TECHNISCHE ANALYSE

Im Dax fehlen die Käufer

Von Stefan Salomon *) Börsen-Zeitung, 5.7.2017 Im Dezember vergangenen Jahres wurde an der Börse zum Einstieg geklingelt. Nachdem schon in den vorherigen Monaten seit August 2016 Rücksetzer stets aufgefangen wurden und auch ein seit April 2015...

Im Dax fehlen die Käufer

Von Stefan Salomon *)Im Dezember vergangenen Jahres wurde an der Börse zum Einstieg geklingelt. Nachdem schon in den vorherigen Monaten seit August 2016 Rücksetzer stets aufgefangen wurden und auch ein seit April 2015 laufender Abwärtstrend verlassen werden konnte, bildete sich im Dezember 2016 eine lange weiße Monatskerze. Laut der japanischen Candlestick-Methodik ist eine lange weiße Kerze in allen Zeitebenen, ob Monats-, Wochen- oder Tageskerzen, ein positiver Faktor, welcher zudem an Aussagekraft gewinnt, sofern auch eine vorherige Phase der Unsicherheit verlassen werden kann.Der Markt hatte sich nach der Pendelbewegung zum Ende 2016 für ein positives Szenario entschieden und folgerichtig kam es auch in den weiteren Monaten zu steigenden Kursen. Auch wenn die Dynamik in den Monaten von Januar bis Mai 2017 nicht mehr annähernd an die starke Ausbruchsbewegung vom Dezember 2016 heranreichte, so bildeten sich doch in Folge nochmals fünf kleinere weiße Monatskerzen. So wurde auch eine Überhitzung, eine Euphorie-Situation im Kursverlauf vermieden.Weiterhin konnte und kann derzeit positiv interpretiert werden, dass ein sehr langfristiger Aufwärtstrend, der seit 2009 besteht und im Februar sowie Juni/Juli 2016 bestätigt wurde, intakt ist und sich der Dax in den vergangenen Monaten von dieser Aufwärtstrendlinie deutlich nach oben abgelöst hat. Im Best-Case-Szenario würde so die obere Begrenzung des langfristigen Aufwärtstrendkanals in den kommenden zwei bis drei Jahren ein Kursziel darstellen. Phase der UnsicherheitIm Juni 2017 hat sich nun jedoch erstmals seit Dezember 2016 eine schwarze Monatskerze gebildet. Die bislang deutlich positive Grundstimmung im Markt, die die Monatskerzen als übergeordnete Zeitebene sehr gut darstellen können, hat einen Dämpfer erlitten. In Verbindung auch mit den recht kleinen Monatskerzen im April und Mai 2017 darf das zweite Quartal 2017 als Phase der Unsicherheit interpretiert werden, als Pattsituation zwischen Bullen und Bären.Die Lunte vom April stützt den Markt hierbei, die Dochte vom Mai und Juni hingegen weisen auf Widerstand hin. Grundsätzlich steht die Börsenampel zwar noch auf grün – eine kleine schwarze Monatskerze ist weder ein Verkaufssignal noch eine kräftige Stimmungseintrübung – doch die Phase der Unsicherheit mahnt nun zur Vorsicht. Denn Unsicherheit als vorherrschende Stimmung über drei Monate kann, muss aber nicht ein Vorläufer für eine übergeordnete Trendwende darstellen. Die Betonung liegt also auf “kann”. Erst ein Fall unter die Luntenspitze der April-Kerze per Wochen- oder Monatsschluss bei 11 941 Punkten würde einen Stimmungsumschwung im übergeordneten Bild durchsetzen.In diesem negativen Szenario wäre sodann die Kursbandbreite des zweiten Quartals von 12 951 bis 11 941 Punkten, mithin 1 010 Punkten als Abwärtspotenzial anzunehmen. Ein derartiges Szenario würde daher auch einen nochmaligen Test der seit 2009 bestehenden Aufwärtstrendlinie offerieren. Dies wäre jedoch wiederum negativ, da ein dann fünfter Test der langfristigen Aufwärtstrendlinie in zeitlich nahem Abstand zu den Tests in 2016 erfolgen würde. Zumindest aus langfristiger Perspektive wäre ein solcher Test zeitlich nicht allzu weit auseinanderliegend und signalisierte eine Schwäche der Bullen, eine Schwäche der Aufwärtsbewegung mit dem Risiko eines Bruchs des Aufwärtstrends. Vollends negativ wäre im weiteren negativen Szenario ein Fall unter das Tief der langen weißen Monatskerze vom Dezember 2016 bei 10 402 Punkten. Positives SzenarioIm Umkehrschluss ergibt sich als positives Szenario, dass ein Ausbruch aus der derzeitigen Phase der Unsicherheit nach oben auch Aufwärtspotenzial von rund 1 000 Punkten ableiten ließe mit einem Kursziel von knapp 14 000 Punkten. Die Monatskerzen als übergeordnete Zeitebene zur Erfassung der Grundstimmung im Markt können somit aktuell zwar Szenarien darstellen, doch eine klare Richtungsprognose darf hieraus nicht abgeleitet werden. Wie oben schon dargestellt, ist das grundsätzliche Chartbild noch positiv, erst ein Fall unter das April-Tief würde eine Trendwende annehmen lassen. Für das mittel- bis kurzfristige Timing eignen sich eher Wochen- und Tageskerzen. Diese mahnen etwas stärker als die Monatskerzen zur Vorsicht.Die kräftigen Kursverluste im Dax in der vergangenen Woche mit einer langen schwarzen Wochenkerze stellen einen mittel- bis kurzfristigen Stimmungsumschwung dar. So wäre ein Test des seit Juli 2016 laufenden Aufwärtstrends, der gegenwärtig bei ca. 12 100 Punkten verläuft, in den kommenden Handelstagen einzuplanen. Unter diesem Niveau, unter ca. 12 080 Punkten und 11 941 Punkten würde es kritisch werden.Erst ein deutlicher Anstieg über die Mitte der jüngsten Wochenkerze – die Mitte einer langen schwarzen Kerze stellt laut Candlesticks eine kräftige Widerstandszone dar – und somit über ca. 12 550 Punkten per Wochenschlusskurs sowie folgend auch über das Hoch dieser Kerze bei 12 841 Punkten würde die jüngsten Abgaben als Marktbereinigung klassifizieren, als Vorbereitung des Marktes, den Widerstand im Bereich 13 000 Punkten zu knacken, um in Richtung 14 000 Punkte zu laufen.—-*) Stefan Salomon ist Chartanalyst bei wallstreet-online.de.