VOLATILITÄTS-CHECK -- GASTBEITRAG

Hongkong: Währung in Gefahr?

Börsen-Zeitung, 3.9.2019 Seit die 1935 eingeführte Währung der ehemaligen britischen Kronkolonie Hongkong im Jahr 1983 fest an den US-Dollar gekoppelt wurde, sind Schwankungen Fehlanzeige. Der Wechselkurs ruht. In den vergangenen 35 Jahren liegen...

Hongkong: Währung in Gefahr?

Seit die 1935 eingeführte Währung der ehemaligen britischen Kronkolonie Hongkong im Jahr 1983 fest an den US-Dollar gekoppelt wurde, sind Schwankungen Fehlanzeige. Der Wechselkurs ruht. In den vergangenen 35 Jahren liegen gerade einmal 2,2 % zwischen Höchst- und Tiefstwert. Auch die 2005 beschlossene Lockerung mit der Schwankungstoleranz um den Mittelwert von 7,8 HK-Dollar je US-Dollar änderte daran nichts. Seitdem oszilliert die Währung in einem 1,2 % engen Korridor zwischen 7,75 und 7,85. Die historische Volatilität des Wechselkurses liegt bei einem verschwindend geringen Wert von 0,6 % pro Jahr.Dennoch hat sich die implizite Volatilität für die kommenden zwölf Monate, also die erwartete zukünftige Schwankung des Währungspaares, jüngst von 1 % auf 2 % verdoppelt. Woran liegt das? Seit die Proteste gegen die chinesische Regierung zunehmen, ziehen immer mehr Investoren Kapital aus Hongkong ab. Die Aktienindizes sind bereits deutlich gefallen, der Hang Seng China Enterprise Index notiert aktuell rund 18 % unter seinem Jahreshoch beziehungsweise 30 % unter dem Vorjahreshoch. Gleichzeitig sind die Hibor-Zinssätze bereits deutlich angestiegen. Wetten gegen die HKMAEinige Hedgefonds gehen bereits Positionen gegen den HK-Dollar ein und wetten darauf, dass die Hong Kong Monetary Authority (HKMA), die Notenbank Hongkongs, die Koppelung an den US-Dollar früher oder später aufgeben muss. Mit der HKMA haben diese Spekulanten jedoch einen mächtigen Gegenspieler. Die gesamte Geldmenge Hongkongs ist durch Währungsreserven in US-Dollar gedeckt. Ende Juli beliefen sich die Währungsreserven der HKMA auf 448 Mrd. US-Dollar und erreichten damit einen neuen Rekordwert. Zum Vergleich: Die USA verfügen gerade mal über Währungsreserven in Höhe von 128 Milliarden US-Dollar. Den Rekord hält China mit Währungsreserven von 3,2 Billionen US-Dollar. Damit liegen die chinesischen Währungsreserven beim Siebenfachen des Werts von Hongkong, das Bruttoinlandsprodukt beim 37-fachen Wert und die Bevölkerungszahl sogar beim 189-fachen Wert.Die historische Zeitreihe zeigt, dass in einzelnen Jahren wie 1998 und 2018 kleine Teile der Währungsreserven temporär auf den Markt geworfen wurden. Den langfristigen Anstieg der Reserven konnte das jedoch nicht verhindern. Gegen die mächtige HKMA hatte 1998 bereits George Soros verloren, der während der Asienkrise auf eine Entkoppelung des HK-Dollars spekulierte. Während der Börsenkrise 2011 ereilte Bill Ackman das gleiche Schicksal.Unterstellen wir für einen Moment, die Spekulanten behalten recht: Der Kurs des HK-Dollars wird freigegeben und gibt deutlich nach. Was würde dann mit den Aktienkursen in Hongkong passieren? Betrachten wir exemplarisch die Aktie der Versicherungsgesellschaft Ping An Insurance, die das größte Gewicht zum Hang Seng China Enterprise Index beisteuert.Seit Anfang letzten Jahres haben sich die in Shenzhen gelisteten und in Renminbi gehandelten A-Shares um gut 13 % besser entwickelt als die in Hongkong gelisteten und in HK-Dollar gehandelten H-Shares. Ein Vergleich beider Aktientypen für den identischen Zeitraum in US-Dollar zeigt dagegen mit einer Differenz von nur 3 % so gut wie keinen Performanceunterschied. Die bessere lokale Entwicklung der A-Shares liegt also ausschließlich an der 10-Prozent-Abwertung des Renminbi zum US-Dollar. Ein internationaler Investor, egal ob aus den USA oder der Eurozone, hätte in seiner Heimatwährung mit beiden Aktien ein identisches Ergebnis erzielt. Das bedeutet im Umkehrschluss: Sollte der HK-Dollar abwerten, müssen die in Hongkong gehandelten H-Shares entsprechend im Kurs zulegen, um weiterhin die Performance ihrer A-Share-Pendants widerzuspiegeln. Wo Risiken sind, sind eben immer auch Chancen. Thomas Altmann, Leiter des Portfoliomanagements, QC Partners