Infrastruktur-Investments

Infrastruktur im Covid-Stresstest

Gut ein Jahr ist es jetzt her, dass die Covid-19-Pandemie weite Teile der Weltwirtschaft in eine Art künstliches Koma versetzte. Auch in der zweiten und aktuell dritten Welle sind die Einschränkungen stark spürbar – von Normalität kann vielerorts...

Infrastruktur im Covid-Stresstest

Gut ein Jahr ist es jetzt her, dass die Covid-19-Pandemie weite Teile der Weltwirtschaft in eine Art künstliches Koma versetzte. Auch in der zweiten und aktuell dritten Welle sind die Einschränkungen stark spürbar – von Normalität kann vielerorts weiterhin keine Rede sein. Unabhängig davon, wie schnell sich die Lage verbessert, dürften die Auswirkungen noch Jahre zu spüren sein. Viele institutionelle Anleger fragen sich – und uns – in diesem Zusammenhang, ob und wie sich Covid-19 auf die langfristige Anlageklasse Infrastruktur ausgewirkt hat. Hat sie sich als widerstandsfähig erwiesen? Und inwieweit waren Kurskorrekturen bei Portfoliounternehmen notwendig? Um diese Fragen zu beantworten, muss zwischen den verschiedenen Infrastrukturklassen und -sektoren unterschieden werden.

Die Pandemie hat erhebliche Unterschiede hinsichtlich der Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit verschiedener Assets offenbart. So haben Teile der Mobilitätsinfrastruktur gelitten. Die Benutzung von Flughäfen und öffentlichen Verkehrsmitteln etwa liegt noch heute deutlich unter der Frequenz, die zuvor zu beobachten war. Kritische Infrastrukturen wie Versorgungswerke hingegen erwiesen sich als sehr widerstandsfähig. Covid-19 war hier der ultimative Stresstest sowohl für die Geschäftskontinuitätsprozesse und Sicherheitsprotokolle dieser Einrichtungen als auch für diejenigen ihrer Kapitalgeber. Dieser Test wurde aus Sicht von Allianz Capital Partners bestanden. Unser Portfolio reicht von Gas-, Wasser- und Stromnetzen über Transport und Straßenverkehr (Mautstraßen, Autobahnraststätten, Parkplätze) bis hin zu Glasfasernetzen. Fast alle dieser Infrastrukturinvestitionen umfassen dabei wesentliche Leistungen der Daseinsvorsorge und korrelieren nicht direkt mit kurzfristigen Finanzmarktentwicklungen. Ferner haben ein aktives Assetmanagement und die breite Diversifizierung über verschiedene Regionen und Sektoren zur Stabilität des Portfolios beigetragen. Doch trotz dieses insgesamt positiven Fazits liefern die letzten zwölf Monate auch Erkenntnisse darüber, worauf Asset Owner zusammen mit ihren Portfoliounternehmen bei der Strukturierung und Steuerung von Prozessen künftig ein stärkeres Augenmerk legen müssen.

ESG von zentraler Bedeutung

Erstens: Zentrale Bedeutung von ESG. Infolge der Covid-Krise stehen das S (für Soziales) und das G (für Governance, gute Unternehmensführung) sowie die Frage nach dem Unternehmenszweck – neudeutsch Purpose – mehr denn je im Vordergrund. Als Lackmus-Test für verantwortungsbewusste Unternehmen war die Krise der entscheidende Moment unter Beweis zu stellen, dass Reden und Handeln kongruent sind. Für Allianz Capital Partners als aktiver Investor bedeutete dies, im engen Schulterschluss mit den Portfoliounternehmen nicht nur dafür zu sorgen, dass die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestmöglich und geschützt weiterarbeiten können, sondern auch die Assets. Darüber hinaus haben sich Portfoliounternehmen auch lokal engagiert. So nutzten etwa Ingenieure eines Gasnetzes Kundenbesuche dazu, um während des Lockdowns Einkäufe für ältere Menschen in der Gegend zu erledigen, um nur ein Beispiel zu nennen

Zweitens: Fokus auf Unternehmensführung im Ausnahmefall. Die Pandemie stellte neben der Robustheit von Infrastrukturanlagen und Governance-Modellen auch das Business-Continuity-Management auf die Probe. Die gute Nachricht ist, dass viele Maßnahmen, die zuvor unmöglich schienen, nun in Rekordzeit realisiert werden konnten. Aus jeder Krise lernt man für die Zukunft. Die Pandemie hat unterstrichen, wie wichtig es ist vorausschauend zu agieren und sich auch auf „undenkbare“ Szenarien einzustellen. Die gewonnenen Erkenntnisse werden so zweifelsohne dazu beitragen, Portfoliounternehmen zusammen mit ihren Asset-Ownern noch besser auf unerwartete Situationen vorzubereiten. Die nächste Krise kommt bestimmt.

Und drittens: Betonung digitaler und lokaler Lieferketten. Auch wenn sich viele Unternehmen sehr rasch auf die neue Homeoffice-Situation einstellen konnten, hat die Krise doch Schwächen offenbart. Voraussetzung für das flexible Arbeiten von zu Hause aus ist eine schnelle Internetverbindung, die in vielen ländlichen Gegenden leider immer noch unzureichend vorhanden ist. Besonders Deutschland hinkt hier vielen anderen OECD-Ländern hinterher: 2019 verfügten nur 4% aller deutschen Haushalte über einen Breitbandanschluss. Diese riesige digitale Kluft gilt es zu schließen, zumal auch über die Pandemie hinaus künftig viele Menschen flexibel im Homeoffice arbeiten wollen werden. Hinzu kommt, dass die Pandemie die Grenzen einer Just-in-Time-Produktion mit globalen Lieferketten vor Augen geführt hat. Digitale und lokale Lieferketten haben daher an Bedeutung gewonnen und werden weiter gewinnen. Hohe Investitionen in die digitale Infrastruktur sind somit unabdingbar. Private Investoren können und wollen hierzu beitragen. So investiert Allianz Capital Partners bereits seit einigen Jahren in den Ausbau digitaler Infrastruktur. Erst kürzlich wurde ein Joint Venture mit Telefónica bekannt gegeben, das den Glasfaserausbau in bisher unterversorgten Regionen Deutschlands weiter vorantreibt.

Infrastruktur ist und bleibt somit eine zentrale Voraussetzung für unser aller Leben. Darüber hinaus spielt sie als Motor für eine nachhaltige Zukunft eine wichtige Rolle bei der Erholung nach der Pandemie. Klar ist, dass diese noch nicht vorbei ist. Und es wird kein komplettes Zurück zur alten Normalität geben. Infrastruktur-Investoren müssen daher antizipieren, was für unser zukünftiges Leben wesentlich ist. Die immensen staatlichen Konjunkturpakete weltweit sollen die wirtschaftliche Erholung unterstützen und neue Investitionsstrukturen fördern.

Auch angesichts des „Green Deal“ kommen dabei gerade in Europa Ausgaben für eine nachhaltige Infrastruktur eine bedeutende Rolle zu. Stichworte sind Dekarbonisierung, digitale Konnektivität und Erhöhung der Versorgungssicherheit. Zu deren Finanzierung ist die Mobilisierung privaten Kapitals unabdingbar. Verantwortungsbewusste Investoren, die für die Bevölkerung Versicherungs- und Altersvorsorgegelder langfristig anlegen, können daher einen wesentlichen Beitrag für eine Gesellschaft im Wandel und für ihre Kunden leisten.