöl, sondern auch bei Destillationsprodukten gibt. Selbst für eine längere Zeitspanne sehr niedriger Temperaturen im Winter auf der Nordhalbkugel sehen die Experten der IEA keinerlei Verknappung voraus. In der vergangenen Woche sind die US-Lagerbestände um 4,2 Mill. Barrel gestiegen. Analysten hatten im Schnitt mit einem Plus von lediglich 1,2 Mill. Barrel gerechnet.Ursache für die Ölflut ist ein deutlich gestiegenes Angebot bei einer gleichzeitig verhaltenen Nachfrage. So berichtet die IEA, dass die globale Ölproduktion im Oktober auf 97,1 Mill. Barrel pro Tag (bpd) gestiegen ist. Gegenüber dem Stand von vor einem Jahr ist dies eine Ausweitung um 2 Mill. bpd. Das Förderkartell Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) feuert derzeit aus allen Rohren: Die Opec soll 2016 rund 31,3 Mill. bpd produzieren – deutlich über den offiziellen Quoten von 30 Mill. Barrel.Dem Angebot steht laut IEA im dritten Quartal eine Nachfrage von lediglich 95,1 Mill. bpd gegenüber. Zwar ist der Anstieg der Nachfrage im laufenden Jahr mit rund 1,8 Mill. bpd so hoch gewesen wie seit fünf Jahren nicht mehr. Für den neuen Turnus hat die Energieagentur aber schlechte Nachrichten: Das Nachfragewachstum soll sich 2016 auf 1,2 Mill. bpd verlangsamen. Problematische LageDie Faktoren, die die starke Ausweitung der Nachfrage getragen hätten, würden auslaufen, schreibt die IEA. So sei die Lage in China “problematisch”. Selbst die niedrigen Preise werden nach Einschätzung der Agentur also nicht für eine deutliche Nachfragebelebung sorgen.Am Donnerstag hatte sich auch die Opec zur aktuellen Lage auf dem Ölmarkt zu Wort gemeldet. Die weltweiten Lagerbestände seien die höchsten seit mindestens einer Dekade, hieß es im Monatsbericht des Kartells. Damit seien die Bestände sogar höher als während der Finanzkrise, die zu einer ausgeprägten Rezession geführt hatte.Erwartet wird, dass die Opec in der Sitzung ihrer Ölminister am 4. Dezember die Quoten sogar noch anheben wird, und zwar auf 31 Mill. bpd. Grund dafür ist die Rückkehr Indonesiens in das Kartell. Das asiatische Land hatte der Opec vor sieben Jahren den Rücken gekehrt. Indonesien fördert zwar Öl, ist aber seit 2009 ein Nettoimporteur.