Im Gespräch:Ercan Demircan, Bantleon

Impulse für hybride Unternehmensbonds

Hybride Unternehmensanleihen erfahren durch eine höhere Eigenkapitalanrechnung einen neuen Impuls. Das sollte mehr Emissionen an den Markt bringen.

Impulse für hybride Unternehmensbonds

Die im Februar dieses Jahres angepasste Ratingmethodologie von Moody’s sollte zu einem Wachstumsschub am Primärmarkt für Nachranganleihen von Industrieunternehmen (Corporate Hybrids) führen – insbesondere getrieben durch US-Unternehmen. Diese Prognose gibt Ercan Demircan ab, Senior Portfoliomanager für Unternehmensanleihen beim Assetmanager Bantleon.

Bislang hätten seit der Standardisierung im Jahr 2012 die europäischen Standards bei den Anleihebedingungen von Corporate Hybrids den größten Erfolg bei Investoren und Emittenten erzielt. Demgegenüber hätten sich US-Corporate-Hybrid-Emissionen aufgrund der komplexeren Strukturen und höheren Fragmentierung global noch nicht so gut etablieren können. „Die Annäherung der US-Strukturen bei Corporate-Hybrid-Emissionen an die europäischen Strukturen sollte in den nächsten Jahren auch das Volumen des globalen Corporate-Hybrid-Marktes weiter wachsen lassen“, sagt Demircan im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.

Anreiz fällt weg

Während in Europa der Kupon eines Corporate Hybrids steuerlich absetzbar sei, würden die US-Steuerbehörden den Steuerabzug des Kupons eines Corporate Hybrids mit fester Endlaufzeit nur dann zulassen, wenn ein Emittent bei Nichtzahlung des Zinses insolvent werden würde. Daher sei der Kuponaufschub – etwa bei einem Liquiditätsengpass des betreffenden Unternehmens - bei US-Emissionen in der Regel nur für zehn Jahre möglich – danach werde ein Insolvenzereignis ausgelöst. „Dieser Aspekt führte in der Vergangenheit dazu, dass die Ratingagentur Moody’s den Emittenten für die Emission eines Corporate Hybrids eine nur 25%ige Eigenkapitalanrechnung zuteilte, was einen starken Fremdkapitalbezug impliziert. Folglich hatten US-Unternehmen aus Sicht ihrer Kapitalstruktur bislang große Anreize, Vorzugsaktien - also Preferred Shares - trotz des fehlenden Steuerabzugs der zu zahlenden Dividende - anstelle von Corporate Hybrids zu emittieren, weil Moody’s die Preferred Shares aufgrund ihrer eigenkapitalähnlicheren Struktur mit einer Eigenkapitalanrechnung von 50% ausstattet“, sagt Demircan.

Mit der jüngsten Änderung der Ratingmethodologie sehe Moody’s auch bei US Corporate Hybrids eine Eigenkapitalanrechnung in Höhe von 50% vor. „Dies erhöht die Attraktivität von Corporate Hybrids innerhalb der Kapitalstruktur von US-Unternehmen erheblich, solange die Schlüsselkriterien zum optionalen Kuponaufschub sowie die Laufzeit von mindestens 30 Jahren eingehalten werden“, so der Experte. Deshalb sollte seiner Ansicht nach die Kombination aus höherer Eigenkapitalanrechnung und dem Steuervorteil gegenüber Vorzugsaktien bei US-Unternehmen in den nächsten Jahren zu einer vermehrten Emission von Corporate Hybrids mit festen Laufzeiten führen. „Damit werden viele Unternehmen ihre Kapitalstruktur auf Ebene der Vorzugsaktien entweder ergänzen oder sogar vollständig ersetzen“, sagt Demircan.

So habe im Mai dieses Jahres der US-Versorger Dominion Energy einen in Dollar denominierten Corporate Hybrid gemäß der neuen Methodologie von Moody’s mit 30,75 Jahren Laufzeit, einem erstem Kündigungstermin nach 5,5 Jahren und einer Rendite von 6,875% auf den Markt gebracht, um auch einen Teil seiner Vorzugsaktien zurückzukaufen. Die preisliche Bewertung eines Corporate Hybrid erfolgt meistens zum ersten möglichen Kündigungstermin, weil die vorteilhafte Eigenkapitalanrechnung von in der Regel 50% zum Beispiel bei der Ratingagentur Standard & Poors etwa bei Nichteinhaltung des Call & Replace Prinzips - Corporate Hybrid zum ersten Termin kündigen und refinanzieren - verloren geht, der Kupon meistens steigt und sich die Kreditkennzahlen bei der Ratingagentur verschlechtern.

Geringere Komplexität

Die sich abzeichnende Annäherung des US-Marktes an die europäischen Standards wird laut Demircan wahrscheinlich zu einer Zweiteilung der Strukturen bei Corporate Hybrids führen: auf der einen Seite die eher langfristig datierten Corporate-Hybrid-Emissionen mit dem üblichen Step-Up des Kupon von kumulativ 100 Basispunkten, welcher einer üblichen europäischen Corporate-Hybrid-Struktur entspricht - mit dem Verlust der in der Regel 50%igen Eigenkapitalanrechnung zum ersten Kündigungstermin. „Auf der anderen Seite gewinnt die mindestens 30-jährige Struktur ohne Step-Up des Kupons an Popularität, welche im Markt wie eine europäische Corporate-Hybrid-Struktur mit zehn Jahren bis zum ersten Kündigungstermin zu behandeln ist“, sagt er. Die europäischen Strukturen, welche in der Regel einen kumulativen 100 BP Step-Up Kupon haben, sollten mittelfristig aufgrund ihrer defensiveren Struktur mit einem geringeren Nicht-Kündigungsrisiko gehandelt werden und entsprechend mit einer Prämie gegenüber den neuen Strukturen ohne Step-Up-Kupon. „Wir sehen diese Entwicklung positiv, da sie das Wachstum der Anlageklasse fördern, die Komplexität auf globaler Ebene reduzieren wird und künftig neue interessante Chancen aus dem Corporate-Hybrid-Segment auf den Markt kommen werden“, führt Demircan aus.

Trotz des rückläufigen ausstehenden Volumens im europäischen Markt für Corporate Hybrids seit 2021 und der Unsicherheiten aufgrund stark gestiegener Zinsen habe sich der Primärmarkt zuletzt sehr gut erholt. Dabei hätten auch neue Emittenten wie die Versorger A2A aus Italien und Red Electrica (Spanien) sowie die Energieunternehmen APA Infrastructure (Australien) und Var Energi (Norwegen) den Markt für Corporate Hybrids für sich entdeckt. Die in der Regel 50%ige Eigenkapitalanrechnung der europäischen Emissionen verbessere die Kapitalstruktur der Unternehmen, indem sie das Rating bei den Agenturen optimiere und stabilisiere.

IM GESPRÄCH: ERCAN DEMIRCAN

Impulse für hybride Unternehmensbonds

Bantleon-Fondsmanager erwartet stärkere Emissionstätigkeit – Höhere Eigenkapitalanrechnung als Impuls

Hybride Unternehmensanleihen sollten in Zukunft emissionsseitig einen Schub erfahren. Die Ratingagentur Moody's gesteht bei diesen Papieren eine höhere Eigenkapitalanrechnung zu, und zwar 50%. Das gilt für die US-Adressen in diesem Segment.

Von Kai Johannsen, Frankfurt
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