GELD ODER BRIEF

Höhenflug von Aena vorerst gestoppt

Von Thilo Schäfer, Madrid Börsen-Zeitung, 15.5.2015 Der Börsengang des Flughafenbetreibers Aena war das absolute Großereignis am Madrider Parkett in diesem Jahr und auch eines der wichtigsten Initial Public Offering (IPO) in ganz Europa. Der Staat...

Höhenflug von Aena vorerst gestoppt

Von Thilo Schäfer, MadridDer Börsengang des Flughafenbetreibers Aena war das absolute Großereignis am Madrider Parkett in diesem Jahr und auch eines der wichtigsten Initial Public Offering (IPO) in ganz Europa. Der Staat trennte sich auf diesem Weg von 49 % der Anteile am weltweit führenden Flughafenkonzern, mit 46 Airports in Spanien, 15 weiteren im Ausland und einem Passagieraufkommen im letzten Jahr von 206 Mill. Personen. Besonders unter Finanzinvestoren aus den USA und Großbritannien stießen die Aktien auf reges Interesse, so dass der Ausgabepreis kurzfristig noch einmal auf 58 Euro hochgesetzt werden konnte, da das Angebot um ein Fünffaches überzeichnet war. Am Tag des Debüts machte der Kurs gleich einen Satz um 20 %. Obwohl einige Analysten den Wert dann schon für relativ teuer hielten, ließ das Interesse nicht ab und Aena erreichte Mitte April mit 104 Euro den Höhepunkt, bevor eine Kurskorrektur einsetzte. Nun liegt die Aktie bei knapp 94 Euro. Anstieg hat überrascht”Mich hatte der Anstieg auf ein solches Niveau überrascht”, sagt Iván San Félix, Analyst beim Madrider Broker Renta 4. “Es ist dann normal, dass viele Leute aussteigen und Geld rausholen, aber es gab in den letzten Wochen auch Nachrichten, die den Kurs gedrückt haben”, hat er beobachtet. Der Experte meint damit die Unsicherheiten im Regulierungsbereich. Spaniens Wettbewerbsaufsicht CNMC hat das neue Modell in Frage gestellt, nach dem Aena bilanziert. Wie andere Flughäfen, die zum Teil noch in öffentlicher Hand sind, führt der Konzern eine doppelte Buchhaltung (“Dual Till”), wonach der Bereich des reinen Flugverkehrs vom Bereich für die kommerziellen Aktivitäten, wie die Vermietung von Verkaufsflächen oder Parkplätzen, getrennt ist. Die regulierten Gebühren für die Airlines sollen die Kosten für den Bereich Flugbetrieb decken. Die attraktiveren Margen verbucht das Unternehmen in der anderen Sparte mit den Duty-Free-Läden und Autovermietungen. Die CNMC will, dass die Kostenaufteilung zwischen beiden Sparten anders kalkuliert wird, mit dem Ergebnis, dass die Gebühren für die Airlines gesenkt werden müssten.Auf Drängen der privaten Aktionäre, angeführt vom britischen Fund TCI, beschloss der Aufsichtsrat am Mittwoch, den Bericht der CNMC anzufechten. Der Staat, der über Enaire 51% der Anteile hält, hatte zuvor damit gezögert, gegen die Wettbewerbsaufsicht vorzugehen. Nach dem Willen von Aena sollen die Flughafengebühren in den nächsten Jahren eingefroren werden. Ein neuer regulatorischer Rahmen soll langfristig Klarheit schaffen. Aena hat in den vorigen Jahren einen beachtlichen Turnaround hingelegt. Das einst stark defizitäre Staatsunternehmen schrieb 2014 wie schon im Jahr zuvor wieder schwarze Zahlen. Der Umsatz stieg um 8 % auf 3,16 Mrd. Euro. Die Spanier verreisen wieder mehr. Hinzu kommt ein Rekord an ausländischen Touristen. Auch das neue Jahr lief gut an. Bis April wurden mit 54 Millionen Passagieren 5,3 % mehr abgefertigt als in den ersten vier Monaten 2014.Der operative Ertrag (Ebitda) stieg 2014 gegenüber dem Vorjahr um 20 % auf 1,86 Mrd. Euro, was einer Marge von 59,3 % entspricht. Der Reingewinn fiel aufgrund von Sonderposten um 20 % auf 480 Mill. Euro, da im Vorjahr Steuerguthaben eingelöst werden konnten und nun Rückstellungen für Enteignungen am Madrider Barajas-Airport anfielen. Das Geschäft im kommerziellen Bereich legte 2014 um 15 % zu und macht nun mehr als 25 % des Gesamtumsatzes aus, was allerdings weit hinter den Proportionen bei anderen privaten Mitbewerbern wie Heathrow liegt.Von den 46 Flughäfen und zwei Heliports in Spanien wiesen im letzten Jahr jedoch nur 14 einen Gewinn aus. Madrid und Barcelona machen den Löwenteil des Geschäfts aus, gefolgt von den reinen Feriendestinationen Palma de Mallorca, Teneriffa und Gran Canaria. Analysten und Aena selbst unterstreichen, dass nach den massiven Investitionen der letzten Jahre die großen Airports wie Madrid Barajas und Barcelona El Prat noch reichlich freie Kapazitäten haben. Experten sehen großes Wachstumspotenzial in Madrid, das neben London, Paris und Frankfurt zu einer weiteren europäischen Drehscheibe ausgebaut werden könnte. “Madrid ist ein leistungsstarker Hub zwischen Europa und Lateinamerika, eine seiner strategischen Stärken. Aber um einer der führenden Hubs in Europa zu werden, fehlt noch die Ausweitung nach Asien”, befand José Jaume, Aeronautikspezialist und ehemaliges Vorstandsmitglied von Aena, in einem Beitrag in der Zeitung “El País”. Zuwächse im AuslandDer Vorsitzende von Aena, José Manuel Vargas, glaubt ebenfalls, dass im Auslandsgeschäft noch Zuwächse erfolgen können, vor allem in Europa. Aena betreibt bereits den Luton Airport bei London, der als ausbaufähig gilt. “Europa und Amerika sind unsere natürlichen Märkte”, sagte Vargas auf einer Veranstaltung mit Journalisten. Der Aena-Vorsitzende sieht ebenfalls Potenzial im riesigen Immobilienbesitz des Unternehmens.Was Aena für viele Investoren interessant macht, ist die Fähigkeit, Cashflow zu generieren. “Aena ist ein gutes Geschäft, nicht gerade mit hohem Wachstumspotenzial, da 70 % der Einnahmen aus dem regulierten Bereich stammen”, kommentiert San Félix, “aber das Unternehmen hat einen hohen Cash-flow, der Flugverkehr in Spanien wächst und die Investitionen sind bereits getätigt.” Der Konzern will 50 % des Gewinns ausschütten.Angesichts der Ungewissheiten im regulatorischen Bereich und der kräftigen Aufwertung seit dem IPO sind die Experten abwartend. Von den zehn von Bloomberg geführten Analysten empfiehlt derzeit nur einer, Kepler Cheuvreux, den Kauf und sieht die Aktie bei 95 Euro. HSBC markiert den unteren Rand mit einem Kursziel von nur 70 Euro. In Madrid wird erwartet, dass Aena, mittlerweile mit einer Marktkapitalisierung von mehr als 13 Mrd. Euro, demnächst in den Leitindex Ibex 35 aufgenommen wird, was der Aktie etwas Schwung verleihen könnte.