Hongkong als Bindeglied chinesischer Finanzflüsse

Aufnahme von A-Shares in den MSCI-Schwellenländerindex dürfte Kapitalströme verändern

Hongkong als Bindeglied chinesischer Finanzflüsse

eh Hongkong – Die Börse Hongkong (HKEx) wird zu einem immer wichtigeren Bindeglied zwischen globalen Finanzflüssen und den Aktienmärkten Festlandchinas. Heute machen die chinesischen Unternehmen mehr als die Hälfte der gesamten Marktkapitalisierung der HKEx aus. Seit 2014 können die ansonsten durch strenge Kapitalkontrollen von den globalen Kapitalflüssen abgeschnittene Chinesen via eine gemeinsame Plattform der Börse Schanghai und der HKEx in Hongkong gehandelte Aktien erwerben. Die von Schanghai – und seit Ende 2016 auch Shenzhen – in südliche Richtung nach Hongkong gehenden Netto-Portfolioinvestitionen machten Ende des Vorjahres beinahe 100 Mrd. Dollar aus. Chinesische Investoren sind damit einer der dominantesten Faktoren im Preisfindungsmechanismus in Hongkong geworden. Bisher weniger genutzt wurde der von Hongkong in nördliche Richtung gehende Kanal. 2017 sind gerade einmal 20 Mrd. Dollar über den sogenannten Stock Connect vom HKEx an die Börsen Schanghai und Shenzhen geflossen. 2016 betrug der Nettozufluss lediglich 6 Mrd. Dollar. Das Volumen ist jüngst mit Hinblick auf die ab Juni beginnende schrittweise Einbeziehung von 233 an den chinesischen Festlandbörsen kotierten Titeln, sogenannten in Lokalwährung denominierte A-Shares, in den MSCI-Schwellenländerindex markant angeschwollen.Nach Schätzungen der US-Investmentbank Goldman Sachs dürften die Netto-Kapitalflüsse bereits Ende des kommenden Jahres 100 Mrd. Dollar erreichen. Die kombinierte Marktkapitalisierung der 233 Titel belief sich Ende 2017 auf 887 Mrd. Dollar. Viele institutionelle Investoren werden in den kommenden Monaten diese A-Shares automatisch in ihre Portfolios aufnehmen.Die Gewichtung innerhalb des Gesamtindexes wird dabei von vorerst gerade einmal 5 % schrittweise auf 100 % erhöht. Über einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren dürfte nach Annahmen von Goldman Sachs allein im Rahmen dieses Programmes ausländisches Kapital im Nettowert von 470 Mrd. Dollar an die chinesischen Festlandbörse fließen.Das setzt voraus, dass auch Chinas Wirtschaft stabil bleibt. Angesichts eines Verschuldungsgrades, der nahezu 300 % des chinesischen Bruttoinlandproduktes entspricht, oder der Machtkämpfe innerhalb der regierenden Kommunistischen Partei ist dies nicht per se gegeben. Andererseits hat sich die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt als sehr anpassungsfähig erwiesen. Der Finanzmarkt hinkt aber bis heute weit hinter der Realwirtschaft hinterher, insbesondere was den Grad seiner Internationalisierung anbelangt. Vorbilder Korea und TaiwanZwar kann bereits seit 2003 eine kleine Gruppe ausländischer institutioneller Anleger im Rahmen des QFI-Programms (QFI: Qualified Foreign Investor) in beschränktem Masse in Lokalwährung denominierte Finanzprodukte erwerben. An den bis heute von Kleinanlegern dominierten Festlandbörsen spielten sie bisher aber keine spürbare Rolle. Doch Beispiele wie Taiwan oder Südkorea, die vor einem Vierteljahrhundert in den MSCI-Index aufgenommen worden sind, legen nahe, dass sich das jetzt schnell ändern dürfte. 1992 hielten Ausländer nur einen Anteil von 2,5 % der im koreanischen Hauptindex KOSPI enthaltenen Aktien. Fünf Jahre nachdem MSCI grünes Licht für eine Aufnahme gegeben hat, waren es bereits 12 %. Die wachsende ausländische Präsenz war auch von einer Professionalisierung des Aktienresearch und einer verbessertes Corporate Governance begleitet.Bereits jetzt gibt es einen MSCI China Index, doch sind dort lediglich an ausländischen Börsen – vor allem in Hongkong und New York – gelistete Festlandunternehmen eingeschlossen sind. Ihre kombinierte Marktkapitalisierung macht im MSCI-Weltindex lediglich 3,5 % aus, und das, obwohl China 15 % der globalen Wirtschaftsleistung erbringt.